Schwieriger noch als unter den Vögeln lassen sich unter den Fischen bestimmte größere Gruppen abgrenzen und übersichtlich beschreiben. Ohne innerliche Untersuchung ist es beispielsweise gar nicht möglich, einen Knochenfisch mit Sicherheit von einem Schmelzschupper oder Knorpelfische zu unter- scheiden; innerliche Untersuchung dagegen lehrt, daß alle Fische, welche wir zu unserer zweiten Reihe oder der zweiten Unterklasse im Sinne Johannes Müller's rechnen, ein knöchernes Geripp mit ausgebildetem Schädel und vollkommener Wirbelbildung, an der Spitze freie, von einem Kiemen- deckel bedeckte Kiemenblätter, zwei Klappen am Grunde des muskeligen Arterienstiels und kreuzweise über einandergehende Sehnerven haben. Aeußerlich zeigen die Knochenfische eine so verschiedenartige Gestalt und so vielfach abweichende Bildung der einzelnen Theile, daß man auf eine allgemeine Schilderung vollständig verzichten muß; nicht einmal die Beschuppung, welche noch am ersten einen Anhalt geben könnte, bleibt sich gleich.
Die Knochenfische sind für uns die wichtigsten Mitglieder der ganzen Klasse. Zu ihnen zählt weitaus der größte Theil aller Fische überhaupt und somit auch unserer Flußfische; zu ihnen gehören die, welche wir verfolgen und schützen oder doch wenigstens züchten, weil sie uns zur Nahrung dienen.
Zweite Ordnung. Die Stachelflosser (Acanthopteri).
Unter allen zweifellosen Fischen sehen wir die Stachelflosser als die vollkommensten an, weil sie außer den angegebenen innerlichen Merkmalen der Reihe auch die regelmäßigste, d. h. von dem allgemeinen Gepräge am Wenigsten abweichende Gestalt und Gliederung zeigen und nur ausnahms- weise über diese Ebenmäßigkeit hinausgehen. Sie sind mittelgroß, selten länger als 6 Fuß, meist kleiner, stets mit Schuppen bekleidet und gewöhnlich lebhaft gefärbt, ihre Kiemen kammförmig, die unteren Schlundknochen getrennt, die vorderen Strahlen der Rückenflosse oder da, wo deren zwei vorhanden, die der ersten ungegliedert, zuweilen frei, stachelartig, die Brustflossen in der Regel vor
Zweite Reihe. Knochenfiſche (Teleostei).
Schwieriger noch als unter den Vögeln laſſen ſich unter den Fiſchen beſtimmte größere Gruppen abgrenzen und überſichtlich beſchreiben. Ohne innerliche Unterſuchung iſt es beiſpielsweiſe gar nicht möglich, einen Knochenfiſch mit Sicherheit von einem Schmelzſchupper oder Knorpelfiſche zu unter- ſcheiden; innerliche Unterſuchung dagegen lehrt, daß alle Fiſche, welche wir zu unſerer zweiten Reihe oder der zweiten Unterklaſſe im Sinne Johannes Müller’s rechnen, ein knöchernes Geripp mit ausgebildetem Schädel und vollkommener Wirbelbildung, an der Spitze freie, von einem Kiemen- deckel bedeckte Kiemenblätter, zwei Klappen am Grunde des muskeligen Arterienſtiels und kreuzweiſe über einandergehende Sehnerven haben. Aeußerlich zeigen die Knochenfiſche eine ſo verſchiedenartige Geſtalt und ſo vielfach abweichende Bildung der einzelnen Theile, daß man auf eine allgemeine Schilderung vollſtändig verzichten muß; nicht einmal die Beſchuppung, welche noch am erſten einen Anhalt geben könnte, bleibt ſich gleich.
Die Knochenfiſche ſind für uns die wichtigſten Mitglieder der ganzen Klaſſe. Zu ihnen zählt weitaus der größte Theil aller Fiſche überhaupt und ſomit auch unſerer Flußfiſche; zu ihnen gehören die, welche wir verfolgen und ſchützen oder doch wenigſtens züchten, weil ſie uns zur Nahrung dienen.
Zweite Ordnung. Die Stachelfloſſer (Acanthopteri).
Unter allen zweifelloſen Fiſchen ſehen wir die Stachelfloſſer als die vollkommenſten an, weil ſie außer den angegebenen innerlichen Merkmalen der Reihe auch die regelmäßigſte, d. h. von dem allgemeinen Gepräge am Wenigſten abweichende Geſtalt und Gliederung zeigen und nur ausnahms- weiſe über dieſe Ebenmäßigkeit hinausgehen. Sie ſind mittelgroß, ſelten länger als 6 Fuß, meiſt kleiner, ſtets mit Schuppen bekleidet und gewöhnlich lebhaft gefärbt, ihre Kiemen kammförmig, die unteren Schlundknochen getrennt, die vorderen Strahlen der Rückenfloſſe oder da, wo deren zwei vorhanden, die der erſten ungegliedert, zuweilen frei, ſtachelartig, die Bruſtfloſſen in der Regel vor
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Zweite Reihe.
Knochenfiſche (Teleostei).
Schwieriger noch als unter den Vögeln laſſen ſich unter den Fiſchen beſtimmte größere Gruppen
abgrenzen und überſichtlich beſchreiben. Ohne innerliche Unterſuchung iſt es beiſpielsweiſe gar nicht
möglich, einen Knochenfiſch mit Sicherheit von einem Schmelzſchupper oder Knorpelfiſche zu unter-
ſcheiden; innerliche Unterſuchung dagegen lehrt, daß alle Fiſche, welche wir zu unſerer zweiten Reihe
oder der zweiten Unterklaſſe im Sinne Johannes Müller’s rechnen, ein knöchernes Geripp mit
ausgebildetem Schädel und vollkommener Wirbelbildung, an der Spitze freie, von einem Kiemen-
deckel bedeckte Kiemenblätter, zwei Klappen am Grunde des muskeligen Arterienſtiels und kreuzweiſe
über einandergehende Sehnerven haben. Aeußerlich zeigen die Knochenfiſche eine ſo verſchiedenartige
Geſtalt und ſo vielfach abweichende Bildung der einzelnen Theile, daß man auf eine allgemeine
Schilderung vollſtändig verzichten muß; nicht einmal die Beſchuppung, welche noch am erſten einen
Anhalt geben könnte, bleibt ſich gleich.
Die Knochenfiſche ſind für uns die wichtigſten Mitglieder der ganzen Klaſſe. Zu ihnen zählt
weitaus der größte Theil aller Fiſche überhaupt und ſomit auch unſerer Flußfiſche; zu ihnen gehören
die, welche wir verfolgen und ſchützen oder doch wenigſtens züchten, weil ſie uns zur Nahrung dienen.
Zweite Ordnung.
Die Stachelfloſſer (Acanthopteri).
Unter allen zweifelloſen Fiſchen ſehen wir die Stachelfloſſer als die vollkommenſten an, weil
ſie außer den angegebenen innerlichen Merkmalen der Reihe auch die regelmäßigſte, d. h. von dem
allgemeinen Gepräge am Wenigſten abweichende Geſtalt und Gliederung zeigen und nur ausnahms-
weiſe über dieſe Ebenmäßigkeit hinausgehen. Sie ſind mittelgroß, ſelten länger als 6 Fuß, meiſt
kleiner, ſtets mit Schuppen bekleidet und gewöhnlich lebhaft gefärbt, ihre Kiemen kammförmig,
die unteren Schlundknochen getrennt, die vorderen Strahlen der Rückenfloſſe oder da, wo deren zwei
vorhanden, die der erſten ungegliedert, zuweilen frei, ſtachelartig, die Bruſtfloſſen in der Regel vor
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 5. Hildburghausen, 1869, S. [471]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben05_1869/501>, abgerufen am 19.11.2024.
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