Hier seh ich, durch der Lüfte Regen, Die Fluth sich angenehm bewegen, Auf stets veränderlichen Stellen, Die Wellen über andre Wellen, Mit halben Zirkeln, sanft sich legen, Und wie es scheinet, ohn Verweilen, Nach dem beblümten Ufer eilen, Mit feuchten Lippen es zu küssen, Und, in der, von der Bäume Pracht, Daselbst vorhandnen Schatten-Nacht, An ihren weich bemosten Füssen, Ein kurzes Ruhen zu geniessen. Auch um, nach nun mehr stillem Wallen, Mit ihren glänzenden Krystallen, Jm glatten Spiegel, ihrem Grünen, Zum holden Wiederschein, zu dienen. Ja, nach dem, von des Himmels Zier, Getragnen Schimmer von Saphier, Gefärbt vom grünen Schmuck der Erden, Zum glänzenden Smaragd zu werden. So scheint es. Aber dieß ist wahr, Daß, da die Fluth so glatt und klar, Jhr Wesen bloß dazu gemacht, Des Himmels und der Erden Pracht, Zu unsrer Lust, und Gott zu Ehren, Jn der Verdopplung zu vermehren. So lasset uns, wenn wir erblicken, Wie sich so Fluth, als Erde, schmücken, Und daß sie beyde doppelt schön, Es doch mit Dank und Freude sehn!
Ver-
Waſſergedanken.
Waſſergedanken.
Hier ſeh ich, durch der Luͤfte Regen, Die Fluth ſich angenehm bewegen, Auf ſtets veraͤnderlichen Stellen, Die Wellen uͤber andre Wellen, Mit halben Zirkeln, ſanft ſich legen, Und wie es ſcheinet, ohn Verweilen, Nach dem bebluͤmten Ufer eilen, Mit feuchten Lippen es zu kuͤſſen, Und, in der, von der Baͤume Pracht, Daſelbſt vorhandnen Schatten-Nacht, An ihren weich bemoſten Fuͤſſen, Ein kurzes Ruhen zu genieſſen. Auch um, nach nun mehr ſtillem Wallen, Mit ihren glaͤnzenden Kryſtallen, Jm glatten Spiegel, ihrem Gruͤnen, Zum holden Wiederſchein, zu dienen. Ja, nach dem, von des Himmels Zier, Getragnen Schimmer von Saphier, Gefaͤrbt vom gruͤnen Schmuck der Erden, Zum glaͤnzenden Smaragd zu werden. So ſcheint es. Aber dieß iſt wahr, Daß, da die Fluth ſo glatt und klar, Jhr Weſen bloß dazu gemacht, Des Himmels und der Erden Pracht, Zu unſrer Luſt, und Gott zu Ehren, Jn der Verdopplung zu vermehren. So laſſet uns, wenn wir erblicken, Wie ſich ſo Fluth, als Erde, ſchmuͤcken, Und daß ſie beyde doppelt ſchoͤn, Es doch mit Dank und Freude ſehn!
Ver-
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Waſſergedanken.
Waſſergedanken.
Hier ſeh ich, durch der Luͤfte Regen,
Die Fluth ſich angenehm bewegen,
Auf ſtets veraͤnderlichen Stellen,
Die Wellen uͤber andre Wellen,
Mit halben Zirkeln, ſanft ſich legen,
Und wie es ſcheinet, ohn Verweilen,
Nach dem bebluͤmten Ufer eilen,
Mit feuchten Lippen es zu kuͤſſen,
Und, in der, von der Baͤume Pracht,
Daſelbſt vorhandnen Schatten-Nacht,
An ihren weich bemoſten Fuͤſſen,
Ein kurzes Ruhen zu genieſſen.
Auch um, nach nun mehr ſtillem Wallen,
Mit ihren glaͤnzenden Kryſtallen,
Jm glatten Spiegel, ihrem Gruͤnen,
Zum holden Wiederſchein, zu dienen.
Ja, nach dem, von des Himmels Zier,
Getragnen Schimmer von Saphier,
Gefaͤrbt vom gruͤnen Schmuck der Erden,
Zum glaͤnzenden Smaragd zu werden.
So ſcheint es. Aber dieß iſt wahr,
Daß, da die Fluth ſo glatt und klar,
Jhr Weſen bloß dazu gemacht,
Des Himmels und der Erden Pracht,
Zu unſrer Luſt, und Gott zu Ehren,
Jn der Verdopplung zu vermehren.
So laſſet uns, wenn wir erblicken,
Wie ſich ſo Fluth, als Erde, ſchmuͤcken,
Und daß ſie beyde doppelt ſchoͤn,
Es doch mit Dank und Freude ſehn!
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Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 6. Hamburg, 1740, S. 127. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen06_1740/151>, abgerufen am 03.12.2024.
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