Jch las in einer Reis-Beschreibung erstaunet jüngst, daß, auf der Erden, Gewisse Völker sollen seyn, Die bey dem frühen Sonnenschein, Mit laut-und eifrigem Gebeth, und mit andächtigen Gebehrden, Die Hände gegen sie erheben, Und sich, in einer solchen Stellung, in einen tiefen Strom begeben, Den gräuliche, gefräßige, und blutbegierge Crocodillen, Jn großer Meng, erfüllen, Jn Hoffnung, durch derselben Rachen, Sich einen Weg ins Paradies zu machen. Ob nun der Autor dieses Buchs die That, mit einem kal- ten Muth, Für Grillen schilt: Fand ich mich doch, durch dieß Betragen, sehr gerührt, Und zwar dadurch um desto mehr, als dieser Menschen heilge Wuth, Jn einem schönen Kupferstück, womit dasselbe Buch geziert, Sehr deutlich vorgestellet war. Jch sah das schöne Sonnenlicht Am Horizont, mit vielen Stralen, Den Himmel, und zugleich den Fluß im Wiederschein, recht lieblich malen; Jch sahe ganze Heerden Menschen andächtige Gebehrden zeigen, Und, mit erhabnen Aug-und Händen, in das fatale Wasser steigen, Woraus bald hier, bald da, bald dort erschrecklich häßliche Figuren,
Von
Macht des Aberglaubens.
Macht des Aberglaubens.
Jch laſ in einer Reiſ-Beſchreibung erſtaunet juͤngſt, daß, auf der Erden, Gewiſſe Voͤlker ſollen ſeyn, Die bey dem fruͤhen Sonnenſchein, Mit laut-und eifrigem Gebeth, und mit andaͤchtigen Gebehrden, Die Haͤnde gegen ſie erheben, Und ſich, in einer ſolchen Stellung, in einen tiefen Strom begeben, Den graͤuliche, gefraͤßige, und blutbegierge Crocodillen, Jn großer Meng, erfuͤllen, Jn Hoffnung, durch derſelben Rachen, Sich einen Weg ins Paradies zu machen. Ob nun der Autor dieſes Buchs die That, mit einem kal- ten Muth, Fuͤr Grillen ſchilt: Fand ich mich doch, durch dieß Betragen, ſehr geruͤhrt, Und zwar dadurch um deſto mehr, als dieſer Menſchen heilge Wuth, Jn einem ſchoͤnen Kupferſtuͤck, womit daſſelbe Buch geziert, Sehr deutlich vorgeſtellet war. Jch ſah das ſchoͤne Sonnenlicht Am Horizont, mit vielen Stralen, Den Himmel, und zugleich den Fluß im Wiederſchein, recht lieblich malen; Jch ſahe ganze Heerden Menſchen andaͤchtige Gebehrden zeigen, Und, mit erhabnen Aug-und Haͤnden, in das fatale Waſſer ſteigen, Woraus bald hier, bald da, bald dort erſchrecklich haͤßliche Figuren,
Von
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Macht des Aberglaubens.
Macht
des Aberglaubens.
Jch laſ in einer Reiſ-Beſchreibung erſtaunet juͤngſt, daß, auf
der Erden,
Gewiſſe Voͤlker ſollen ſeyn,
Die bey dem fruͤhen Sonnenſchein,
Mit laut-und eifrigem Gebeth, und mit andaͤchtigen Gebehrden,
Die Haͤnde gegen ſie erheben,
Und ſich, in einer ſolchen Stellung, in einen tiefen Strom begeben,
Den graͤuliche, gefraͤßige, und blutbegierge Crocodillen,
Jn großer Meng, erfuͤllen,
Jn Hoffnung, durch derſelben Rachen,
Sich einen Weg ins Paradies zu machen.
Ob nun der Autor dieſes Buchs die That, mit einem kal-
ten Muth,
Fuͤr Grillen ſchilt: Fand ich mich doch, durch dieß Betragen,
ſehr geruͤhrt,
Und zwar dadurch um deſto mehr, als dieſer Menſchen heilge
Wuth,
Jn einem ſchoͤnen Kupferſtuͤck, womit daſſelbe Buch geziert,
Sehr deutlich vorgeſtellet war. Jch ſah das ſchoͤne Sonnenlicht
Am Horizont, mit vielen Stralen,
Den Himmel, und zugleich den Fluß im Wiederſchein, recht
lieblich malen;
Jch ſahe ganze Heerden Menſchen andaͤchtige Gebehrden zeigen,
Und, mit erhabnen Aug-und Haͤnden, in das fatale Waſſer ſteigen,
Woraus bald hier, bald da, bald dort erſchrecklich haͤßliche
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Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 6. Hamburg, 1740, S. 276. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen06_1740/300>, abgerufen am 21.12.2024.
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