Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott, bestehend in Physicalisch- und Moralischen Gedichten. Bd. 4. 2. Aufl. Hamburg, 1735.Die Schiff-Fahrt. Die Schiff-Fahrt. Jn einem grossen Schiff, das unlängst erst gebaut, Hatt' ich mich jüngst den wilden Wellen, Jn Ampts-Geschäfften, anvertraut. Jndem nun gleich darauf die hohlen Segel schwellen, Der Nord-Wind schnaubt und saust, Das Wasser schäumt und braust; Brach, nach versuncknem Sonnen-Schein, Die Nacht mit duncklen Schatten ein: Und, wie es spät ward, legt' ein ieder, Nicht aller Furcht entohniget, sich nieder, Auf Betten, die (wie es der Brauch Jn Schiffen) in des Schiffes Bauch. Jndem ich nun, da sich der Sturm vermehrte, Gantz nah' an meinem Ohr, der Fluthen Brausen hörte, Gedacht ich bey mir selbst, indem die andern schlieffen: Wie nahe sind mir ietzt die finstern Tieffen! Mein GOTT! ein Holtz, nur wenig Daumen dick, Jst bloß der Zwischen-Stand, Und hält den Schwall der duncklen Fluth Von mir, und von dem Pfuhl des Abgrunds mich, zurück, Jn welchem ungezehlte Heere Von Taumlern, Kabeljauen, Störe, Und andre Wasser-Thiere schwärmen. Das brausende Geräusch der Fluth kam meinem Ohr, Dem es so nahe war, nicht anders vor, Als ob so gar das Heer der nahen Fische Mit
Die Schiff-Fahrt. Die Schiff-Fahrt. Jn einem groſſen Schiff, das unlaͤngſt erſt gebaut, Hatt’ ich mich juͤngſt den wilden Wellen, Jn Ampts-Geſchaͤfften, anvertraut. Jndem nun gleich darauf die hohlen Segel ſchwellen, Der Nord-Wind ſchnaubt und ſauſt, Das Waſſer ſchaͤumt und brauſt; Brach, nach verſuncknem Sonnen-Schein, Die Nacht mit duncklen Schatten ein: Und, wie es ſpaͤt ward, legt’ ein ieder, Nicht aller Furcht entohniget, ſich nieder, Auf Betten, die (wie es der Brauch Jn Schiffen) in des Schiffes Bauch. Jndem ich nun, da ſich der Sturm vermehrte, Gantz nah’ an meinem Ohr, der Fluthen Brauſen hoͤrte, Gedacht ich bey mir ſelbſt, indem die andern ſchlieffen: Wie nahe ſind mir ietzt die finſtern Tieffen! Mein GOTT! ein Holtz, nur wenig Daumen dick, Jſt bloß der Zwiſchen-Stand, Und haͤlt den Schwall der duncklen Fluth Von mir, und von dem Pfuhl des Abgrunds mich, zuruͤck, Jn welchem ungezehlte Heere Von Taumlern, Kabeljauen, Stoͤre, Und andre Waſſer-Thiere ſchwaͤrmen. Das brauſende Geraͤuſch der Fluth kam meinem Ohr, Dem es ſo nahe war, nicht anders vor, Als ob ſo gar das Heer der nahen Fiſche Mit
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Die Schiff-Fahrt.
Die Schiff-Fahrt.
Jn einem groſſen Schiff, das unlaͤngſt erſt gebaut,
Hatt’ ich mich juͤngſt den wilden Wellen,
Jn Ampts-Geſchaͤfften, anvertraut.
Jndem nun gleich darauf die hohlen Segel ſchwellen,
Der Nord-Wind ſchnaubt und ſauſt,
Das Waſſer ſchaͤumt und brauſt;
Brach, nach verſuncknem Sonnen-Schein,
Die Nacht mit duncklen Schatten ein:
Und, wie es ſpaͤt ward, legt’ ein ieder,
Nicht aller Furcht entohniget, ſich nieder,
Auf Betten, die (wie es der Brauch
Jn Schiffen) in des Schiffes Bauch.
Jndem ich nun, da ſich der Sturm vermehrte,
Gantz nah’ an meinem Ohr, der Fluthen Brauſen hoͤrte,
Gedacht ich bey mir ſelbſt, indem die andern ſchlieffen:
Wie nahe ſind mir ietzt die finſtern Tieffen!
Mein GOTT! ein Holtz, nur wenig Daumen dick,
Jſt bloß der Zwiſchen-Stand,
Und haͤlt den Schwall der duncklen Fluth
Von mir, und von dem Pfuhl des Abgrunds mich, zuruͤck,
Jn welchem ungezehlte Heere
Von Taumlern, Kabeljauen, Stoͤre,
Und andre Waſſer-Thiere ſchwaͤrmen.
Das brauſende Geraͤuſch der Fluth kam meinem Ohr,
Dem es ſo nahe war, nicht anders vor,
Als ob ſo gar das Heer der nahen Fiſche
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