Zu leugnen ist es nicht, Daß eine starcke Leidenschafft Die Muskeln im Gesicht Veränder' und bewege, Mithin ein' and're Min' errege. Nun fragt sichs, ob so lang', als solche Stellung währt, Auch der Affect nicht wenigstens besteht, Und ob denn folglich auch, wenn man sie anders kehrt; Die Leidenschafft nicht eh' vergeht? Mir kommt es glaublich vor, daß es sich so verhält.
Wann es uns Menschen nun viel leichter fällt, Die Züge des Gesichts zu zwingen, Als das starck wallende Geblüth, Und ein entzündetes Gemüth Zur Stille so gar schnell zu bringen; So deucht mich, wär es gut mit Ernst darauf zu dencken, Wann etwan unser Geist vor Zorn und Unmuth glüht, Die Muskeln im Gesicht zuerst zu recht zu lencken Und gleichsam mit Gewalt die Augen aufzuklären, Den Mund zu ziehn, zusammt den Augen-Branen. Dies wird zum Gleichgewicht gewisse Wege bahnen, Und der Affect wird nicht mehr lange währen.
Ge-
Bewaͤhrtes Mittel, Gemuͤths- Bewegungen zu ſtillen.
Zu leugnen iſt es nicht, Daß eine ſtarcke Leidenſchafft Die Muskeln im Geſicht Veraͤnder’ und bewege, Mithin ein’ and’re Min’ errege. Nun fragt ſichs, ob ſo lang’, als ſolche Stellung waͤhrt, Auch der Affect nicht wenigſtens beſteht, Und ob denn folglich auch, wenn man ſie anders kehrt; Die Leidenſchafft nicht eh’ vergeht? Mir kommt es glaublich vor, daß es ſich ſo verhaͤlt.
Wann es uns Menſchen nun viel leichter faͤllt, Die Zuͤge des Geſichts zu zwingen, Als das ſtarck wallende Gebluͤth, Und ein entzuͤndetes Gemuͤth Zur Stille ſo gar ſchnell zu bringen; So deucht mich, waͤr es gut mit Ernſt darauf zu dencken, Wann etwan unſer Geiſt vor Zorn und Unmuth gluͤht, Die Muskeln im Geſicht zuerſt zu recht zu lencken Und gleichſam mit Gewalt die Augen aufzuklaͤren, Den Mund zu ziehn, zuſammt den Augen-Branen. Dies wird zum Gleichgewicht gewiſſe Wege bahnen, Und der Affect wird nicht mehr lange waͤhren.
Ge-
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Bewaͤhrtes Mittel, Gemuͤths-
Bewegungen zu ſtillen.
Zu leugnen iſt es nicht,
Daß eine ſtarcke Leidenſchafft
Die Muskeln im Geſicht
Veraͤnder’ und bewege,
Mithin ein’ and’re Min’ errege.
Nun fragt ſichs, ob ſo lang’, als ſolche Stellung waͤhrt,
Auch der Affect nicht wenigſtens beſteht,
Und ob denn folglich auch, wenn man ſie anders kehrt;
Die Leidenſchafft nicht eh’ vergeht?
Mir kommt es glaublich vor, daß es ſich ſo verhaͤlt.
Wann es uns Menſchen nun viel leichter faͤllt,
Die Zuͤge des Geſichts zu zwingen,
Als das ſtarck wallende Gebluͤth,
Und ein entzuͤndetes Gemuͤth
Zur Stille ſo gar ſchnell zu bringen;
So deucht mich, waͤr es gut mit Ernſt darauf zu dencken,
Wann etwan unſer Geiſt vor Zorn und Unmuth gluͤht,
Die Muskeln im Geſicht zuerſt zu recht zu lencken
Und gleichſam mit Gewalt die Augen aufzuklaͤren,
Den Mund zu ziehn, zuſammt den Augen-Branen.
Dies wird zum Gleichgewicht gewiſſe Wege bahnen,
Und der Affect wird nicht mehr lange waͤhren.
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Brockes, Barthold Heinrich: Herrn B. H. Brockes, [...] verdeutschte Grund-Sätze der Welt-Weisheit, des Herrn Abts Genest. Bd. 3. 2. Aufl. Hamburg, 1730, S. 702. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen03_1730/732>, abgerufen am 21.12.2024.
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