wissen wir nur so viel, daß sie in den Süßwassern der heißen Striche Amerikas, Afrikas und Ostindiens leben, und daß sie während der heißen Jahreszeit im trockenen Schlamme die Rück- kunft der Regenzeit abwarten müssen. Eine Anzahl Jndividuen, welche der bekannte französische Naturforscher d'Orbigny zu Buenos Ayres in Kisten verpackte, waren nach 8 und selbst nach 13 Monaten noch am Leben. Jm Hintergrunde der sich auf der rechten Seite nach außen öffnen- den Kiemenhöhle liegt eine Reihe blattförmiger Kiemenblätter, und in der Decke der Kiemenhöhle sindet sich eine große Oeffnung, welche in eine andere Höhle führt von gleicher Ausdehnung, als die unter ihr gelegene. Sie kann abgeschlossen werden und dient als Lunge.
Zweite Ordnung. Vorderkiemer (Prosobranchia).
Fast alle in dem Meere lebende Schnecken, welche mit einem Gehäuse von festerer Beschaffen- heit versehen sind, bilden diese stärkste Abtheilung, die in Anbetracht ihres ungeheuren Ver- breitungsgebietes, der Nahrung und Lebensweise sowie der Verwendung eine ihrer Anzahl ent- sprechende Manchfaltigkeit zeigt. Auch ihnen gewann das Alterthum kein anderes Jnteresse ab, als wo der Luxus und die Tafelfreuden im Spiele waren, oder wo sich an einzelne Arten fabel- hafte, oft sehr abgeschmackte Erzählungen knüpften. Das ganze Mittelalter hindurch war es nicht viel anders. Erst als der Seeweg nach Jndien, nach den Gewürzinseln und ihren Herrlichkeiten eröffnet war und einzelne Naturfreunde als Aerzte und Beamte die langen Jahre des Heimwehs in der neuen reichen Natur zu mildern trachten mußten, wandten sie sich vorzugsweise dem bunten Schmuck der Weichthiergehäuse zu, die Sammlungen und Raritätenkammern füllten sich, und zahlreiche Beschreibungen der Schalen und werthvolle Notizen über Lebensweise und Verwendung ihrer Träger wurden nach und nach ein Gemeingut der gebildeten Welt. Den Schneckenliebhabern in Europa, namentlich in Holland kam es allerdings nur auf den Glanz und die Farbe der Schale an, und Rumph beklagt sich in seinem amboinischen Raritätencabinet, daß seine Lands- leute glaubten, daß sie bereits so glänzend und schön am Strande gefunden oder aus der See herausgefischt würden. Jn 28 Jahren mühsamen Sammelns habe er nur 360 Arten aus der Umgebung von Amboina zusammengebracht. Das Suchen am klippigen Strand, sagt er, ist eben so verdrießlich, und hat ebenso viele Plage, als wenn man am flachen sandigen Strande sucht. Denn was die Sandgestade betrifft, so hat man beständig den großen Seemörder oder Kaiman zu fürchten, auch sich recht sehr vor morastigen Gruben zu hüten, damit man nicht etwa auf die scharfen Stachel der Seeäpfel oder auf den giftigen Fisch Jcan Swangi trete. Am Klipppenstrand sei man zwar vor dem Kaiman sicher, allein da beschädige man sich wieder die Füße an den Korallen und See-Jgeln.
Dieß und anderes Ungemach und wie viel Mühe die Reinigung und das Poliren der Gehäuse mache, stellt er seinen in Holland behaglich sitzenden "Correspondenten" vor. Aber kurz, wir sehen wie die Schneckengehäuskunde oder Conchyliologie, vorzugsweise an diese Ordnung anknüpfend, seit dem letzten Drittel des 17. Jahrhunderts von zahlreichen, meist dilettantischen Naturliebhabern gepflegt wurde und wegen der Handlichkeit und Unzerstörbarkeit des Materials weit früher eine gewisse Ausbildung erlangte, als die Jnsektenkunde, sofern man darunter mehr die Artkenntniß und nicht die Anatomie versteht. Denn über Jnsektenanatomie haben wir schon aus dem 17. Jahrhundert vorzügliche Leistungen.
Vorderkiemer.
wiſſen wir nur ſo viel, daß ſie in den Süßwaſſern der heißen Striche Amerikas, Afrikas und Oſtindiens leben, und daß ſie während der heißen Jahreszeit im trockenen Schlamme die Rück- kunft der Regenzeit abwarten müſſen. Eine Anzahl Jndividuen, welche der bekannte franzöſiſche Naturforſcher d’Orbigny zu Buenos Ayres in Kiſten verpackte, waren nach 8 und ſelbſt nach 13 Monaten noch am Leben. Jm Hintergrunde der ſich auf der rechten Seite nach außen öffnen- den Kiemenhöhle liegt eine Reihe blattförmiger Kiemenblätter, und in der Decke der Kiemenhöhle ſindet ſich eine große Oeffnung, welche in eine andere Höhle führt von gleicher Ausdehnung, als die unter ihr gelegene. Sie kann abgeſchloſſen werden und dient als Lunge.
Zweite Ordnung. Vorderkiemer (Prosobranchia).
Faſt alle in dem Meere lebende Schnecken, welche mit einem Gehäuſe von feſterer Beſchaffen- heit verſehen ſind, bilden dieſe ſtärkſte Abtheilung, die in Anbetracht ihres ungeheuren Ver- breitungsgebietes, der Nahrung und Lebensweiſe ſowie der Verwendung eine ihrer Anzahl ent- ſprechende Manchfaltigkeit zeigt. Auch ihnen gewann das Alterthum kein anderes Jntereſſe ab, als wo der Luxus und die Tafelfreuden im Spiele waren, oder wo ſich an einzelne Arten fabel- hafte, oft ſehr abgeſchmackte Erzählungen knüpften. Das ganze Mittelalter hindurch war es nicht viel anders. Erſt als der Seeweg nach Jndien, nach den Gewürzinſeln und ihren Herrlichkeiten eröffnet war und einzelne Naturfreunde als Aerzte und Beamte die langen Jahre des Heimwehs in der neuen reichen Natur zu mildern trachten mußten, wandten ſie ſich vorzugsweiſe dem bunten Schmuck der Weichthiergehäuſe zu, die Sammlungen und Raritätenkammern füllten ſich, und zahlreiche Beſchreibungen der Schalen und werthvolle Notizen über Lebensweiſe und Verwendung ihrer Träger wurden nach und nach ein Gemeingut der gebildeten Welt. Den Schneckenliebhabern in Europa, namentlich in Holland kam es allerdings nur auf den Glanz und die Farbe der Schale an, und Rumph beklagt ſich in ſeinem amboiniſchen Raritätencabinet, daß ſeine Lands- leute glaubten, daß ſie bereits ſo glänzend und ſchön am Strande gefunden oder aus der See herausgefiſcht würden. Jn 28 Jahren mühſamen Sammelns habe er nur 360 Arten aus der Umgebung von Amboina zuſammengebracht. Das Suchen am klippigen Strand, ſagt er, iſt eben ſo verdrießlich, und hat ebenſo viele Plage, als wenn man am flachen ſandigen Strande ſucht. Denn was die Sandgeſtade betrifft, ſo hat man beſtändig den großen Seemörder oder Kaiman zu fürchten, auch ſich recht ſehr vor moraſtigen Gruben zu hüten, damit man nicht etwa auf die ſcharfen Stachel der Seeäpfel oder auf den giftigen Fiſch Jcan Swangi trete. Am Klipppenſtrand ſei man zwar vor dem Kaiman ſicher, allein da beſchädige man ſich wieder die Füße an den Korallen und See-Jgeln.
Dieß und anderes Ungemach und wie viel Mühe die Reinigung und das Poliren der Gehäuſe mache, ſtellt er ſeinen in Holland behaglich ſitzenden „Correſpondenten“ vor. Aber kurz, wir ſehen wie die Schneckengehäuskunde oder Conchyliologie, vorzugsweiſe an dieſe Ordnung anknüpfend, ſeit dem letzten Drittel des 17. Jahrhunderts von zahlreichen, meiſt dilettantiſchen Naturliebhabern gepflegt wurde und wegen der Handlichkeit und Unzerſtörbarkeit des Materials weit früher eine gewiſſe Ausbildung erlangte, als die Jnſektenkunde, ſofern man darunter mehr die Artkenntniß und nicht die Anatomie verſteht. Denn über Jnſektenanatomie haben wir ſchon aus dem 17. Jahrhundert vorzügliche Leiſtungen.
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[814/0862]
Vorderkiemer.
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Oſtindiens leben, und daß ſie während der heißen Jahreszeit im trockenen Schlamme die Rück-
kunft der Regenzeit abwarten müſſen. Eine Anzahl Jndividuen, welche der bekannte franzöſiſche
Naturforſcher d’Orbigny zu Buenos Ayres in Kiſten verpackte, waren nach 8 und ſelbſt nach
13 Monaten noch am Leben. Jm Hintergrunde der ſich auf der rechten Seite nach außen öffnen-
den Kiemenhöhle liegt eine Reihe blattförmiger Kiemenblätter, und in der Decke der Kiemenhöhle
ſindet ſich eine große Oeffnung, welche in eine andere Höhle führt von gleicher Ausdehnung, als
die unter ihr gelegene. Sie kann abgeſchloſſen werden und dient als Lunge.
Zweite Ordnung.
Vorderkiemer (Prosobranchia).
Faſt alle in dem Meere lebende Schnecken, welche mit einem Gehäuſe von feſterer Beſchaffen-
heit verſehen ſind, bilden dieſe ſtärkſte Abtheilung, die in Anbetracht ihres ungeheuren Ver-
breitungsgebietes, der Nahrung und Lebensweiſe ſowie der Verwendung eine ihrer Anzahl ent-
ſprechende Manchfaltigkeit zeigt. Auch ihnen gewann das Alterthum kein anderes Jntereſſe ab,
als wo der Luxus und die Tafelfreuden im Spiele waren, oder wo ſich an einzelne Arten fabel-
hafte, oft ſehr abgeſchmackte Erzählungen knüpften. Das ganze Mittelalter hindurch war es nicht
viel anders. Erſt als der Seeweg nach Jndien, nach den Gewürzinſeln und ihren Herrlichkeiten
eröffnet war und einzelne Naturfreunde als Aerzte und Beamte die langen Jahre des Heimwehs
in der neuen reichen Natur zu mildern trachten mußten, wandten ſie ſich vorzugsweiſe dem bunten
Schmuck der Weichthiergehäuſe zu, die Sammlungen und Raritätenkammern füllten ſich, und
zahlreiche Beſchreibungen der Schalen und werthvolle Notizen über Lebensweiſe und Verwendung
ihrer Träger wurden nach und nach ein Gemeingut der gebildeten Welt. Den Schneckenliebhabern
in Europa, namentlich in Holland kam es allerdings nur auf den Glanz und die Farbe der
Schale an, und Rumph beklagt ſich in ſeinem amboiniſchen Raritätencabinet, daß ſeine Lands-
leute glaubten, daß ſie bereits ſo glänzend und ſchön am Strande gefunden oder aus der
See herausgefiſcht würden. Jn 28 Jahren mühſamen Sammelns habe er nur 360 Arten
aus der Umgebung von Amboina zuſammengebracht. Das Suchen am klippigen Strand,
ſagt er, iſt eben ſo verdrießlich, und hat ebenſo viele Plage, als wenn man am flachen
ſandigen Strande ſucht. Denn was die Sandgeſtade betrifft, ſo hat man beſtändig den großen
Seemörder oder Kaiman zu fürchten, auch ſich recht ſehr vor moraſtigen Gruben zu hüten, damit
man nicht etwa auf die ſcharfen Stachel der Seeäpfel oder auf den giftigen Fiſch Jcan Swangi
trete. Am Klipppenſtrand ſei man zwar vor dem Kaiman ſicher, allein da beſchädige man ſich
wieder die Füße an den Korallen und See-Jgeln.
Dieß und anderes Ungemach und wie viel Mühe die Reinigung und das Poliren der
Gehäuſe mache, ſtellt er ſeinen in Holland behaglich ſitzenden „Correſpondenten“ vor. Aber kurz,
wir ſehen wie die Schneckengehäuskunde oder Conchyliologie, vorzugsweiſe an dieſe Ordnung
anknüpfend, ſeit dem letzten Drittel des 17. Jahrhunderts von zahlreichen, meiſt dilettantiſchen
Naturliebhabern gepflegt wurde und wegen der Handlichkeit und Unzerſtörbarkeit des Materials
weit früher eine gewiſſe Ausbildung erlangte, als die Jnſektenkunde, ſofern man darunter mehr
die Artkenntniß und nicht die Anatomie verſteht. Denn über Jnſektenanatomie haben wir ſchon
aus dem 17. Jahrhundert vorzügliche Leiſtungen.
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 6. Hildburghausen, 1869, S. 814. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben06_1869/862>, abgerufen am 19.11.2024.
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