Wer etwas liebliches zu sehn verlanget, Der sehe mit Aufmerksamkeit, Wie zu gewisser Zeit Jn solcher zierlichen Vollkommenheit So manche kleine Schnee-Flock pranget.
Es ist warhaftig nicht zu gläuben, Noch minder zu beschreiben, Wie manche nett' und zierliche Figur Die spielende Natur Uns in gesror'nen Düften weiset, So daß ein' iegliche des Schöpfers Weisheit preiset. Jch hab' es mit Erstaunen oft gesehn. Bald sind sie, wie der klein'ste Sand, Bald wie ein kleiner Stern, woran die weissen Spitzen Jn solcher füssen Ordnung sitzen, Daß sie ein menschlicher Verstand So zart, so Regel-recht unmöglich bilden kann. Sechs Ecken sieht man insgemein daran, Die spitzig bald, bald rund, von denen auf das neue An einer jeglichen, in ordentlicher Reihe, Noch and're Spitzen, gleich den Zweigen, Sich mit Verwunderung den Augen zeigen. Ein halbes Sternchen stellt in ungemeiner Zier Ein nettes Bild von einer Crone für. Jch sahe jüngst von ungefehr
Viel
Der Schnee.
Wer etwas liebliches zu ſehn verlanget, Der ſehe mit Aufmerkſamkeit, Wie zu gewiſſer Zeit Jn ſolcher zierlichen Vollkommenheit So manche kleine Schnee-Flock pranget.
Es iſt warhaftig nicht zu glaͤuben, Noch minder zu beſchreiben, Wie manche nett’ und zierliche Figur Die ſpielende Natur Uns in geſror’nen Duͤften weiſet, So daß ein’ iegliche des Schoͤpfers Weiſheit preiſet. Jch hab’ es mit Erſtaunen oft geſehn. Bald ſind ſie, wie der klein’ſte Sand, Bald wie ein kleiner Stern, woran die weiſſen Spitzen Jn ſolcher fuͤſſen Ordnung ſitzen, Daß ſie ein menſchlicher Verſtand So zart, ſo Regel-recht unmoͤglich bilden kann. Sechs Ecken ſieht man insgemein daran, Die ſpitzig bald, bald rund, von denen auf das neue An einer jeglichen, in ordentlicher Reihe, Noch and’re Spitzen, gleich den Zweigen, Sich mit Verwunderung den Augen zeigen. Ein halbes Sternchen ſtellt in ungemeiner Zier Ein nettes Bild von einer Crone fuͤr. Jch ſahe juͤngſt von ungefehr
Viel
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[411/0447]
Der Schnee.
Wer etwas liebliches zu ſehn verlanget,
Der ſehe mit Aufmerkſamkeit,
Wie zu gewiſſer Zeit
Jn ſolcher zierlichen Vollkommenheit
So manche kleine Schnee-Flock pranget.
Es iſt warhaftig nicht zu glaͤuben,
Noch minder zu beſchreiben,
Wie manche nett’ und zierliche Figur
Die ſpielende Natur
Uns in geſror’nen Duͤften weiſet,
So daß ein’ iegliche des Schoͤpfers Weiſheit preiſet.
Jch hab’ es mit Erſtaunen oft geſehn.
Bald ſind ſie, wie der klein’ſte Sand,
Bald wie ein kleiner Stern, woran die weiſſen Spitzen
Jn ſolcher fuͤſſen Ordnung ſitzen,
Daß ſie ein menſchlicher Verſtand
So zart, ſo Regel-recht unmoͤglich bilden kann.
Sechs Ecken ſieht man insgemein daran,
Die ſpitzig bald, bald rund, von denen auf das neue
An einer jeglichen, in ordentlicher Reihe,
Noch and’re Spitzen, gleich den Zweigen,
Sich mit Verwunderung den Augen zeigen.
Ein halbes Sternchen ſtellt in ungemeiner Zier
Ein nettes Bild von einer Crone fuͤr.
Jch ſahe juͤngſt von ungefehr
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Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 2. Hamburg, 1727, S. 411. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen02_1727/447>, abgerufen am 22.02.2025.
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