Uns Menschen kann so gar der Regen, Wenn wir nur auf denselben achten, Und die genetzte Welt betrachten, Zur Lust und auch zum Dank bewegen. Es wird die heiße Luft, wenns regnet, lau und kühl, Und wirkt, auf unsre Haut, ein schaudrigtes Gefühl. Die Düft, indem sie um uns fliegen, Erregen unsrer Brust Zwar eine, doch nicht oft gefühlte, Lust, Und leider! meistentheils ein unvermerkt, Vergnügen. Das eine zeitlang her, bestaubte, welke Gras Wird, durch das reine Naß, Gereinigt und getränkt. Ein lieblich Dunkelgrün Scheint Laub und Kraut so dann zu überziehn; Ein schwärzlich Dunkelbraun färbt Acker, Feld und Land; Die Klösse kleben jetzt; es steht der rege Sand; Es leget sich der flüchtge Staub; Die Blumen, die erfrischt, sind jetzt noch eins so schön, Durch ihren dunklen Grund, erhöhet, anzusehn; Es rollen hier und dort, auf ihr gesteiftes Laub, Die runden Tröpfgen, wie Krystallen, Darin spielt eine weisse Gluht, Ein Schimmer, der, wie Silber, rein, Ein Diamanten-gleicher Schein. Auf der sonst glatt- und ebnen Fluth, Erregt der Tropfen rauschend Fallen,
Ein
Vergnuͤgung bey regnichtem Wetter
Vergnuͤgung bey regnichtem Wetter im Sommer.
Uns Menſchen kann ſo gar der Regen, Wenn wir nur auf denſelben achten, Und die genetzte Welt betrachten, Zur Luſt und auch zum Dank bewegen. Es wird die heiße Luft, wenns regnet, lau und kuͤhl, Und wirkt, auf unſre Haut, ein ſchaudrigtes Gefuͤhl. Die Duͤft, indem ſie um uns fliegen, Erregen unſrer Bruſt Zwar eine, doch nicht oft gefuͤhlte, Luſt, Und leider! meiſtentheils ein unvermerkt, Vergnuͤgen. Das eine zeitlang her, beſtaubte, welke Gras Wird, durch das reine Naß, Gereinigt und getraͤnkt. Ein lieblich Dunkelgruͤn Scheint Laub und Kraut ſo dann zu uͤberziehn; Ein ſchwaͤrzlich Dunkelbraun faͤrbt Acker, Feld und Land; Die Kloͤſſe kleben jetzt; es ſteht der rege Sand; Es leget ſich der fluͤchtge Staub; Die Blumen, die erfriſcht, ſind jetzt noch eins ſo ſchoͤn, Durch ihren dunklen Grund, erhoͤhet, anzuſehn; Es rollen hier und dort, auf ihr geſteiftes Laub, Die runden Troͤpfgen, wie Kryſtallen, Darin ſpielt eine weiſſe Gluht, Ein Schimmer, der, wie Silber, rein, Ein Diamanten-gleicher Schein. Auf der ſonſt glatt- und ebnen Fluth, Erregt der Tropfen rauſchend Fallen,
Ein
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Vergnuͤgung bey regnichtem Wetter
Vergnuͤgung
bey regnichtem Wetter im Sommer.
Uns Menſchen kann ſo gar der Regen,
Wenn wir nur auf denſelben achten,
Und die genetzte Welt betrachten,
Zur Luſt und auch zum Dank bewegen.
Es wird die heiße Luft, wenns regnet, lau und kuͤhl,
Und wirkt, auf unſre Haut, ein ſchaudrigtes Gefuͤhl.
Die Duͤft, indem ſie um uns fliegen,
Erregen unſrer Bruſt
Zwar eine, doch nicht oft gefuͤhlte, Luſt,
Und leider! meiſtentheils ein unvermerkt, Vergnuͤgen.
Das eine zeitlang her, beſtaubte, welke Gras
Wird, durch das reine Naß,
Gereinigt und getraͤnkt. Ein lieblich Dunkelgruͤn
Scheint Laub und Kraut ſo dann zu uͤberziehn;
Ein ſchwaͤrzlich Dunkelbraun faͤrbt Acker, Feld und Land;
Die Kloͤſſe kleben jetzt; es ſteht der rege Sand;
Es leget ſich der fluͤchtge Staub;
Die Blumen, die erfriſcht, ſind jetzt noch eins ſo ſchoͤn,
Durch ihren dunklen Grund, erhoͤhet, anzuſehn;
Es rollen hier und dort, auf ihr geſteiftes Laub,
Die runden Troͤpfgen, wie Kryſtallen,
Darin ſpielt eine weiſſe Gluht,
Ein Schimmer, der, wie Silber, rein,
Ein Diamanten-gleicher Schein.
Auf der ſonſt glatt- und ebnen Fluth,
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Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 6. Hamburg, 1740, S. 128. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen06_1740/152>, abgerufen am 30.12.2024.
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