Ein Wesen, das zu seinem Wesen und seinem Ursprung nichts gethan, Dem alles, was es hat, geschenkt, ja dem es wirklich nur ge- liehen, Dem alles, keiner weis, wie bald, gewiß sich wieder wird ent- ziehen, Erhebet sich in seinem Sinn, und sieht sich, als was Hohes, an; Will bald mit Schönheit, bald mit Gütern, und bald mit an- dern Gaben prangen, Die es doch selber Gaben nennt. Heißt dieses wohl mit Recht Verstand? Ach würde doch die große Wahrheit von dieser heilgen Frag erkannt: Was rühmest du dich des Empfangnen, als hät- test du es nicht empfangen? So würde zu des Schöpfers Ehr, und unserm Besten, auf der Erden, Bald aller Hochmuth lächerlich, die Demuth nur geehret werden.
O Gott! bey allen deinen Gaben, die du uns würdigst, uns zu schenken, Verleih uns diese doch dazu, daß wir bey jeglicher gedenken: Daß wir sie haben und geniessen, doch auch absonderlich dabey, Daß sie von deiner Huld allein aus Gnaden uns geschenket sey.
Der
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Thorheit des Hochmuths.
Thorheit des Hochmuths.
Ein Weſen, das zu ſeinem Weſen und ſeinem Urſprung nichts gethan, Dem alles, was es hat, geſchenkt, ja dem es wirklich nur ge- liehen, Dem alles, keiner weis, wie bald, gewiß ſich wieder wird ent- ziehen, Erhebet ſich in ſeinem Sinn, und ſieht ſich, als was Hohes, an; Will bald mit Schoͤnheit, bald mit Guͤtern, und bald mit an- dern Gaben prangen, Die es doch ſelber Gaben nennt. Heißt dieſes wohl mit Recht Verſtand? Ach wuͤrde doch die große Wahrheit von dieſer heilgen Frag erkannt: Was ruͤhmeſt du dich des Empfangnen, als haͤt- teſt du es nicht empfangen? So wuͤrde zu des Schoͤpfers Ehr, und unſerm Beſten, auf der Erden, Bald aller Hochmuth laͤcherlich, die Demuth nur geehret werden.
O Gott! bey allen deinen Gaben, die du uns wuͤrdigſt, uns zu ſchenken, Verleih uns dieſe doch dazu, daß wir bey jeglicher gedenken: Daß wir ſie haben und genieſſen, doch auch abſonderlich dabey, Daß ſie von deiner Huld allein aus Gnaden uns geſchenket ſey.
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Thorheit des Hochmuths.
Thorheit des Hochmuths.
Ein Weſen, das zu ſeinem Weſen und ſeinem Urſprung
nichts gethan,
Dem alles, was es hat, geſchenkt, ja dem es wirklich nur ge-
liehen,
Dem alles, keiner weis, wie bald, gewiß ſich wieder wird ent-
ziehen,
Erhebet ſich in ſeinem Sinn, und ſieht ſich, als was Hohes, an;
Will bald mit Schoͤnheit, bald mit Guͤtern, und bald mit an-
dern Gaben prangen,
Die es doch ſelber Gaben nennt. Heißt dieſes wohl mit Recht
Verſtand?
Ach wuͤrde doch die große Wahrheit von dieſer heilgen Frag
erkannt:
Was ruͤhmeſt du dich des Empfangnen, als haͤt-
teſt du es nicht empfangen?
So wuͤrde zu des Schoͤpfers Ehr, und unſerm Beſten, auf der
Erden,
Bald aller Hochmuth laͤcherlich, die Demuth nur geehret
werden.
O Gott! bey allen deinen Gaben, die du uns wuͤrdigſt, uns zu
ſchenken,
Verleih uns dieſe doch dazu, daß wir bey jeglicher gedenken:
Daß wir ſie haben und genieſſen, doch auch abſonderlich dabey,
Daß ſie von deiner Huld allein aus Gnaden uns geſchenket ſey.
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Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 6. Hamburg, 1740, S. 339. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen06_1740/363>, abgerufen am 21.12.2024.
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