Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brockes, Barthold Heinrich: Herrn B. H. Brockes, [...] verdeutschte Grund-Sätze der Welt-Weisheit, des Herrn Abts Genest. Bd. 3. 2. Aufl. Hamburg, 1730.

Bild:
<< vorherige Seite
Von den absonderlichen Bewegungen.
Von den absonderlichen Bewe-
gungen.
Die unterschiedne Macht
Von einer jeglichen Bewegung stammt allein
Von der Bewegung her, die allgemein.
Und ob es gleich gantz anders scheint zu seyn,
Jst es dennoch, wenn wir es überlegen,
Richts, als von einem Ort zum andern, ein Bewegen.
Kan unser Sinn nun gleich hievon nicht Nachricht kriegen:
So muß sich unser Geist doch nicht damit betrügen.


Noch bey der überall bemerckten Flüchtigkeit
Die solche Wunder wirckt, und solche Last bewegt,
Sieht man zu aller Zeit,
Jn unterschiednen Dingen,
So manche plötzliche Veränderung entspringen,
Durch kleine Federchen erregt,
Die nicht zu sehen sind. Man will es stets ergründen,
Und immer jedem Ding' ein eigne Ursach finden.
Man grübelt und man sucht so manchen Unterscheid,
An statt gefundner Deutlichkeit;
Erfüllt man alle Ding mit dunckler Eigenschafft.
Man höret anders nichts, als eine gährende,
Bald eine Sympathetische,
Bald eine zu sich ziehnde Krafft.
Die einige Bewegung muß allein
Durch eitle Nahmen nur so offt vervielfacht seyn.
Der
Q 4
Von den abſonderlichen Bewegungen.
Von den abſonderlichen Bewe-
gungen.
Die unterſchiedne Macht
Von einer jeglichen Bewegung ſtammt allein
Von der Bewegung her, die allgemein.
Und ob es gleich gantz anders ſcheint zu ſeyn,
Jſt es dennoch, wenn wir es uͤberlegen,
Richts, als von einem Ort zum andern, ein Bewegen.
Kan unſer Sinn nun gleich hievon nicht Nachricht kriegen:
So muß ſich unſer Geiſt doch nicht damit betruͤgen.


Noch bey der uͤberall bemerckten Fluͤchtigkeit
Die ſolche Wunder wirckt, und ſolche Laſt bewegt,
Sieht man zu aller Zeit,
Jn unterſchiednen Dingen,
So manche ploͤtzliche Veraͤnderung entſpringen,
Durch kleine Federchen erregt,
Die nicht zu ſehen ſind. Man will es ſtets ergruͤnden,
Und immer jedem Ding’ ein eigne Urſach finden.
Man gruͤbelt und man ſucht ſo manchen Unterſcheid,
An ſtatt gefundner Deutlichkeit;
Erfuͤllt man alle Ding mit dunckler Eigenſchafft.
Man hoͤret anders nichts, als eine gaͤhrende,
Bald eine Sympathetiſche,
Bald eine zu ſich ziehnde Krafft.
Die einige Bewegung muß allein
Durch eitle Nahmen nur ſo offt vervielfacht ſeyn.
Der
Q 4
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="1">
          <div n="2">
            <pb facs="#f0277" n="247"/>
            <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Von den ab&#x017F;onderlichen Bewegungen.</hi> </fw><lb/>
            <div n="3">
              <head> <hi rendition="#b">Von den ab&#x017F;onderlichen Bewe-<lb/>
gungen.</hi> </head><lb/>
              <lg type="poem">
                <l><hi rendition="#in">D</hi>ie unter&#x017F;chiedne Macht</l><lb/>
                <l>Von einer jeglichen Bewegung &#x017F;tammt allein</l><lb/>
                <l>Von der Bewegung her, die allgemein.</l><lb/>
                <l>Und ob es gleich gantz anders &#x017F;cheint zu &#x017F;eyn,</l><lb/>
                <l>J&#x017F;t es dennoch, wenn wir es u&#x0364;berlegen,</l><lb/>
                <l>Richts, als von einem Ort zum andern, ein Bewegen.</l><lb/>
                <l>Kan un&#x017F;er Sinn nun gleich hievon nicht Nachricht kriegen:</l><lb/>
                <l>So muß &#x017F;ich un&#x017F;er Gei&#x017F;t doch nicht damit betru&#x0364;gen.</l>
              </lg><lb/>
              <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
              <lg type="poem">
                <l><hi rendition="#in">N</hi>och bey der u&#x0364;berall bemerckten Flu&#x0364;chtigkeit</l><lb/>
                <l>Die &#x017F;olche Wunder wirckt, und &#x017F;olche La&#x017F;t bewegt,</l><lb/>
                <l>Sieht man zu aller Zeit,</l><lb/>
                <l>Jn unter&#x017F;chiednen Dingen,</l><lb/>
                <l>So manche plo&#x0364;tzliche Vera&#x0364;nderung ent&#x017F;pringen,</l><lb/>
                <l>Durch kleine Federchen erregt,</l><lb/>
                <l>Die nicht zu &#x017F;ehen &#x017F;ind. Man will es &#x017F;tets ergru&#x0364;nden,</l><lb/>
                <l>Und immer jedem Ding&#x2019; ein eigne Ur&#x017F;ach finden.</l><lb/>
                <l>Man gru&#x0364;belt und man &#x017F;ucht &#x017F;o manchen Unter&#x017F;cheid,</l><lb/>
                <l>An &#x017F;tatt gefundner Deutlichkeit;</l><lb/>
                <l>Erfu&#x0364;llt man alle Ding mit dunckler Eigen&#x017F;chafft.</l><lb/>
                <l>Man ho&#x0364;ret anders nichts, als eine ga&#x0364;hrende,</l><lb/>
                <l>Bald eine Sympatheti&#x017F;che,</l><lb/>
                <l>Bald eine zu &#x017F;ich ziehnde Krafft.</l><lb/>
                <l>Die einige Bewegung muß allein</l><lb/>
                <l>Durch eitle Nahmen nur &#x017F;o offt vervielfacht &#x017F;eyn.</l>
              </lg><lb/>
              <fw place="bottom" type="sig">Q 4</fw>
              <fw place="bottom" type="catch">Der</fw><lb/>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[247/0277] Von den abſonderlichen Bewegungen. Von den abſonderlichen Bewe- gungen. Die unterſchiedne Macht Von einer jeglichen Bewegung ſtammt allein Von der Bewegung her, die allgemein. Und ob es gleich gantz anders ſcheint zu ſeyn, Jſt es dennoch, wenn wir es uͤberlegen, Richts, als von einem Ort zum andern, ein Bewegen. Kan unſer Sinn nun gleich hievon nicht Nachricht kriegen: So muß ſich unſer Geiſt doch nicht damit betruͤgen. Noch bey der uͤberall bemerckten Fluͤchtigkeit Die ſolche Wunder wirckt, und ſolche Laſt bewegt, Sieht man zu aller Zeit, Jn unterſchiednen Dingen, So manche ploͤtzliche Veraͤnderung entſpringen, Durch kleine Federchen erregt, Die nicht zu ſehen ſind. Man will es ſtets ergruͤnden, Und immer jedem Ding’ ein eigne Urſach finden. Man gruͤbelt und man ſucht ſo manchen Unterſcheid, An ſtatt gefundner Deutlichkeit; Erfuͤllt man alle Ding mit dunckler Eigenſchafft. Man hoͤret anders nichts, als eine gaͤhrende, Bald eine Sympathetiſche, Bald eine zu ſich ziehnde Krafft. Die einige Bewegung muß allein Durch eitle Nahmen nur ſo offt vervielfacht ſeyn. Der Q 4

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen03_1730
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen03_1730/277
Zitationshilfe: Brockes, Barthold Heinrich: Herrn B. H. Brockes, [...] verdeutschte Grund-Sätze der Welt-Weisheit, des Herrn Abts Genest. Bd. 3. 2. Aufl. Hamburg, 1730, S. 247. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen03_1730/277>, abgerufen am 21.12.2024.