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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 4. Hildburghausen, 1867.

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Pelekan.

Auch der Pelekan wird verfolgt, insbesondere in Südeuropa, wo man ihm seinen Fischbedarf
nicht überall gönnt. Wenn man sich auf den Schlaf- oder Ruheplätzen anstellt, hält es nicht
schwer, so viele der großen Vögel zu erlegen, als man will; denn sie sind so hinfällig, daß schon
ein Schuß mit schwachem Schrot sie tödtet. Wenn sie auf dem Wasser schwimmen, lassen sie den
Jäger selten so nah an sich herankommen, daß dieser mit Erfolg einen Schuß auf sie abgeben kann,
falls er nicht ein geübter Büchsenschütze ist. Wiederholte Verfolgung macht sie außerordentlich scheu;
doch mögen sie auch dann von dem einmal gewählten Schlafplatze nicht lassen. Die Araber fangen
sie, um sie zu essen, obgleich Das nach den mahammedanischen Gesetzen eigentlich verboten ist.
Denn als man die Kaaba in Mekka baute und das Wasser weit herbeigeholt werden mußte, gebrach
es bald an den nöthigen Trägern. Die Bauleute klagten, daß sie ihre Hände müssig ruhen lassen
mußten; aber Allah wollte nicht, daß der heilige Bau verhindert werde und sandte Tausende von
Pelekanen, welche ihren Kehlsack mit Wasser füllten und dieses den Bauleuten brachten.

Wenn ein arabischer Fischer einen Pelekan gefangen hat, durchsticht er die Augen mit einer Nadel,
zieht einen Faden durch und bindet diesen wieder mit dem vom anderen Auge oben auf dem Kopfe
zusammen. Die Lider entzünden sich selbstverständlich bald und der arme Vogel muß viele Schmerzen
leiden, bis seine Erlösungs-, bezüglich Todesstunde schlägt; denn nur wenige Gefangene werden des
Vergnügens halber gehalten oder gezähmt, die meisten vielmehr gelegener Zeit auf den Markt gebracht.
Hier kostete während meines Aufenthaltes in Egypten ein Pelekan ungefähr zehn Silbergroschen
unseres Geldes, eine nach dortigen Begriffen sehr bedeutende Summe. Unsere Thierschaubuden-
besitzer erhalten die Pelekane gegenwärtig durch Vermittelung der Thiergärten zu Pest und Moskau,
einzelne auch von Egypten her über Marseille und Antwerpen. Zuweilen kommen Massen dieser
Vögel auf einmal an; demungeachtet halten sie sich noch immer hoch im Preise, aus dem einfachen
Grunde, weil sie zu den sogenannten Schauthieren gehören. Ob sie irgendwo in der Gefangenschaft
gebrütet haben, ist mir unbekannt; daß es später geschehen wird, unterliegt für mich keinem Zweifel,
weil ich gesehen habe, daß ein männlicher Pelekan sich einer Störchin förmlich angepaart hatte, sie
mit höchster Zärtlichkeit behandelte und wiederholt betrat.



Siebzehnte Ordnung.
Die Taucher (Urinatores).

Man kann verschiedener Ansicht sein, welchem unter allen gesiederten Wirbelthieren man die
höchste Stellung zusprechen soll, dagegen kaum Zweifel hegen, welchem der niederste Rang gebührt.
Vögel, bei denen das Flugvermögen in demselben Grade verkümmert ist wie bei den Kurzflüglern,
welche aber nicht einmal mehr dem festen Lande angehören, sondern echte Wasserthiere, gleichsam
befiederte Fische geworden sind, müssen, unserer Ansicht nach, eine tiefe Stellung einnehmen und
demzufolge an das Ende der Klasse gebracht werden.

Unter der Genossenschaft, welche wir hier in einer Ordnung vereinigen, gibt es nun allerdings
Wenige, welche etwa in demselben Grade wie die Kurzflügler der für Vögel bezeichnenden Flug-
bewegung unfähig sind; diese Wenigen aber zeigen sich im übrigen den höherstehenden Gliedern ihrer
Ordnung so nah verwandt, daß die Zusammengehörigkeit aller kaum bestritten und an eine Trennung

Pelekan.

Auch der Pelekan wird verfolgt, insbeſondere in Südeuropa, wo man ihm ſeinen Fiſchbedarf
nicht überall gönnt. Wenn man ſich auf den Schlaf- oder Ruheplätzen anſtellt, hält es nicht
ſchwer, ſo viele der großen Vögel zu erlegen, als man will; denn ſie ſind ſo hinfällig, daß ſchon
ein Schuß mit ſchwachem Schrot ſie tödtet. Wenn ſie auf dem Waſſer ſchwimmen, laſſen ſie den
Jäger ſelten ſo nah an ſich herankommen, daß dieſer mit Erfolg einen Schuß auf ſie abgeben kann,
falls er nicht ein geübter Büchſenſchütze iſt. Wiederholte Verfolgung macht ſie außerordentlich ſcheu;
doch mögen ſie auch dann von dem einmal gewählten Schlafplatze nicht laſſen. Die Araber fangen
ſie, um ſie zu eſſen, obgleich Das nach den mahammedaniſchen Geſetzen eigentlich verboten iſt.
Denn als man die Kaaba in Mekka baute und das Waſſer weit herbeigeholt werden mußte, gebrach
es bald an den nöthigen Trägern. Die Bauleute klagten, daß ſie ihre Hände müſſig ruhen laſſen
mußten; aber Allah wollte nicht, daß der heilige Bau verhindert werde und ſandte Tauſende von
Pelekanen, welche ihren Kehlſack mit Waſſer füllten und dieſes den Bauleuten brachten.

Wenn ein arabiſcher Fiſcher einen Pelekan gefangen hat, durchſticht er die Augen mit einer Nadel,
zieht einen Faden durch und bindet dieſen wieder mit dem vom anderen Auge oben auf dem Kopfe
zuſammen. Die Lider entzünden ſich ſelbſtverſtändlich bald und der arme Vogel muß viele Schmerzen
leiden, bis ſeine Erlöſungs-, bezüglich Todesſtunde ſchlägt; denn nur wenige Gefangene werden des
Vergnügens halber gehalten oder gezähmt, die meiſten vielmehr gelegener Zeit auf den Markt gebracht.
Hier koſtete während meines Aufenthaltes in Egypten ein Pelekan ungefähr zehn Silbergroſchen
unſeres Geldes, eine nach dortigen Begriffen ſehr bedeutende Summe. Unſere Thierſchaubuden-
beſitzer erhalten die Pelekane gegenwärtig durch Vermittelung der Thiergärten zu Peſt und Moskau,
einzelne auch von Egypten her über Marſeille und Antwerpen. Zuweilen kommen Maſſen dieſer
Vögel auf einmal an; demungeachtet halten ſie ſich noch immer hoch im Preiſe, aus dem einfachen
Grunde, weil ſie zu den ſogenannten Schauthieren gehören. Ob ſie irgendwo in der Gefangenſchaft
gebrütet haben, iſt mir unbekannt; daß es ſpäter geſchehen wird, unterliegt für mich keinem Zweifel,
weil ich geſehen habe, daß ein männlicher Pelekan ſich einer Störchin förmlich angepaart hatte, ſie
mit höchſter Zärtlichkeit behandelte und wiederholt betrat.



Siebzehnte Ordnung.
Die Taucher (Urinatores).

Man kann verſchiedener Anſicht ſein, welchem unter allen geſiederten Wirbelthieren man die
höchſte Stellung zuſprechen ſoll, dagegen kaum Zweifel hegen, welchem der niederſte Rang gebührt.
Vögel, bei denen das Flugvermögen in demſelben Grade verkümmert iſt wie bei den Kurzflüglern,
welche aber nicht einmal mehr dem feſten Lande angehören, ſondern echte Waſſerthiere, gleichſam
befiederte Fiſche geworden ſind, müſſen, unſerer Anſicht nach, eine tiefe Stellung einnehmen und
demzufolge an das Ende der Klaſſe gebracht werden.

Unter der Genoſſenſchaft, welche wir hier in einer Ordnung vereinigen, gibt es nun allerdings
Wenige, welche etwa in demſelben Grade wie die Kurzflügler der für Vögel bezeichnenden Flug-
bewegung unfähig ſind; dieſe Wenigen aber zeigen ſich im übrigen den höherſtehenden Gliedern ihrer
Ordnung ſo nah verwandt, daß die Zuſammengehörigkeit aller kaum beſtritten und an eine Trennung

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[933/0985] Pelekan. Auch der Pelekan wird verfolgt, insbeſondere in Südeuropa, wo man ihm ſeinen Fiſchbedarf nicht überall gönnt. Wenn man ſich auf den Schlaf- oder Ruheplätzen anſtellt, hält es nicht ſchwer, ſo viele der großen Vögel zu erlegen, als man will; denn ſie ſind ſo hinfällig, daß ſchon ein Schuß mit ſchwachem Schrot ſie tödtet. Wenn ſie auf dem Waſſer ſchwimmen, laſſen ſie den Jäger ſelten ſo nah an ſich herankommen, daß dieſer mit Erfolg einen Schuß auf ſie abgeben kann, falls er nicht ein geübter Büchſenſchütze iſt. Wiederholte Verfolgung macht ſie außerordentlich ſcheu; doch mögen ſie auch dann von dem einmal gewählten Schlafplatze nicht laſſen. Die Araber fangen ſie, um ſie zu eſſen, obgleich Das nach den mahammedaniſchen Geſetzen eigentlich verboten iſt. Denn als man die Kaaba in Mekka baute und das Waſſer weit herbeigeholt werden mußte, gebrach es bald an den nöthigen Trägern. Die Bauleute klagten, daß ſie ihre Hände müſſig ruhen laſſen mußten; aber Allah wollte nicht, daß der heilige Bau verhindert werde und ſandte Tauſende von Pelekanen, welche ihren Kehlſack mit Waſſer füllten und dieſes den Bauleuten brachten. Wenn ein arabiſcher Fiſcher einen Pelekan gefangen hat, durchſticht er die Augen mit einer Nadel, zieht einen Faden durch und bindet dieſen wieder mit dem vom anderen Auge oben auf dem Kopfe zuſammen. Die Lider entzünden ſich ſelbſtverſtändlich bald und der arme Vogel muß viele Schmerzen leiden, bis ſeine Erlöſungs-, bezüglich Todesſtunde ſchlägt; denn nur wenige Gefangene werden des Vergnügens halber gehalten oder gezähmt, die meiſten vielmehr gelegener Zeit auf den Markt gebracht. Hier koſtete während meines Aufenthaltes in Egypten ein Pelekan ungefähr zehn Silbergroſchen unſeres Geldes, eine nach dortigen Begriffen ſehr bedeutende Summe. Unſere Thierſchaubuden- beſitzer erhalten die Pelekane gegenwärtig durch Vermittelung der Thiergärten zu Peſt und Moskau, einzelne auch von Egypten her über Marſeille und Antwerpen. Zuweilen kommen Maſſen dieſer Vögel auf einmal an; demungeachtet halten ſie ſich noch immer hoch im Preiſe, aus dem einfachen Grunde, weil ſie zu den ſogenannten Schauthieren gehören. Ob ſie irgendwo in der Gefangenſchaft gebrütet haben, iſt mir unbekannt; daß es ſpäter geſchehen wird, unterliegt für mich keinem Zweifel, weil ich geſehen habe, daß ein männlicher Pelekan ſich einer Störchin förmlich angepaart hatte, ſie mit höchſter Zärtlichkeit behandelte und wiederholt betrat. Siebzehnte Ordnung. Die Taucher (Urinatores). Man kann verſchiedener Anſicht ſein, welchem unter allen geſiederten Wirbelthieren man die höchſte Stellung zuſprechen ſoll, dagegen kaum Zweifel hegen, welchem der niederſte Rang gebührt. Vögel, bei denen das Flugvermögen in demſelben Grade verkümmert iſt wie bei den Kurzflüglern, welche aber nicht einmal mehr dem feſten Lande angehören, ſondern echte Waſſerthiere, gleichſam befiederte Fiſche geworden ſind, müſſen, unſerer Anſicht nach, eine tiefe Stellung einnehmen und demzufolge an das Ende der Klaſſe gebracht werden. Unter der Genoſſenſchaft, welche wir hier in einer Ordnung vereinigen, gibt es nun allerdings Wenige, welche etwa in demſelben Grade wie die Kurzflügler der für Vögel bezeichnenden Flug- bewegung unfähig ſind; dieſe Wenigen aber zeigen ſich im übrigen den höherſtehenden Gliedern ihrer Ordnung ſo nah verwandt, daß die Zuſammengehörigkeit aller kaum beſtritten und an eine Trennung

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 4. Hildburghausen, 1867, S. 933. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben04_1867/985>, abgerufen am 19.11.2024.