Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott, bestehend in Physicalisch- und Moralischen Gedichten. Bd. 4. 2. Aufl. Hamburg, 1735.Die Sonnen-Bilder. Die Sonnen-Bilder. Jüngst, als die Nacht sich kaum verborgen, Ließ mich, im Herbst, ein heitrer Morgen Auf einmahl wunder-wunder-schön, Stat einer, sieben Sonnen sehn. Aus sieben Fenstern auf einmahl Fiel mir, im Wiederschlag, ein siebenfacher Strahl Durch einen grünen Baum, der von der Blätter- Schaar Schon guten theils entblösset war, Mit hellem Funckeln, ins Gesicht. Die wahre Sonne sah' ich nicht. Jhr, durch ein ander Haus verdecktes, Licht Stand schräge, so daß es dadurch den Winckel machte, Und eben diesen Glantz dadurch zu wege brachte. Allein Durch den verdoppelten, obgleich verkleinten Schein, Erregte sie in meiner Brust Ein' unausdrücklich süsse Lust. Nicht nur die sieben runden, hellen, Durchs Laub so rund formirten Stellen Durchdrungen mein Gesicht, mit einem hellen Blitze; Es fuhr, aus ieder, eine Spitze, Die sich verbreitete in eine Menge Strahlen, Die alle feurig bunt: wodurch denn sonderlich Ein ieglichs destomehr der wahren Sonne glich. Der B b 3
Die Sonnen-Bilder. Die Sonnen-Bilder. Juͤngſt, als die Nacht ſich kaum verborgen, Ließ mich, im Herbſt, ein heitrer Morgen Auf einmahl wunder-wunder-ſchoͤn, Stat einer, ſieben Sonnen ſehn. Aus ſieben Fenſtern auf einmahl Fiel mir, im Wiederſchlag, ein ſiebenfacher Strahl Durch einen gruͤnen Baum, der von der Blaͤtter- Schaar Schon guten theils entbloͤſſet war, Mit hellem Funckeln, ins Geſicht. Die wahre Sonne ſah’ ich nicht. Jhr, durch ein ander Haus verdecktes, Licht Stand ſchraͤge, ſo daß es dadurch den Winckel machte, Und eben dieſen Glantz dadurch zu wege brachte. Allein Durch den verdoppelten, obgleich verkleinten Schein, Erregte ſie in meiner Bruſt Ein’ unausdruͤcklich ſuͤſſe Luſt. Nicht nur die ſieben runden, hellen, Durchs Laub ſo rund formirten Stellen Durchdrungen mein Geſicht, mit einem hellen Blitze; Es fuhr, aus ieder, eine Spitze, Die ſich verbreitete in eine Menge Strahlen, Die alle feurig bunt: wodurch denn ſonderlich Ein ieglichs deſtomehr der wahren Sonne glich. Der B b 3
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0421" n="389"/> <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Die Sonnen-Bilder.</hi> </fw><lb/> <div n="2"> <lg type="poem"> <head> <hi rendition="#b">Die Sonnen-Bilder.</hi> </head><lb/> <lg n="1"> <l><hi rendition="#in">J</hi>uͤngſt, als die Nacht ſich kaum verborgen,</l><lb/> <l>Ließ mich, im Herbſt, ein heitrer Morgen</l><lb/> <l>Auf einmahl wunder-wunder-ſchoͤn,</l><lb/> <l>Stat einer, ſieben Sonnen ſehn.</l> </lg><lb/> <lg n="2"> <l>Aus ſieben Fenſtern auf einmahl</l><lb/> <l>Fiel mir, im Wiederſchlag, ein ſiebenfacher Strahl</l><lb/> <l>Durch einen gruͤnen Baum, der von der Blaͤtter-<lb/><hi rendition="#et">Schaar</hi></l><lb/> <l>Schon guten theils entbloͤſſet war,</l><lb/> <l>Mit hellem Funckeln, ins Geſicht.</l> </lg><lb/> <lg n="3"> <l>Die wahre Sonne ſah’ ich nicht.</l><lb/> <l>Jhr, durch ein ander Haus verdecktes, Licht</l><lb/> <l>Stand ſchraͤge, ſo daß es dadurch den Winckel machte,</l><lb/> <l>Und eben dieſen Glantz dadurch zu wege brachte.</l><lb/> <l>Allein</l><lb/> <l>Durch den verdoppelten, obgleich verkleinten Schein,</l><lb/> <l>Erregte ſie in meiner Bruſt</l><lb/> <l>Ein’ unausdruͤcklich ſuͤſſe Luſt.</l> </lg><lb/> <lg n="4"> <l>Nicht nur die ſieben runden, hellen,</l><lb/> <l>Durchs Laub ſo rund formirten Stellen</l><lb/> <l>Durchdrungen mein Geſicht, mit einem hellen Blitze;</l><lb/> <l>Es fuhr, aus ieder, eine Spitze,</l><lb/> <l>Die ſich verbreitete in eine Menge Strahlen,</l><lb/> <l>Die alle feurig bunt: wodurch denn ſonderlich</l><lb/> <l>Ein ieglichs deſtomehr der wahren Sonne glich.</l> </lg><lb/> <fw place="bottom" type="sig">B b 3</fw> <fw place="bottom" type="catch">Der</fw><lb/> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [389/0421]
Die Sonnen-Bilder.
Die Sonnen-Bilder.
Juͤngſt, als die Nacht ſich kaum verborgen,
Ließ mich, im Herbſt, ein heitrer Morgen
Auf einmahl wunder-wunder-ſchoͤn,
Stat einer, ſieben Sonnen ſehn.
Aus ſieben Fenſtern auf einmahl
Fiel mir, im Wiederſchlag, ein ſiebenfacher Strahl
Durch einen gruͤnen Baum, der von der Blaͤtter-
Schaar
Schon guten theils entbloͤſſet war,
Mit hellem Funckeln, ins Geſicht.
Die wahre Sonne ſah’ ich nicht.
Jhr, durch ein ander Haus verdecktes, Licht
Stand ſchraͤge, ſo daß es dadurch den Winckel machte,
Und eben dieſen Glantz dadurch zu wege brachte.
Allein
Durch den verdoppelten, obgleich verkleinten Schein,
Erregte ſie in meiner Bruſt
Ein’ unausdruͤcklich ſuͤſſe Luſt.
Nicht nur die ſieben runden, hellen,
Durchs Laub ſo rund formirten Stellen
Durchdrungen mein Geſicht, mit einem hellen Blitze;
Es fuhr, aus ieder, eine Spitze,
Die ſich verbreitete in eine Menge Strahlen,
Die alle feurig bunt: wodurch denn ſonderlich
Ein ieglichs deſtomehr der wahren Sonne glich.
Der
B b 3
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |