Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 6. Hamburg, 1740.

Bild:
<< vorherige Seite
Die Jltiß.
Die Jltiß.
Die Ordonanz in diesem öden und recht verwildertem
Gefilde,

Jst würdig, daß man sie betrachtet; es zeigt von dem erstorb-
nen Baum,

Ein dürrer Ast sich auf dem Stamm des abgehaunen Stamms,
im Bilde,

So deutlich, daß man, durch den Schatten, den Sonnenschein
fast warm erblickt,

Wodurch zugleich sich, im Verschieß, die Fluth und das Ge-
bürge schmückt.

Doch halt! was regt sich auf dem Vorgrund? ich seh hier
unvermuthet vier

Blutgierig Eyerdiebe wühlen; man kann in ihren Augen schier
Den schwarzen kleinen Mord-Geist sehn. Sie würgen mehr, als
sie verzehren,

Und saugen, aus zerbißnen Köpfen der Tauben und der Hüner,
Blut.

Doch, ausser daß sie unsre Häuser von Mäusen und von Ratzen
leeren:

So kommen diese Thier uns Menschen auf andre Weise noch
zu gut.

Jndem sie gar nicht kostbar fallen: Hat Gott auch Armen
wollen gönnen,

Daß sie, mit dieser Thiere Bälge, in scharfem Frost, sich wär-
men können.


Die
Die Jltiß.
Die Jltiß.
Die Ordonanz in dieſem oͤden und recht verwildertem
Gefilde,

Jſt wuͤrdig, daß man ſie betrachtet; es zeigt von dem erſtorb-
nen Baum,

Ein duͤrrer Aſt ſich auf dem Stamm des abgehaunen Stamms,
im Bilde,

So deutlich, daß man, durch den Schatten, den Sonnenſchein
faſt warm erblickt,

Wodurch zugleich ſich, im Verſchieß, die Fluth und das Ge-
buͤrge ſchmuͤckt.

Doch halt! was regt ſich auf dem Vorgrund? ich ſeh hier
unvermuthet vier

Blutgierig Eyerdiebe wuͤhlen; man kann in ihren Augen ſchier
Den ſchwarzen kleinen Mord-Geiſt ſehn. Sie wuͤrgen mehr, als
ſie verzehren,

Und ſaugen, aus zerbißnen Koͤpfen der Tauben und der Huͤner,
Blut.

Doch, auſſer daß ſie unſre Haͤuſer von Maͤuſen und von Ratzen
leeren:

So kommen dieſe Thier uns Menſchen auf andre Weiſe noch
zu gut.

Jndem ſie gar nicht koſtbar fallen: Hat Gott auch Armen
wollen goͤnnen,

Daß ſie, mit dieſer Thiere Baͤlge, in ſcharfem Froſt, ſich waͤr-
men koͤnnen.


Die
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0263" n="239"/>
        <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Die Jltiß.</hi> </fw><lb/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Die Jltiß.</hi> </head><lb/>
          <lg type="poem">
            <l><hi rendition="#in">D</hi>ie Ordonanz in die&#x017F;em o&#x0364;den und recht verwildertem<lb/><hi rendition="#et">Gefilde,</hi></l><lb/>
            <l>J&#x017F;t wu&#x0364;rdig, daß man &#x017F;ie betrachtet; es zeigt von dem er&#x017F;torb-<lb/><hi rendition="#et">nen Baum,</hi></l><lb/>
            <l>Ein du&#x0364;rrer A&#x017F;t &#x017F;ich auf dem Stamm des abgehaunen Stamms,<lb/><hi rendition="#et">im Bilde,</hi></l><lb/>
            <l>So deutlich, daß man, durch den Schatten, den Sonnen&#x017F;chein<lb/><hi rendition="#et">fa&#x017F;t warm erblickt,</hi></l><lb/>
            <l>Wodurch zugleich &#x017F;ich, im Ver&#x017F;chieß, die Fluth und das Ge-<lb/><hi rendition="#et">bu&#x0364;rge &#x017F;chmu&#x0364;ckt.</hi></l><lb/>
            <l>Doch halt! was regt &#x017F;ich auf dem Vorgrund? ich &#x017F;eh hier<lb/><hi rendition="#et">unvermuthet vier</hi></l><lb/>
            <l>Blutgierig Eyerdiebe wu&#x0364;hlen; man kann in ihren Augen &#x017F;chier</l><lb/>
            <l>Den &#x017F;chwarzen kleinen Mord-Gei&#x017F;t &#x017F;ehn. Sie wu&#x0364;rgen mehr, als<lb/><hi rendition="#et">&#x017F;ie verzehren,</hi></l><lb/>
            <l>Und &#x017F;augen, aus zerbißnen Ko&#x0364;pfen der Tauben und der Hu&#x0364;ner,<lb/><hi rendition="#et">Blut.</hi></l><lb/>
            <l>Doch, au&#x017F;&#x017F;er daß &#x017F;ie un&#x017F;re Ha&#x0364;u&#x017F;er von Ma&#x0364;u&#x017F;en und von Ratzen<lb/><hi rendition="#et">leeren:</hi></l><lb/>
            <l>So kommen die&#x017F;e Thier uns Men&#x017F;chen auf andre Wei&#x017F;e noch<lb/><hi rendition="#et">zu gut.</hi></l><lb/>
            <l>Jndem &#x017F;ie gar nicht ko&#x017F;tbar fallen: Hat Gott auch Armen<lb/><hi rendition="#et">wollen go&#x0364;nnen,</hi></l><lb/>
            <l>Daß &#x017F;ie, mit die&#x017F;er Thiere Ba&#x0364;lge, in &#x017F;charfem Fro&#x017F;t, &#x017F;ich wa&#x0364;r-<lb/><hi rendition="#et">men ko&#x0364;nnen.</hi></l>
          </lg>
        </div><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        <fw place="bottom" type="catch"> <hi rendition="#fr">Die</hi> </fw><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[239/0263] Die Jltiß. Die Jltiß. Die Ordonanz in dieſem oͤden und recht verwildertem Gefilde, Jſt wuͤrdig, daß man ſie betrachtet; es zeigt von dem erſtorb- nen Baum, Ein duͤrrer Aſt ſich auf dem Stamm des abgehaunen Stamms, im Bilde, So deutlich, daß man, durch den Schatten, den Sonnenſchein faſt warm erblickt, Wodurch zugleich ſich, im Verſchieß, die Fluth und das Ge- buͤrge ſchmuͤckt. Doch halt! was regt ſich auf dem Vorgrund? ich ſeh hier unvermuthet vier Blutgierig Eyerdiebe wuͤhlen; man kann in ihren Augen ſchier Den ſchwarzen kleinen Mord-Geiſt ſehn. Sie wuͤrgen mehr, als ſie verzehren, Und ſaugen, aus zerbißnen Koͤpfen der Tauben und der Huͤner, Blut. Doch, auſſer daß ſie unſre Haͤuſer von Maͤuſen und von Ratzen leeren: So kommen dieſe Thier uns Menſchen auf andre Weiſe noch zu gut. Jndem ſie gar nicht koſtbar fallen: Hat Gott auch Armen wollen goͤnnen, Daß ſie, mit dieſer Thiere Baͤlge, in ſcharfem Froſt, ſich waͤr- men koͤnnen. Die

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen06_1740
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen06_1740/263
Zitationshilfe: Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 6. Hamburg, 1740, S. 239. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen06_1740/263>, abgerufen am 21.11.2024.