Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 6. Hamburg, 1740.

Bild:
<< vorherige Seite
Die Fisch-Ottern.
Die Fisch-Ottern.
Wer bewundert nicht die Höhle! wer ergetzet sein Gesicht
An der unterirdschen Landschaft Schrecken-reicher Schön-
heit nicht!

Wer bewundert der Bewohner so des Landes, als der Fluth,
Der recht mörderischen Ottern, nimmersatten Fraß und Wuth
Nicht, mit einem halben Grauen! Seht, wie lebhaft alles ist!
Seht doch, wie das Otter-Paar so natürlich Fische frißt!
Schien des strengen Wasserfalles Rauschen es nicht zu ver-
wehren;

Deucht mich, daß man ihren' Biß deutlich würde knarschen hören.
Wie dieß Thier, zu seiner Nahrung, recht Bewunderns-werth
formirt,

Muß man halb erstaunt gestehen. Kopf und Schwanz und
Balg und Klauen

Lassen eine weise Vorsorg, einen weisen Endzweck schauen.
Ob man nun gleich oft, durch sie, Schaden in den Teichen
spürt:

Wird doch, durch die schönen Bälg', oft auch der Verlust ersetzet,
Da man ihr schön glänzend Haar besser, als der Biber, schätzet,
Und zun feinsten Hüten braucht. Ja es soll den Schwindel
mindern,

Und ein Strumpf von Otterbalg podagrämsche Schmerzen
lindern.

Wird man also, wenn wir denken, wie wir sollen, auch so gar
Selbst an Ottern, nebst dem Nutzen, einer weisen Macht gewahr.


Der
Q 2
Die Fiſch-Ottern.
Die Fiſch-Ottern.
Wer bewundert nicht die Hoͤhle! wer ergetzet ſein Geſicht
An der unterirdſchen Landſchaft Schrecken-reicher Schoͤn-
heit nicht!

Wer bewundert der Bewohner ſo des Landes, als der Fluth,
Der recht moͤrderiſchen Ottern, nimmerſatten Fraß und Wuth
Nicht, mit einem halben Grauen! Seht, wie lebhaft alles iſt!
Seht doch, wie das Otter-Paar ſo natuͤrlich Fiſche frißt!
Schien des ſtrengen Waſſerfalles Rauſchen es nicht zu ver-
wehren;

Deucht mich, daß man ihren’ Biß deutlich wuͤrde knarſchen hoͤren.
Wie dieß Thier, zu ſeiner Nahrung, recht Bewunderns-werth
formirt,

Muß man halb erſtaunt geſtehen. Kopf und Schwanz und
Balg und Klauen

Laſſen eine weiſe Vorſorg, einen weiſen Endzweck ſchauen.
Ob man nun gleich oft, durch ſie, Schaden in den Teichen
ſpuͤrt:

Wird doch, durch die ſchoͤnen Baͤlg’, oft auch der Verluſt erſetzet,
Da man ihr ſchoͤn glaͤnzend Haar beſſer, als der Biber, ſchaͤtzet,
Und zun feinſten Huͤten braucht. Ja es ſoll den Schwindel
mindern,

Und ein Strumpf von Otterbalg podagraͤmſche Schmerzen
lindern.

Wird man alſo, wenn wir denken, wie wir ſollen, auch ſo gar
Selbſt an Ottern, nebſt dem Nutzen, einer weiſen Macht gewahr.


Der
Q 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0267" n="243"/>
        <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Die Fi&#x017F;ch-Ottern.</hi> </fw><lb/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Die Fi&#x017F;ch-Ottern.</hi> </head><lb/>
          <lg type="poem">
            <l><hi rendition="#in">W</hi>er bewundert nicht die Ho&#x0364;hle! wer ergetzet &#x017F;ein Ge&#x017F;icht</l><lb/>
            <l>An der unterird&#x017F;chen Land&#x017F;chaft Schrecken-reicher Scho&#x0364;n-<lb/><hi rendition="#et">heit nicht!</hi></l><lb/>
            <l>Wer bewundert der Bewohner &#x017F;o des Landes, als der Fluth,</l><lb/>
            <l>Der recht mo&#x0364;rderi&#x017F;chen Ottern, nimmer&#x017F;atten Fraß und Wuth</l><lb/>
            <l>Nicht, mit einem halben Grauen! Seht, wie lebhaft alles i&#x017F;t!</l><lb/>
            <l>Seht doch, wie das Otter-Paar &#x017F;o natu&#x0364;rlich Fi&#x017F;che frißt!</l><lb/>
            <l>Schien des &#x017F;trengen Wa&#x017F;&#x017F;erfalles Rau&#x017F;chen es nicht zu ver-<lb/><hi rendition="#et">wehren;</hi></l><lb/>
            <l>Deucht mich, daß man ihren&#x2019; Biß deutlich wu&#x0364;rde knar&#x017F;chen ho&#x0364;ren.</l><lb/>
            <l>Wie dieß Thier, zu &#x017F;einer Nahrung, recht Bewunderns-werth<lb/><hi rendition="#et">formirt,</hi></l><lb/>
            <l>Muß man halb er&#x017F;taunt ge&#x017F;tehen. Kopf und Schwanz und<lb/><hi rendition="#et">Balg und Klauen</hi></l><lb/>
            <l>La&#x017F;&#x017F;en eine wei&#x017F;e Vor&#x017F;org, einen wei&#x017F;en Endzweck &#x017F;chauen.</l><lb/>
            <l>Ob man nun gleich oft, durch &#x017F;ie, Schaden in den Teichen<lb/><hi rendition="#et">&#x017F;pu&#x0364;rt:</hi></l><lb/>
            <l>Wird doch, durch die &#x017F;cho&#x0364;nen Ba&#x0364;lg&#x2019;, oft auch der Verlu&#x017F;t er&#x017F;etzet,</l><lb/>
            <l>Da man ihr &#x017F;cho&#x0364;n gla&#x0364;nzend Haar be&#x017F;&#x017F;er, als der Biber, &#x017F;cha&#x0364;tzet,</l><lb/>
            <l>Und zun fein&#x017F;ten Hu&#x0364;ten braucht. Ja es &#x017F;oll den Schwindel<lb/><hi rendition="#et">mindern,</hi></l><lb/>
            <l>Und ein Strumpf von Otterbalg podagra&#x0364;m&#x017F;che Schmerzen<lb/><hi rendition="#et">lindern.</hi></l><lb/>
            <l>Wird man al&#x017F;o, wenn wir denken, wie wir &#x017F;ollen, auch &#x017F;o gar</l><lb/>
            <l>Selb&#x017F;t an Ottern, neb&#x017F;t dem Nutzen, einer wei&#x017F;en Macht gewahr.</l>
          </lg>
        </div><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        <fw place="bottom" type="sig">Q 2</fw>
        <fw place="bottom" type="catch"> <hi rendition="#fr">Der</hi> </fw><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[243/0267] Die Fiſch-Ottern. Die Fiſch-Ottern. Wer bewundert nicht die Hoͤhle! wer ergetzet ſein Geſicht An der unterirdſchen Landſchaft Schrecken-reicher Schoͤn- heit nicht! Wer bewundert der Bewohner ſo des Landes, als der Fluth, Der recht moͤrderiſchen Ottern, nimmerſatten Fraß und Wuth Nicht, mit einem halben Grauen! Seht, wie lebhaft alles iſt! Seht doch, wie das Otter-Paar ſo natuͤrlich Fiſche frißt! Schien des ſtrengen Waſſerfalles Rauſchen es nicht zu ver- wehren; Deucht mich, daß man ihren’ Biß deutlich wuͤrde knarſchen hoͤren. Wie dieß Thier, zu ſeiner Nahrung, recht Bewunderns-werth formirt, Muß man halb erſtaunt geſtehen. Kopf und Schwanz und Balg und Klauen Laſſen eine weiſe Vorſorg, einen weiſen Endzweck ſchauen. Ob man nun gleich oft, durch ſie, Schaden in den Teichen ſpuͤrt: Wird doch, durch die ſchoͤnen Baͤlg’, oft auch der Verluſt erſetzet, Da man ihr ſchoͤn glaͤnzend Haar beſſer, als der Biber, ſchaͤtzet, Und zun feinſten Huͤten braucht. Ja es ſoll den Schwindel mindern, Und ein Strumpf von Otterbalg podagraͤmſche Schmerzen lindern. Wird man alſo, wenn wir denken, wie wir ſollen, auch ſo gar Selbſt an Ottern, nebſt dem Nutzen, einer weiſen Macht gewahr. Der Q 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen06_1740
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen06_1740/267
Zitationshilfe: Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 6. Hamburg, 1740, S. 243. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen06_1740/267>, abgerufen am 21.11.2024.