Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 6. Hamburg, 1740.

Bild:
<< vorherige Seite
Schuldigkeit der Menschen Gott zu dienen.
Schuldigkeit
der Menschen Gott zu dienen.
Es ist mir oftermal der Zweifel aufgestiegen,
Ob auch die Menschheit wohl, der Gottheit zum Vergnügen,
Jhm Lob und Ruhm und Preis und Ehre
Zu geben, fähig wäre,
Da wir so niedrig und so klein,
Jm Gegensatz von seiner Größe, seyn?
Könnt eine Mücke wohl, gedacht ich, durch ihr Singen,
Uns Ruhm und Preis und Ehre bringen?
Noch minder wird, durch uns, der Gottheit Ruhm erhöht.
Zumal, da unser Dienst im Bethen meist besteht,
Jm Bethen, worin wir, wenn wirs recht überlegen,
Weit mehr, als unserm Gott, uns selbst zu dienen pflegen.
Allein es fiel mir auch hingegen ein,
Was wir, durch den Verstand, für Gaben,
Für andere Geschöpf, empfangen haben,
Ja daß, selbst durchs Gebeth, ob es gleich nicht so scheint,
Man Gott mehr dienet, als man meynt.
Jch muß es, dir und mir zur Lehr und Trost, erzählen:
Wir opfern im Gebeth, nicht nur von unsern Seelen,
Der Gottheit einen Theil; wir zeigen noch dabey,
Daß wir begreif- und überzeuglich wissen,
Wie Gott so groß, und uns zu helfen mächtig sey,
Daß wir, allein durch ihn, geholfen werden müssen.
Glaub, Hoffnung, Demuth, Lieb und eine Zuversicht,
Er werde, wie er kann, auch uns zum Besten, wollen,
Steckt alles im Gebeth. So laßt nach unsrer Pflicht,
Uns Gott, was ihm gebührt, im brünstgem Bethen, zollen.
Ja
Schuldigkeit der Menſchen Gott zu dienen.
Schuldigkeit
der Menſchen Gott zu dienen.
Es iſt mir oftermal der Zweifel aufgeſtiegen,
Ob auch die Menſchheit wohl, der Gottheit zum Vergnuͤgen,
Jhm Lob und Ruhm und Preis und Ehre
Zu geben, faͤhig waͤre,
Da wir ſo niedrig und ſo klein,
Jm Gegenſatz von ſeiner Groͤße, ſeyn?
Koͤnnt eine Muͤcke wohl, gedacht ich, durch ihr Singen,
Uns Ruhm und Preis und Ehre bringen?
Noch minder wird, durch uns, der Gottheit Ruhm erhoͤht.
Zumal, da unſer Dienſt im Bethen meiſt beſteht,
Jm Bethen, worin wir, wenn wirs recht uͤberlegen,
Weit mehr, als unſerm Gott, uns ſelbſt zu dienen pflegen.
Allein es fiel mir auch hingegen ein,
Was wir, durch den Verſtand, fuͤr Gaben,
Fuͤr andere Geſchoͤpf, empfangen haben,
Ja daß, ſelbſt durchs Gebeth, ob es gleich nicht ſo ſcheint,
Man Gott mehr dienet, als man meynt.
Jch muß es, dir und mir zur Lehr und Troſt, erzaͤhlen:
Wir opfern im Gebeth, nicht nur von unſern Seelen,
Der Gottheit einen Theil; wir zeigen noch dabey,
Daß wir begreif- und uͤberzeuglich wiſſen,
Wie Gott ſo groß, und uns zu helfen maͤchtig ſey,
Daß wir, allein durch ihn, geholfen werden muͤſſen.
Glaub, Hoffnung, Demuth, Lieb und eine Zuverſicht,
Er werde, wie er kann, auch uns zum Beſten, wollen,
Steckt alles im Gebeth. So laßt nach unſrer Pflicht,
Uns Gott, was ihm gebuͤhrt, im bruͤnſtgem Bethen, zollen.
Ja
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0412" n="388"/>
        <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Schuldigkeit der Men&#x017F;chen Gott zu dienen.</hi> </fw><lb/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Schuldigkeit<lb/>
der Men&#x017F;chen Gott zu dienen.</hi> </head><lb/>
          <lg type="poem">
            <l><hi rendition="#in">E</hi>s i&#x017F;t mir oftermal der Zweifel aufge&#x017F;tiegen,</l><lb/>
            <l>Ob auch die Men&#x017F;chheit wohl, der Gottheit zum Vergnu&#x0364;gen,</l><lb/>
            <l>Jhm Lob und Ruhm und Preis und Ehre</l><lb/>
            <l>Zu geben, fa&#x0364;hig wa&#x0364;re,</l><lb/>
            <l>Da wir &#x017F;o niedrig und &#x017F;o klein,</l><lb/>
            <l>Jm Gegen&#x017F;atz von &#x017F;einer Gro&#x0364;ße, &#x017F;eyn?</l><lb/>
            <l>Ko&#x0364;nnt eine Mu&#x0364;cke wohl, gedacht ich, durch ihr Singen,</l><lb/>
            <l>Uns Ruhm und Preis und Ehre bringen?</l><lb/>
            <l>Noch minder wird, durch uns, der Gottheit Ruhm erho&#x0364;ht.</l><lb/>
            <l>Zumal, da un&#x017F;er Dien&#x017F;t im Bethen mei&#x017F;t be&#x017F;teht,</l><lb/>
            <l>Jm Bethen, worin wir, wenn wirs recht u&#x0364;berlegen,</l><lb/>
            <l>Weit mehr, als un&#x017F;erm Gott, uns &#x017F;elb&#x017F;t zu dienen pflegen.</l><lb/>
            <l>Allein es fiel mir auch hingegen ein,</l><lb/>
            <l>Was wir, durch den Ver&#x017F;tand, fu&#x0364;r Gaben,</l><lb/>
            <l>Fu&#x0364;r andere Ge&#x017F;cho&#x0364;pf, empfangen haben,</l><lb/>
            <l>Ja daß, &#x017F;elb&#x017F;t durchs Gebeth, ob es gleich nicht &#x017F;o &#x017F;cheint,</l><lb/>
            <l>Man Gott mehr dienet, als man meynt.</l><lb/>
            <l>Jch muß es, dir und mir zur Lehr und Tro&#x017F;t, erza&#x0364;hlen:</l><lb/>
            <l>Wir opfern im Gebeth, nicht nur von un&#x017F;ern Seelen,</l><lb/>
            <l>Der Gottheit einen Theil; wir zeigen noch dabey,</l><lb/>
            <l>Daß wir begreif- und u&#x0364;berzeuglich wi&#x017F;&#x017F;en,</l><lb/>
            <l>Wie Gott &#x017F;o groß, und uns zu helfen ma&#x0364;chtig &#x017F;ey,</l><lb/>
            <l>Daß wir, allein durch ihn, geholfen werden mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en.</l><lb/>
            <l>Glaub, Hoffnung, Demuth, Lieb und eine Zuver&#x017F;icht,</l><lb/>
            <l>Er werde, wie er kann, auch uns zum Be&#x017F;ten, wollen,</l><lb/>
            <l>Steckt alles im Gebeth. So laßt nach un&#x017F;rer Pflicht,</l><lb/>
            <l>Uns Gott, was ihm gebu&#x0364;hrt, im bru&#x0364;n&#x017F;tgem Bethen, zollen.</l><lb/>
            <fw place="bottom" type="catch">Ja</fw><lb/>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[388/0412] Schuldigkeit der Menſchen Gott zu dienen. Schuldigkeit der Menſchen Gott zu dienen. Es iſt mir oftermal der Zweifel aufgeſtiegen, Ob auch die Menſchheit wohl, der Gottheit zum Vergnuͤgen, Jhm Lob und Ruhm und Preis und Ehre Zu geben, faͤhig waͤre, Da wir ſo niedrig und ſo klein, Jm Gegenſatz von ſeiner Groͤße, ſeyn? Koͤnnt eine Muͤcke wohl, gedacht ich, durch ihr Singen, Uns Ruhm und Preis und Ehre bringen? Noch minder wird, durch uns, der Gottheit Ruhm erhoͤht. Zumal, da unſer Dienſt im Bethen meiſt beſteht, Jm Bethen, worin wir, wenn wirs recht uͤberlegen, Weit mehr, als unſerm Gott, uns ſelbſt zu dienen pflegen. Allein es fiel mir auch hingegen ein, Was wir, durch den Verſtand, fuͤr Gaben, Fuͤr andere Geſchoͤpf, empfangen haben, Ja daß, ſelbſt durchs Gebeth, ob es gleich nicht ſo ſcheint, Man Gott mehr dienet, als man meynt. Jch muß es, dir und mir zur Lehr und Troſt, erzaͤhlen: Wir opfern im Gebeth, nicht nur von unſern Seelen, Der Gottheit einen Theil; wir zeigen noch dabey, Daß wir begreif- und uͤberzeuglich wiſſen, Wie Gott ſo groß, und uns zu helfen maͤchtig ſey, Daß wir, allein durch ihn, geholfen werden muͤſſen. Glaub, Hoffnung, Demuth, Lieb und eine Zuverſicht, Er werde, wie er kann, auch uns zum Beſten, wollen, Steckt alles im Gebeth. So laßt nach unſrer Pflicht, Uns Gott, was ihm gebuͤhrt, im bruͤnſtgem Bethen, zollen. Ja

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen06_1740
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen06_1740/412
Zitationshilfe: Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 6. Hamburg, 1740, S. 388. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen06_1740/412>, abgerufen am 21.12.2024.