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Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 2. Hamburg, 1727.

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Die Malva.
Des Himmels kalter Scorpion,
Ein Feind von schön belaubten Zweigen,
Fing seinen scharfen Stachel schon
So Bluhm-als Bäumen an zu zeigen.
Er stach die gelb-gefärbten Blätter
Von ihrem vorigen beliebten Sitz' herab,
Und senkte sie ins finst're Grab;
Als ich, bey aufgeklär'tem Wetter,
Derselben bunten Rest besah:
Es waren mir durch ihr betrübtes Scheiden
Fast selbst die Thränen nah.
Denn, dacht' ich, alle Pracht und Schein
Wird bald verwelkt, verschrumpft, entfärbt, verfaulet seyn.
Jndem ich so voll Schwermut dachte;
Sah ich von ungefehr
Des külen Herbstes Ehr'
Jn Blättern, die noch frisch und grün,
Die schöne Malva, lieblich blühn.
Mir ward, als ob ich recht aus tiefem Schlaf' erwachte,
Wie sie mir auf dem hohen Stiel
Noch Rosen-gleiche Bluhmen zeigte,
Wodurch sie mir um so vielmehr gefiel;
Weil mir ihr prächtiges und frisches glänzen
Nicht den vergang'nen nur, nein auch den künft'gen Lenzen
So noch, als schon, zugleich vor Augen stellte.
Die Pracht verbindet mich, geliebte Bluhme,

Dem
Die Malva.
Des Himmels kalter Scorpion,
Ein Feind von ſchoͤn belaubten Zweigen,
Fing ſeinen ſcharfen Stachel ſchon
So Bluhm-als Baͤumen an zu zeigen.
Er ſtach die gelb-gefaͤrbten Blaͤtter
Von ihrem vorigen beliebten Sitz’ herab,
Und ſenkte ſie ins finſt’re Grab;
Als ich, bey aufgeklaͤr’tem Wetter,
Derſelben bunten Reſt beſah:
Es waren mir durch ihr betruͤbtes Scheiden
Faſt ſelbſt die Thraͤnen nah.
Denn, dacht’ ich, alle Pracht und Schein
Wird bald verwelkt, verſchrumpft, entfaͤrbt, verfaulet ſeyn.
Jndem ich ſo voll Schwermut dachte;
Sah ich von ungefehr
Des kuͤlen Herbſtes Ehr’
Jn Blaͤttern, die noch friſch und gruͤn,
Die ſchoͤne Malva, lieblich bluͤhn.
Mir ward, als ob ich recht aus tiefem Schlaf’ erwachte,
Wie ſie mir auf dem hohen Stiel
Noch Roſen-gleiche Bluhmen zeigte,
Wodurch ſie mir um ſo vielmehr gefiel;
Weil mir ihr praͤchtiges und friſches glaͤnzen
Nicht den vergang’nen nur, nein auch den kuͤnft’gen Lenzen
So noch, als ſchon, zugleich vor Augen ſtellte.
Die Pracht verbindet mich, geliebte Bluhme,

Dem
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[368/0404] Die Malva. Des Himmels kalter Scorpion, Ein Feind von ſchoͤn belaubten Zweigen, Fing ſeinen ſcharfen Stachel ſchon So Bluhm-als Baͤumen an zu zeigen. Er ſtach die gelb-gefaͤrbten Blaͤtter Von ihrem vorigen beliebten Sitz’ herab, Und ſenkte ſie ins finſt’re Grab; Als ich, bey aufgeklaͤr’tem Wetter, Derſelben bunten Reſt beſah: Es waren mir durch ihr betruͤbtes Scheiden Faſt ſelbſt die Thraͤnen nah. Denn, dacht’ ich, alle Pracht und Schein Wird bald verwelkt, verſchrumpft, entfaͤrbt, verfaulet ſeyn. Jndem ich ſo voll Schwermut dachte; Sah ich von ungefehr Des kuͤlen Herbſtes Ehr’ Jn Blaͤttern, die noch friſch und gruͤn, Die ſchoͤne Malva, lieblich bluͤhn. Mir ward, als ob ich recht aus tiefem Schlaf’ erwachte, Wie ſie mir auf dem hohen Stiel Noch Roſen-gleiche Bluhmen zeigte, Wodurch ſie mir um ſo vielmehr gefiel; Weil mir ihr praͤchtiges und friſches glaͤnzen Nicht den vergang’nen nur, nein auch den kuͤnft’gen Lenzen So noch, als ſchon, zugleich vor Augen ſtellte. Die Pracht verbindet mich, geliebte Bluhme, Dem

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Zitationshilfe: Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 2. Hamburg, 1727, S. 368. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen02_1727/404>, abgerufen am 21.11.2024.