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Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 6. Hamburg, 1740.

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Die schlimmste Abgötterey.
Die schlimmste Abgötterey.
Wir haben bis daher gezeiget, wie leibliche Abgötterey,
Jm Bildniß eines alten Mannes, der Gottheit unan-
ständig sey.

Nun wird es ja so nöthig seyn, ein wenig weiter noch zu gehn,
Und, wie die geistliche nicht minder unleidlich, gleichfalls an-
zusehn.

Weil ja so wenig, als die Form, die unvollkommnen Leidenschaften,
Affecten, Aenderung und Triebe der Menschheit, an der Gott-
heit haften.

Es ist und bleibt unstreitig wahr, daß Zorn und Eifer, Grimm
und Rache,

So gar bey Menschen, Laster seyn. Wenn man bey uns den
Zorn beschreibt:

So heißts: Er sey ein kurzes Rasen. Wie, daß man
denn solch eine Sache,

Die sträflich an sich selber ist, von der vollkommnen Gottheit
gläubt.
Wenn dort die Heiden Jupitern den fleischlichen Affect der
Liebe

So frech, als thöricht, zugeeignet; scheint es uns läch-und lä-
sterlich,

Und zwar mit großem Fug und Recht. Nun aber überleg,
und sprich:

Sind denn von Eifer, Zorn, und Grimm, und Rache die so
heftgen Triebe

Nicht ja so schlimm, ja noch wohl gar von schlimmerer Be-
schaffenheit?
Du sprichst: Was bey uns Menschen Zorn, das heißt in Gott
Gerechtigkeit.
Hie-
Die ſchlimmſte Abgoͤtterey.
Die ſchlimmſte Abgoͤtterey.
Wir haben bis daher gezeiget, wie leibliche Abgoͤtterey,
Jm Bildniß eines alten Mannes, der Gottheit unan-
ſtaͤndig ſey.

Nun wird es ja ſo noͤthig ſeyn, ein wenig weiter noch zu gehn,
Und, wie die geiſtliche nicht minder unleidlich, gleichfalls an-
zuſehn.

Weil ja ſo wenig, als die Form, die unvollkommnen Leidenſchaften,
Affecten, Aenderung und Triebe der Menſchheit, an der Gott-
heit haften.

Es iſt und bleibt unſtreitig wahr, daß Zorn und Eifer, Grimm
und Rache,

So gar bey Menſchen, Laſter ſeyn. Wenn man bey uns den
Zorn beſchreibt:

So heißts: Er ſey ein kurzes Raſen. Wie, daß man
denn ſolch eine Sache,

Die ſtraͤflich an ſich ſelber iſt, von der vollkommnen Gottheit
glaͤubt.
Wenn dort die Heiden Jupitern den fleiſchlichen Affect der
Liebe

So frech, als thoͤricht, zugeeignet; ſcheint es uns laͤch-und laͤ-
ſterlich,

Und zwar mit großem Fug und Recht. Nun aber uͤberleg,
und ſprich:

Sind denn von Eifer, Zorn, und Grimm, und Rache die ſo
heftgen Triebe

Nicht ja ſo ſchlimm, ja noch wohl gar von ſchlimmerer Be-
ſchaffenheit?
Du ſprichſt: Was bey uns Menſchen Zorn, das heißt in Gott
Gerechtigkeit.
Hie-
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[314/0338] Die ſchlimmſte Abgoͤtterey. Die ſchlimmſte Abgoͤtterey. Wir haben bis daher gezeiget, wie leibliche Abgoͤtterey, Jm Bildniß eines alten Mannes, der Gottheit unan- ſtaͤndig ſey. Nun wird es ja ſo noͤthig ſeyn, ein wenig weiter noch zu gehn, Und, wie die geiſtliche nicht minder unleidlich, gleichfalls an- zuſehn. Weil ja ſo wenig, als die Form, die unvollkommnen Leidenſchaften, Affecten, Aenderung und Triebe der Menſchheit, an der Gott- heit haften. Es iſt und bleibt unſtreitig wahr, daß Zorn und Eifer, Grimm und Rache, So gar bey Menſchen, Laſter ſeyn. Wenn man bey uns den Zorn beſchreibt: So heißts: Er ſey ein kurzes Raſen. Wie, daß man denn ſolch eine Sache, Die ſtraͤflich an ſich ſelber iſt, von der vollkommnen Gottheit glaͤubt. Wenn dort die Heiden Jupitern den fleiſchlichen Affect der Liebe So frech, als thoͤricht, zugeeignet; ſcheint es uns laͤch-und laͤ- ſterlich, Und zwar mit großem Fug und Recht. Nun aber uͤberleg, und ſprich: Sind denn von Eifer, Zorn, und Grimm, und Rache die ſo heftgen Triebe Nicht ja ſo ſchlimm, ja noch wohl gar von ſchlimmerer Be- ſchaffenheit? Du ſprichſt: Was bey uns Menſchen Zorn, das heißt in Gott Gerechtigkeit. Hie-

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Zitationshilfe: Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 6. Hamburg, 1740, S. 314. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen06_1740/338>, abgerufen am 23.11.2024.