Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brockes, Barthold Heinrich: Herrn B. H. Brockes, [...] verdeutschte Grund-Sätze der Welt-Weisheit, des Herrn Abts Genest. Bd. 3. 2. Aufl. Hamburg, 1730.

Bild:
<< vorherige Seite
Betrachtungen über die Jdeen.
Betrachtungen über die Jdeen.
Kan man ein heller Licht begehren,
Zu kennen unsern Geist? sein Vorrecht zu erklären?
Es zeiget jedes Ding, und unterstützt sein Recht.
Wir haben ja gesehn, daß selber, wenn er fehlet,
Erwegt man ihn allein,
Die Hoheit und die Würd' an ihm ausnehmend seyn:
Und daß nur er nach eignem Willen wehlet,
Daß er die Sinnen kan zum Guten treiben,
Und mächtig sey Gesetz denselben vorzuschreiben.


Jn allen Handlungen der Sinnen
Macht man den Unterscheid,
Von einer dunckelen Empfindlichkeit,
Durch welche man von ihnen wird gerühret,
Zu einem deutlichen Begriff, den man von innen,
Jn unsrer Seele selbst verspüret.
Ein jeder Vorwurff, den wir sehen,
Erreget und erweckt in uns Jdeen.
Allein,
Wofern man überleget,
Daß es der Geist allein, der sie erreget,
So müssen sie vom Leib wol unterschieden seyn.
Man hüte sich,
Daß man statt seiner nicht erwehle
Die Striche, welche cörperlich,
Aus welchen mit so vielen Bildern,
Die Vorwürff' im Gehirn sich schildern.
Denn
Betrachtungen uͤber die Jdeen.
Betrachtungen uͤber die Jdeen.
Kan man ein heller Licht begehren,
Zu kennen unſern Geiſt? ſein Vorrecht zu erklaͤren?
Es zeiget jedes Ding, und unterſtuͤtzt ſein Recht.
Wir haben ja geſehn, daß ſelber, wenn er fehlet,
Erwegt man ihn allein,
Die Hoheit und die Wuͤrd’ an ihm ausnehmend ſeyn:
Und daß nur er nach eignem Willen wehlet,
Daß er die Sinnen kan zum Guten treiben,
Und maͤchtig ſey Geſetz denſelben vorzuſchreiben.


Jn allen Handlungen der Sinnen
Macht man den Unterſcheid,
Von einer dunckelen Empfindlichkeit,
Durch welche man von ihnen wird geruͤhret,
Zu einem deutlichen Begriff, den man von innen,
Jn unſrer Seele ſelbſt verſpuͤret.
Ein jeder Vorwurff, den wir ſehen,
Erreget und erweckt in uns Jdeen.
Allein,
Wofern man uͤberleget,
Daß es der Geiſt allein, der ſie erreget,
So muͤſſen ſie vom Leib wol unterſchieden ſeyn.
Man huͤte ſich,
Daß man ſtatt ſeiner nicht erwehle
Die Striche, welche coͤrperlich,
Aus welchen mit ſo vielen Bildern,
Die Vorwuͤrff’ im Gehirn ſich ſchildern.
Denn
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="1">
          <div n="2">
            <pb facs="#f0555" n="525"/>
            <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Betrachtungen u&#x0364;ber die Jdeen.</hi> </fw><lb/>
            <div n="3">
              <head> <hi rendition="#b">Betrachtungen u&#x0364;ber die Jdeen.</hi> </head><lb/>
              <lg type="poem">
                <l><hi rendition="#in">K</hi>an man ein heller Licht begehren,</l><lb/>
                <l>Zu kennen un&#x017F;ern Gei&#x017F;t? &#x017F;ein Vorrecht zu erkla&#x0364;ren?</l><lb/>
                <l>Es zeiget jedes Ding, und unter&#x017F;tu&#x0364;tzt &#x017F;ein Recht.</l><lb/>
                <l>Wir haben ja ge&#x017F;ehn, daß &#x017F;elber, wenn er fehlet,</l><lb/>
                <l>Erwegt man ihn allein,</l><lb/>
                <l>Die Hoheit und die Wu&#x0364;rd&#x2019; an ihm ausnehmend &#x017F;eyn:</l><lb/>
                <l>Und daß nur er nach eignem Willen wehlet,</l><lb/>
                <l>Daß er die Sinnen kan zum Guten treiben,</l><lb/>
                <l>Und ma&#x0364;chtig &#x017F;ey Ge&#x017F;etz den&#x017F;elben vorzu&#x017F;chreiben.</l>
              </lg><lb/>
              <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
              <lg type="poem">
                <l><hi rendition="#in">J</hi>n allen Handlungen der Sinnen</l><lb/>
                <l>Macht man den Unter&#x017F;cheid,</l><lb/>
                <l>Von einer dunckelen Empfindlichkeit,</l><lb/>
                <l>Durch welche man von ihnen wird geru&#x0364;hret,</l><lb/>
                <l>Zu einem deutlichen Begriff, den man von innen,</l><lb/>
                <l>Jn un&#x017F;rer Seele &#x017F;elb&#x017F;t ver&#x017F;pu&#x0364;ret.</l><lb/>
                <l>Ein jeder Vorwurff, den wir &#x017F;ehen,</l><lb/>
                <l>Erreget und erweckt in uns Jdeen.</l><lb/>
                <l>Allein,</l><lb/>
                <l>Wofern man u&#x0364;berleget,</l><lb/>
                <l>Daß es der Gei&#x017F;t allein, der &#x017F;ie erreget,</l><lb/>
                <l>So mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ie vom Leib wol unter&#x017F;chieden &#x017F;eyn.</l><lb/>
                <l>Man hu&#x0364;te &#x017F;ich,</l><lb/>
                <l>Daß man &#x017F;tatt &#x017F;einer nicht erwehle</l><lb/>
                <l>Die Striche, welche co&#x0364;rperlich,</l><lb/>
                <l>Aus welchen mit &#x017F;o vielen Bildern,</l><lb/>
                <l>Die Vorwu&#x0364;rff&#x2019; im Gehirn &#x017F;ich &#x017F;childern.</l>
              </lg><lb/>
              <fw place="bottom" type="catch">Denn</fw><lb/>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[525/0555] Betrachtungen uͤber die Jdeen. Betrachtungen uͤber die Jdeen. Kan man ein heller Licht begehren, Zu kennen unſern Geiſt? ſein Vorrecht zu erklaͤren? Es zeiget jedes Ding, und unterſtuͤtzt ſein Recht. Wir haben ja geſehn, daß ſelber, wenn er fehlet, Erwegt man ihn allein, Die Hoheit und die Wuͤrd’ an ihm ausnehmend ſeyn: Und daß nur er nach eignem Willen wehlet, Daß er die Sinnen kan zum Guten treiben, Und maͤchtig ſey Geſetz denſelben vorzuſchreiben. Jn allen Handlungen der Sinnen Macht man den Unterſcheid, Von einer dunckelen Empfindlichkeit, Durch welche man von ihnen wird geruͤhret, Zu einem deutlichen Begriff, den man von innen, Jn unſrer Seele ſelbſt verſpuͤret. Ein jeder Vorwurff, den wir ſehen, Erreget und erweckt in uns Jdeen. Allein, Wofern man uͤberleget, Daß es der Geiſt allein, der ſie erreget, So muͤſſen ſie vom Leib wol unterſchieden ſeyn. Man huͤte ſich, Daß man ſtatt ſeiner nicht erwehle Die Striche, welche coͤrperlich, Aus welchen mit ſo vielen Bildern, Die Vorwuͤrff’ im Gehirn ſich ſchildern. Denn

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen03_1730
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen03_1730/555
Zitationshilfe: Brockes, Barthold Heinrich: Herrn B. H. Brockes, [...] verdeutschte Grund-Sätze der Welt-Weisheit, des Herrn Abts Genest. Bd. 3. 2. Aufl. Hamburg, 1730, S. 525. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen03_1730/555>, abgerufen am 21.12.2024.