Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 2. Hamburg, 1727.Der Frosch. Jndem ich nun an diesem schönen Ort Beständig neue Wunder sehe; Erheb' ich mich von meinem Sitz', und gehe Mit sanften Schritten wieder fort, Worauf ich bald hernach Jn einem nah geleg'nen Bach Ein nicht unangenem Gewäsche Geschwätziger und froher Frösche Mit ungemeinen Freuden hör'te, Das, ob es gleich die Stille unterbrach, Mich dennoch nicht in meinem Denken stör'te. Jch dachte dem verwirreten Geschrey Ein wenig nach, Und fand, daß es nicht einerley, Wol aber sehr verschiedlich, sey. Der eine qvackt, viel hundert qvarren, Hier murret einer sanft, wenn dorten tausend knarren. Wreckeckeckecks schrey't der, dort einer, merk es, merk's. Merk's, schrieen ihrer viel'. Jch stutzte; rufest du, Sprach ich, o kleiner Frosch, dem Menschen: merk' es, zu? Gewißlich, du hast recht: man macht so wenig Werks Von aller Pracht und Schönheit, die die Welt Zumal im Frühling', in sich hält, Von allen göttlichen Geschöpf- und Wunderwerken; Daß wir nicht aufs Geschöpf, nicht auf den Schöpfer, merken; Daß
Der Froſch. Jndem ich nun an dieſem ſchoͤnen Ort Beſtaͤndig neue Wunder ſehe; Erheb’ ich mich von meinem Sitz’, und gehe Mit ſanften Schritten wieder fort, Worauf ich bald hernach Jn einem nah geleg’nen Bach Ein nicht unangenem Gewaͤſche Geſchwaͤtziger und froher Froͤſche Mit ungemeinen Freuden hoͤr’te, Das, ob es gleich die Stille unterbrach, Mich dennoch nicht in meinem Denken ſtoͤr’te. Jch dachte dem verwirreten Geſchrey Ein wenig nach, Und fand, daß es nicht einerley, Wol aber ſehr verſchiedlich, ſey. Der eine qvackt, viel hundert qvarren, Hier murret einer ſanft, wenn dorten tauſend knarren. Wreckeckeckecks ſchrey’t der, dort einer, merk es, merk’s. Merk’s, ſchrieen ihrer viel’. Jch ſtutzte; rufeſt du, Sprach ich, o kleiner Froſch, dem Menſchen: merk’ es, zu? Gewißlich, du haſt recht: man macht ſo wenig Werks Von aller Pracht und Schoͤnheit, die die Welt Zumal im Fruͤhling’, in ſich haͤlt, Von allen goͤttlichen Geſchoͤpf- und Wunderwerken; Daß wir nicht aufs Geſchoͤpf, nicht auf den Schoͤpfer, merken; Daß
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Der Froſch.
Jndem ich nun an dieſem ſchoͤnen Ort
Beſtaͤndig neue Wunder ſehe;
Erheb’ ich mich von meinem Sitz’, und gehe
Mit ſanften Schritten wieder fort,
Worauf ich bald hernach
Jn einem nah geleg’nen Bach
Ein nicht unangenem Gewaͤſche
Geſchwaͤtziger und froher Froͤſche
Mit ungemeinen Freuden hoͤr’te,
Das, ob es gleich die Stille unterbrach,
Mich dennoch nicht in meinem Denken ſtoͤr’te.
Jch dachte dem verwirreten Geſchrey
Ein wenig nach,
Und fand, daß es nicht einerley,
Wol aber ſehr verſchiedlich, ſey.
Der eine qvackt, viel hundert qvarren,
Hier murret einer ſanft, wenn dorten tauſend knarren.
Wreckeckeckecks ſchrey’t der, dort einer, merk es, merk’s.
Merk’s, ſchrieen ihrer viel’. Jch ſtutzte; rufeſt du,
Sprach ich, o kleiner Froſch, dem Menſchen: merk’ es, zu?
Gewißlich, du haſt recht: man macht ſo wenig Werks
Von aller Pracht und Schoͤnheit, die die Welt
Zumal im Fruͤhling’, in ſich haͤlt,
Von allen goͤttlichen Geſchoͤpf- und Wunderwerken;
Daß wir nicht aufs Geſchoͤpf, nicht auf den Schoͤpfer,
merken;
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