Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 2. Hamburg, 1727.Die Heide. Es zeigt so gar die dürre Heide, Wenn man sie recht genau betracht't, Des grossen Schöpfers Wunder-Macht. Wenn wir sie obenhin besehn, So scheint sie traurig, schwarz, verdorrt und schlecht; Allein betrachtet man sie recht, So ist auch sie nicht minder schön, Und sieht man wunderbar in ihr Der Farben Pracht, der Bildung Zier Fast unverbesserlich verbunden. Jch habe dieses wahr befunden. Denn als ich jüngst, mich etwas zu vertreten, Mich auf das Feld begab; befand ich alsobald, Daß in des Heide-Kraut's so zierlicher Gestalt, Nicht weniger als sonst, der Schöpfer anzubeten. Jch setzte mich, und rupfte manchen Strauß, Sie besser zu besehen, aus. Mein GOtt! wie viel, wie mancherley Veränd'rung, Schmuck und Zierlichkeiten Fand ich in diesem Kraut, das doch von weiten Nicht anders lässt, als ob's nur braun gefärbet sey. Jch ward zugleich, wie schön, wie wunderbar, Wie mannigfalt die Bildung sey, gewahr. Die grösten Bäume trifft man hier Jn solcher Schön- und süssen Kleinheit an, Daß
Die Heide. Es zeigt ſo gar die duͤrre Heide, Wenn man ſie recht genau betracht’t, Des groſſen Schoͤpfers Wunder-Macht. Wenn wir ſie obenhin beſehn, So ſcheint ſie traurig, ſchwarz, verdorrt und ſchlecht; Allein betrachtet man ſie recht, So iſt auch ſie nicht minder ſchoͤn, Und ſieht man wunderbar in ihr Der Farben Pracht, der Bildung Zier Faſt unverbeſſerlich verbunden. Jch habe dieſes wahr befunden. Denn als ich juͤngſt, mich etwas zu vertreten, Mich auf das Feld begab; befand ich alſobald, Daß in des Heide-Kraut’s ſo zierlicher Geſtalt, Nicht weniger als ſonſt, der Schoͤpfer anzubeten. Jch ſetzte mich, und rupfte manchen Strauß, Sie beſſer zu beſehen, aus. Mein GOtt! wie viel, wie mancherley Veraͤnd’rung, Schmuck und Zierlichkeiten Fand ich in dieſem Kraut, das doch von weiten Nicht anders laͤſſt, als ob’s nur braun gefaͤrbet ſey. Jch ward zugleich, wie ſchoͤn, wie wunderbar, Wie mannigfalt die Bildung ſey, gewahr. Die groͤſten Baͤume trifft man hier Jn ſolcher Schoͤn- und ſuͤſſen Kleinheit an, Daß
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Die Heide.
Es zeigt ſo gar die duͤrre Heide,
Wenn man ſie recht genau betracht’t,
Des groſſen Schoͤpfers Wunder-Macht.
Wenn wir ſie obenhin beſehn,
So ſcheint ſie traurig, ſchwarz, verdorrt und ſchlecht;
Allein betrachtet man ſie recht,
So iſt auch ſie nicht minder ſchoͤn,
Und ſieht man wunderbar in ihr
Der Farben Pracht, der Bildung Zier
Faſt unverbeſſerlich verbunden.
Jch habe dieſes wahr befunden.
Denn als ich juͤngſt, mich etwas zu vertreten,
Mich auf das Feld begab; befand ich alſobald,
Daß in des Heide-Kraut’s ſo zierlicher Geſtalt,
Nicht weniger als ſonſt, der Schoͤpfer anzubeten.
Jch ſetzte mich, und rupfte manchen Strauß,
Sie beſſer zu beſehen, aus.
Mein GOtt! wie viel, wie mancherley
Veraͤnd’rung, Schmuck und Zierlichkeiten
Fand ich in dieſem Kraut, das doch von weiten
Nicht anders laͤſſt, als ob’s nur braun gefaͤrbet ſey.
Jch ward zugleich, wie ſchoͤn, wie wunderbar,
Wie mannigfalt die Bildung ſey, gewahr.
Die groͤſten Baͤume trifft man hier
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