Wenn ich des Schöpfers Huld erwege, Wie viel er Gutes zu mir lenkt, Und alles, was er mir geschenkt, Bedachtsam bey mir überlege: So scheints, ich müßte mich fast schämen, So gar viel Gutes hinzunehmen, Da ich von dem, was mir beschehrt, Des allerwenigsten kaum werth. Allein, Es fällt mir dabey ein: Mein Geist, was willt du dich erkühnen? Willt du denn Gott was abverdienen? Soll etwan, was er schenkt, ein Lohn, von deinen guten Wer- ken, seyn? Bey dieser Meynung ist dein schwärmender Verstand Mit einem Jrrthum stark beladen. Es wird die Gottheit, bloß aus Gnaden, Der Geber aus der Gab erkannt. Ach laß mich denn, mit Lust und Freuden, Den Geist an deinen Gaben weiden; Denn auch das Wollen steht nicht einst in meiner Macht; Und laß, wenn sich darauf so Geist als Sinnen lenken, Mich oft und stets an dich gedenken!
Un-
Alles von Gott.
Alles von Gott.
Wenn ich des Schoͤpfers Huld erwege, Wie viel er Gutes zu mir lenkt, Und alles, was er mir geſchenkt, Bedachtſam bey mir uͤberlege: So ſcheints, ich muͤßte mich faſt ſchaͤmen, So gar viel Gutes hinzunehmen, Da ich von dem, was mir beſchehrt, Des allerwenigſten kaum werth. Allein, Es faͤllt mir dabey ein: Mein Geiſt, was willt du dich erkuͤhnen? Willt du denn Gott was abverdienen? Soll etwan, was er ſchenkt, ein Lohn, von deinen guten Wer- ken, ſeyn? Bey dieſer Meynung iſt dein ſchwaͤrmender Verſtand Mit einem Jrrthum ſtark beladen. Es wird die Gottheit, bloß aus Gnaden, Der Geber aus der Gab erkannt. Ach laß mich denn, mit Luſt und Freuden, Den Geiſt an deinen Gaben weiden; Denn auch das Wollen ſteht nicht einſt in meiner Macht; Und laß, wenn ſich darauf ſo Geiſt als Sinnen lenken, Mich oft und ſtets an dich gedenken!
Un-
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Alles von Gott.
Alles von Gott.
Wenn ich des Schoͤpfers Huld erwege,
Wie viel er Gutes zu mir lenkt,
Und alles, was er mir geſchenkt,
Bedachtſam bey mir uͤberlege:
So ſcheints, ich muͤßte mich faſt ſchaͤmen,
So gar viel Gutes hinzunehmen,
Da ich von dem, was mir beſchehrt,
Des allerwenigſten kaum werth.
Allein,
Es faͤllt mir dabey ein:
Mein Geiſt, was willt du dich erkuͤhnen?
Willt du denn Gott was abverdienen?
Soll etwan, was er ſchenkt, ein Lohn, von deinen guten Wer-
ken, ſeyn?
Bey dieſer Meynung iſt dein ſchwaͤrmender Verſtand
Mit einem Jrrthum ſtark beladen.
Es wird die Gottheit, bloß aus Gnaden,
Der Geber aus der Gab erkannt.
Ach laß mich denn, mit Luſt und Freuden,
Den Geiſt an deinen Gaben weiden;
Denn auch das Wollen ſteht nicht einſt in meiner Macht;
Und laß, wenn ſich darauf ſo Geiſt als Sinnen lenken,
Mich oft und ſtets an dich gedenken!
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Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 6. Hamburg, 1740, S. 383. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen06_1740/407>, abgerufen am 21.12.2024.
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