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Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott, bestehend in Physicalisch- und Moralischen Gedichten. Bd. 4. 2. Aufl. Hamburg, 1735.

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Betrachtung der Veränderung der Zeiten etc.
Betrachtung der Veränderung der Zei-
ten, sammt dem Nutzen und der Lustbarkeit
derselben.
Jm Winter füllt die Lufft ein neblicht falbes Grau.
Jm Frühling ist sie hell, warm, heiter, rein und
blau.
Jm Winter schnaubt der Nord mit stürmerischer Wuth,

Zerschneidet uns die Haut, durchdringet Marck und Blut;
Jm Frühling säuseln sanft und kühlen uns gelinde,

Mit Balsam-reichem Dufft, die schmeichlend lauen Winde.
Jm Winter drückt die Fluth, und hält den sanften Lauff

Ein schroff-und starres Eis, durch rauhe Schollen, auf.
Jm Frühling gläntzet sie als ein polirter Spiegel.

Und bildet Wunder-schönden Schmeltz beblühmter Hügel;
Sie rauscht und rieselt sanft, bald durch bestrahlte Felder,
Bald durch die grüne Nacht und Dämmrung dunckler Wälder.
Jm Winter ist das Feld entfärbet, öd', erstarrt,

Verwüstet, traurig, schwartz, wild, höckricht, Felsen-hart.
Jm Lentzen ist es grün, beblühmt, ja Wunder-schön

Mit Korn und Klee bedeckt, und lieblich anzusehn.
Jm Winter sieht der Wald gebundnen Ruthen gleich.
Jm Frühling ist er Laub-und Blüth-und Schatten-reich.
Jm Winter ist so Feld als Wald von Vögeln leer.
Jm Frühling füllt die Lufft derselben klingend Heer

Mit lieblichem Gethön. Die säurlich-süssen Früchte
Und mancherley den Gaum erquickende Gerichte,
Raubt uns der rauhe Frost. Der Frühling sucht von neuen
Mit ihnen Aug' und Mund und Hertz uns zu erfreuen.
Der
Betrachtung der Veraͤnderung der Zeiten ꝛc.
Betrachtung der Veraͤnderung der Zei-
ten, ſam̃t dem Nutzen und der Luſtbarkeit
derſelben.
Jm Winter fuͤllt die Lufft ein neblicht falbes Grau.
Jm Fruͤhling iſt ſie hell, warm, heiter, rein und
blau.
Jm Winter ſchnaubt der Nord mit ſtuͤrmeriſcher Wuth,

Zerſchneidet uns die Haut, durchdringet Marck und Blut;
Jm Fruͤhling ſaͤuſeln ſanft und kuͤhlen uns gelinde,

Mit Balſam-reichem Dufft, die ſchmeichlend lauen Winde.
Jm Winter druͤckt die Fluth, und haͤlt den ſanften Lauff

Ein ſchroff-und ſtarres Eis, durch rauhe Schollen, auf.
Jm Fruͤhling glaͤntzet ſie als ein polirter Spiegel.

Und bildet Wunder-ſchoͤnden Schmeltz bebluͤhmter Huͤgel;
Sie rauſcht und rieſelt ſanft, bald durch beſtrahlte Felder,
Bald durch die gruͤne Nacht und Daͤm̃rung dunckler Waͤlder.
Jm Winter iſt das Feld entfaͤrbet, oͤd’, erſtarrt,

Verwuͤſtet, traurig, ſchwartz, wild, hoͤckricht, Felſen-hart.
Jm Lentzen iſt es gruͤn, bebluͤhmt, ja Wunder-ſchoͤn

Mit Korn und Klee bedeckt, und lieblich anzuſehn.
Jm Winter ſieht der Wald gebundnen Ruthen gleich.
Jm Fruͤhling iſt er Laub-und Bluͤth-und Schatten-reich.
Jm Winter iſt ſo Feld als Wald von Voͤgeln leer.
Jm Fruͤhling fuͤllt die Lufft derſelben klingend Heer

Mit lieblichem Gethoͤn. Die ſaͤurlich-ſuͤſſen Fruͤchte
Und mancherley den Gaum erquickende Gerichte,
Raubt uns der rauhe Froſt. Der Fruͤhling ſucht von neuen
Mit ihnen Aug’ und Mund und Hertz uns zu erfreuen.
Der
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[27/0059] Betrachtung der Veraͤnderung der Zeiten ꝛc. Betrachtung der Veraͤnderung der Zei- ten, ſam̃t dem Nutzen und der Luſtbarkeit derſelben. Jm Winter fuͤllt die Lufft ein neblicht falbes Grau. Jm Fruͤhling iſt ſie hell, warm, heiter, rein und blau. Jm Winter ſchnaubt der Nord mit ſtuͤrmeriſcher Wuth, Zerſchneidet uns die Haut, durchdringet Marck und Blut; Jm Fruͤhling ſaͤuſeln ſanft und kuͤhlen uns gelinde, Mit Balſam-reichem Dufft, die ſchmeichlend lauen Winde. Jm Winter druͤckt die Fluth, und haͤlt den ſanften Lauff Ein ſchroff-und ſtarres Eis, durch rauhe Schollen, auf. Jm Fruͤhling glaͤntzet ſie als ein polirter Spiegel. Und bildet Wunder-ſchoͤnden Schmeltz bebluͤhmter Huͤgel; Sie rauſcht und rieſelt ſanft, bald durch beſtrahlte Felder, Bald durch die gruͤne Nacht und Daͤm̃rung dunckler Waͤlder. Jm Winter iſt das Feld entfaͤrbet, oͤd’, erſtarrt, Verwuͤſtet, traurig, ſchwartz, wild, hoͤckricht, Felſen-hart. Jm Lentzen iſt es gruͤn, bebluͤhmt, ja Wunder-ſchoͤn Mit Korn und Klee bedeckt, und lieblich anzuſehn. Jm Winter ſieht der Wald gebundnen Ruthen gleich. Jm Fruͤhling iſt er Laub-und Bluͤth-und Schatten-reich. Jm Winter iſt ſo Feld als Wald von Voͤgeln leer. Jm Fruͤhling fuͤllt die Lufft derſelben klingend Heer Mit lieblichem Gethoͤn. Die ſaͤurlich-ſuͤſſen Fruͤchte Und mancherley den Gaum erquickende Gerichte, Raubt uns der rauhe Froſt. Der Fruͤhling ſucht von neuen Mit ihnen Aug’ und Mund und Hertz uns zu erfreuen. Der

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Zitationshilfe: Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott, bestehend in Physicalisch- und Moralischen Gedichten. Bd. 4. 2. Aufl. Hamburg, 1735, S. 27. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen04_1735/59>, abgerufen am 23.11.2024.