Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brockes, Barthold Heinrich: Herrn B. H. Brockes, [...] verdeutschte Grund-Sätze der Welt-Weisheit, des Herrn Abts Genest. Bd. 3. 2. Aufl. Hamburg, 1730.

Bild:
<< vorherige Seite
Von Verein. u. Untersch. Seel. u. Cörpers.
Von der Vereinigung und dem Unter-
scheid der Seelen und des Cörpers.
Wohin werd' ich zuletzt mein kühnes Werck noch leiten?
Welch ein beglückter Glantz wird meinen Muht begleiten?
Zu zeigen, und den Grund des Wunderwercks zu finden,
Auf welche Weis' ein Seyn von daurender Natur,
Das sonder Leib, ohn Ort und ohn Figur
Doch fähig sey, sich zu verbinden
Mit Handlungen von cörperlichen Wesen,
Veränderlich und ungewiß;
Da, sag ich spürt der Witz die dickste Finsterniß.


Allein, wofern man auch vermeinet:
Es sey die Seele cörperlich,
Blos darum, weil sie sich
Mit einem Cörper fest vereinet,
Und weil man den Zusammenklang
Der so geheim, und den Zusammenhang
Der unbegreifflich ist, wodurch die Seele scheinet,
Ob sie gleich blos ein Geist, die Massa zu bewegen,
Und was für Bände sie verbinden
Nicht wissen, nicht geschickt seyn zu ergründen;
Dies sag ich ist, mit Epicurus wollen,
Daß wir den hellsten Glantz des Geists verdunckeln sollen.
Er
M m 2
Von Verein. u. Unterſch. Seel. u. Coͤrpers.
Von der Vereinigung und dem Unter-
ſcheid der Seelen und des Coͤrpers.
Wohin werd’ ich zuletzt mein kuͤhnes Werck noch leiten?
Welch ein begluͤckter Glantz wird meinen Muht begleiten?
Zu zeigen, und den Grund des Wunderwercks zu finden,
Auf welche Weiſ’ ein Seyn von daurender Natur,
Das ſonder Leib, ohn Ort und ohn Figur
Doch faͤhig ſey, ſich zu verbinden
Mit Handlungen von coͤrperlichen Weſen,
Veraͤnderlich und ungewiß;
Da, ſag ich ſpuͤrt der Witz die dickſte Finſterniß.


Allein, wofern man auch vermeinet:
Es ſey die Seele coͤrperlich,
Blos darum, weil ſie ſich
Mit einem Coͤrper feſt vereinet,
Und weil man den Zuſammenklang
Der ſo geheim, und den Zuſammenhang
Der unbegreifflich iſt, wodurch die Seele ſcheinet,
Ob ſie gleich blos ein Geiſt, die Maſſa zu bewegen,
Und was fuͤr Baͤnde ſie verbinden
Nicht wiſſen, nicht geſchickt ſeyn zu ergruͤnden;
Dies ſag ich iſt, mit Epicurus wollen,
Daß wir den hellſten Glantz des Geiſts verdunckeln ſollen.
Er
M m 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="1">
          <div n="2">
            <pb facs="#f0577" n="547"/>
            <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Von Verein. u. Unter&#x017F;ch. Seel. u. Co&#x0364;rpers.</hi> </fw><lb/>
            <div n="3">
              <head> <hi rendition="#b">Von der Vereinigung und dem Unter-<lb/>
&#x017F;cheid der Seelen und des Co&#x0364;rpers.</hi> </head><lb/>
              <lg type="poem">
                <l><hi rendition="#in">W</hi>ohin werd&#x2019; ich zuletzt mein ku&#x0364;hnes Werck noch leiten?</l><lb/>
                <l>Welch ein beglu&#x0364;ckter Glantz wird meinen Muht begleiten?</l><lb/>
                <l>Zu zeigen, und den Grund des Wunderwercks zu finden,</l><lb/>
                <l>Auf welche Wei&#x017F;&#x2019; ein Seyn von daurender Natur,</l><lb/>
                <l>Das &#x017F;onder Leib, ohn Ort und ohn Figur</l><lb/>
                <l>Doch fa&#x0364;hig &#x017F;ey, &#x017F;ich zu verbinden</l><lb/>
                <l>Mit Handlungen von co&#x0364;rperlichen We&#x017F;en,</l><lb/>
                <l>Vera&#x0364;nderlich und ungewiß;</l><lb/>
                <l>Da, &#x017F;ag ich &#x017F;pu&#x0364;rt der Witz die dick&#x017F;te Fin&#x017F;terniß.</l>
              </lg><lb/>
              <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
              <lg type="poem">
                <l><hi rendition="#in">A</hi>llein, wofern man auch vermeinet:</l><lb/>
                <l>Es &#x017F;ey die Seele co&#x0364;rperlich,</l><lb/>
                <l>Blos darum, weil &#x017F;ie &#x017F;ich</l><lb/>
                <l>Mit einem Co&#x0364;rper fe&#x017F;t vereinet,</l><lb/>
                <l>Und weil man den Zu&#x017F;ammenklang</l><lb/>
                <l>Der &#x017F;o geheim, und den Zu&#x017F;ammenhang</l><lb/>
                <l>Der unbegreifflich i&#x017F;t, wodurch die Seele &#x017F;cheinet,</l><lb/>
                <l>Ob &#x017F;ie gleich blos ein Gei&#x017F;t, die Ma&#x017F;&#x017F;a zu bewegen,</l><lb/>
                <l>Und was fu&#x0364;r Ba&#x0364;nde &#x017F;ie verbinden</l><lb/>
                <l>Nicht wi&#x017F;&#x017F;en, nicht ge&#x017F;chickt &#x017F;eyn zu ergru&#x0364;nden;</l><lb/>
                <l>Dies &#x017F;ag ich i&#x017F;t, mit Epicurus wollen,</l><lb/>
                <l>Daß wir den hell&#x017F;ten Glantz des Gei&#x017F;ts verdunckeln &#x017F;ollen.</l>
              </lg><lb/>
              <fw place="bottom" type="sig">M m 2</fw>
              <fw place="bottom" type="catch">Er</fw><lb/>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[547/0577] Von Verein. u. Unterſch. Seel. u. Coͤrpers. Von der Vereinigung und dem Unter- ſcheid der Seelen und des Coͤrpers. Wohin werd’ ich zuletzt mein kuͤhnes Werck noch leiten? Welch ein begluͤckter Glantz wird meinen Muht begleiten? Zu zeigen, und den Grund des Wunderwercks zu finden, Auf welche Weiſ’ ein Seyn von daurender Natur, Das ſonder Leib, ohn Ort und ohn Figur Doch faͤhig ſey, ſich zu verbinden Mit Handlungen von coͤrperlichen Weſen, Veraͤnderlich und ungewiß; Da, ſag ich ſpuͤrt der Witz die dickſte Finſterniß. Allein, wofern man auch vermeinet: Es ſey die Seele coͤrperlich, Blos darum, weil ſie ſich Mit einem Coͤrper feſt vereinet, Und weil man den Zuſammenklang Der ſo geheim, und den Zuſammenhang Der unbegreifflich iſt, wodurch die Seele ſcheinet, Ob ſie gleich blos ein Geiſt, die Maſſa zu bewegen, Und was fuͤr Baͤnde ſie verbinden Nicht wiſſen, nicht geſchickt ſeyn zu ergruͤnden; Dies ſag ich iſt, mit Epicurus wollen, Daß wir den hellſten Glantz des Geiſts verdunckeln ſollen. Er M m 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen03_1730
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen03_1730/577
Zitationshilfe: Brockes, Barthold Heinrich: Herrn B. H. Brockes, [...] verdeutschte Grund-Sätze der Welt-Weisheit, des Herrn Abts Genest. Bd. 3. 2. Aufl. Hamburg, 1730, S. 547. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen03_1730/577>, abgerufen am 21.11.2024.