Die Allmacht, die dem grünen Klee Die schönen Farben eingepräget, Hat in den Silber-weissen Schnee Auch einen lichten Schein geleget:
Wenn ich, im Frost, ihn gläntzen seh, Wird mein Gemüth zum Lob erreget. Je mehr er Glantz und Schimmer heget, Je mehr werd ich zum Ruhm beweget Des Schöpfers, der ihn in der Höh So wunderbar zu bilden pfleget.
Dieß war es ungefehr, was ich bey mir gedacht, Als ich, in einer hellen Nacht, Beym Mond-Schein, ein beschneytes Feld, Jn einer ungemeinen Pracht, Jn einem Silber reinen Schimmer, Aus einem hoch erhabnen Zimmer Bewundernd übersah. Das weisse Licht Durchdrang mein halb geblendetes Gesicht, Und fiel, mit seinem weissen Schein, Mir in die Seele selbst hinein; Erleuchtete, was finster war, Und machte, Daß ich noch ferner also dachte:
Was wirckt des Silbers weisser Glantz Jn eines geitzgen Aug' und Brust Nicht für Vergnügen, Freud und Lust? Der doch, beym Himmels-Silber, gantz
Ver-
D d 5
Der Schnee im Mond-Schein.
Der Schnee im Mond-Schein.
Die Allmacht, die dem gruͤnen Klee Die ſchoͤnen Farben eingepraͤget, Hat in den Silber-weiſſen Schnee Auch einen lichten Schein geleget:
Wenn ich, im Froſt, ihn glaͤntzen ſeh, Wird mein Gemuͤth zum Lob erreget. Je mehr er Glantz und Schimmer heget, Je mehr werd ich zum Ruhm beweget Des Schoͤpfers, der ihn in der Hoͤh So wunderbar zu bilden pfleget.
Dieß war es ungefehr, was ich bey mir gedacht, Als ich, in einer hellen Nacht, Beym Mond-Schein, ein beſchneytes Feld, Jn einer ungemeinen Pracht, Jn einem Silber reinen Schimmer, Aus einem hoch erhabnen Zimmer Bewundernd uͤberſah. Das weiſſe Licht Durchdrang mein halb geblendetes Geſicht, Und fiel, mit ſeinem weiſſen Schein, Mir in die Seele ſelbſt hinein; Erleuchtete, was finſter war, Und machte, Daß ich noch ferner alſo dachte:
Was wirckt des Silbers weiſſer Glantz Jn eines geitzgen Aug’ und Bruſt Nicht fuͤr Vergnuͤgen, Freud und Luſt? Der doch, beym Himmels-Silber, gantz
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Der Schnee im Mond-Schein.
Der Schnee im Mond-Schein.
Die Allmacht, die dem gruͤnen Klee
Die ſchoͤnen Farben eingepraͤget,
Hat in den Silber-weiſſen Schnee
Auch einen lichten Schein geleget:
Wenn ich, im Froſt, ihn glaͤntzen ſeh,
Wird mein Gemuͤth zum Lob erreget.
Je mehr er Glantz und Schimmer heget,
Je mehr werd ich zum Ruhm beweget
Des Schoͤpfers, der ihn in der Hoͤh
So wunderbar zu bilden pfleget.
Dieß war es ungefehr, was ich bey mir gedacht,
Als ich, in einer hellen Nacht,
Beym Mond-Schein, ein beſchneytes Feld,
Jn einer ungemeinen Pracht,
Jn einem Silber reinen Schimmer,
Aus einem hoch erhabnen Zimmer
Bewundernd uͤberſah. Das weiſſe Licht
Durchdrang mein halb geblendetes Geſicht,
Und fiel, mit ſeinem weiſſen Schein,
Mir in die Seele ſelbſt hinein;
Erleuchtete, was finſter war,
Und machte,
Daß ich noch ferner alſo dachte:
Was wirckt des Silbers weiſſer Glantz
Jn eines geitzgen Aug’ und Bruſt
Nicht fuͤr Vergnuͤgen, Freud und Luſt?
Der doch, beym Himmels-Silber, gantz
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Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott, bestehend in Physicalisch- und Moralischen Gedichten. Bd. 4. 2. Aufl. Hamburg, 1735, S. 425. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen04_1735/457>, abgerufen am 05.02.2025.
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