Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1832.

Bild:
<< vorherige Seite

Abstoßung in der Gegend B nach AC fortrücken, weil offenbar die
abstoßenden Ströme um die Mitte des Magnetes wirksamer sind,
als die wenigen zwischen B und N liegenden, und daher ein Fort-
rücken nach dem Ende hin veranlassen; ist aber A bis neben N
gekommen, so geht er weiter dem Ende zu und wird zugleich ange-
zogen. So fängt er also an, den wahren Nordpol N zu umkreisen
und würde auch auf der andern Seite diesen Umlauf fortsetzen,
wenn gleich das Anstoßen an den Magnet wiederholte Umläufe
hindert. Dies war die erste Ueberlegung, die zu einer Kenntniß
der von selbst entstehenden Rotationen führte, welche Faraday
sogleich auch noch vollkommener darstellte, die wir aber nun mit
andern Betrachtungen in Verbindung setzen wollen.

Ampere's fernere Untersuchungen über die gegensei-
tigen Wirkungen electrischer Ströme
.

Ampere bemerkte nämlich sogleich, daß die von ihm gefun-
denen Anziehungen und Abstoßungen electrischer Ströme diese Ro-
tationen als nothwendigen Erfolg unter bestimmten Umständen
angäben. Um dieses mit der völligsten Ueberzeugung einzusehen,
braucht man nur zu überlegen, was geschehen wird, wenn (Fig. 181.)
der electrische Strom AB, der gegen den zweiten electrischen Strom
CD zu fließt, so angeordnet ist, daß er eine mit CD parallele Be-
wegung annehmen kann. Die Anziehung und Abstoßung electri-
scher Ströme befolgt, wie Sie schon wissen, das Gesetz, daß sie sich
anziehen, wenn beide gegen die Spitze des Winkels E zu fließen,
aber sich abstoßen, wenn einer gegen diese zu, der andre von ihr
abwärts strömt; die Wirkung des Stromes ED auf AB ist also
eine andre als die Wirkung des Stromes CE; wenn man die
Wirkung gleich entfernter Puncte m, n, auf einen Punct I be-
trachtet, so ist die Wirkung von n nach nI abstoßend, die Wirkung
von m nach Im anziehend; die eine und die andre tragen daher bei,
den Strom AB nach Ik hin zu treiben, und dieser Strom muß,
wenn er keine andre Richtung annehmen, wohl aber von AB nach
ab fortrücken kann, zu diesem Fortrücken angetrieben werden. Am-
pere
nennt hier den Strom CD unbegrenzt, den Strom AB
begrenzt, weil es erforderlich ist, daß der erstere an beiden Seiten
entgegengesetzt wirke, daß AB dagegen sich nicht bis an den Durch-

Abſtoßung in der Gegend B nach AC fortruͤcken, weil offenbar die
abſtoßenden Stroͤme um die Mitte des Magnetes wirkſamer ſind,
als die wenigen zwiſchen B und N liegenden, und daher ein Fort-
ruͤcken nach dem Ende hin veranlaſſen; iſt aber A bis neben N
gekommen, ſo geht er weiter dem Ende zu und wird zugleich ange-
zogen. So faͤngt er alſo an, den wahren Nordpol N zu umkreiſen
und wuͤrde auch auf der andern Seite dieſen Umlauf fortſetzen,
wenn gleich das Anſtoßen an den Magnet wiederholte Umlaͤufe
hindert. Dies war die erſte Ueberlegung, die zu einer Kenntniß
der von ſelbſt entſtehenden Rotationen fuͤhrte, welche Faraday
ſogleich auch noch vollkommener darſtellte, die wir aber nun mit
andern Betrachtungen in Verbindung ſetzen wollen.

Ampère's fernere Unterſuchungen uͤber die gegenſei-
tigen Wirkungen electriſcher Stroͤme
.

Ampère bemerkte naͤmlich ſogleich, daß die von ihm gefun-
denen Anziehungen und Abſtoßungen electriſcher Stroͤme dieſe Ro-
tationen als nothwendigen Erfolg unter beſtimmten Umſtaͤnden
angaͤben. Um dieſes mit der voͤlligſten Ueberzeugung einzuſehen,
braucht man nur zu uͤberlegen, was geſchehen wird, wenn (Fig. 181.)
der electriſche Strom AB, der gegen den zweiten electriſchen Strom
CD zu fließt, ſo angeordnet iſt, daß er eine mit CD parallele Be-
wegung annehmen kann. Die Anziehung und Abſtoßung electri-
ſcher Stroͤme befolgt, wie Sie ſchon wiſſen, das Geſetz, daß ſie ſich
anziehen, wenn beide gegen die Spitze des Winkels E zu fließen,
aber ſich abſtoßen, wenn einer gegen dieſe zu, der andre von ihr
abwaͤrts ſtroͤmt; die Wirkung des Stromes ED auf AB iſt alſo
eine andre als die Wirkung des Stromes CE; wenn man die
Wirkung gleich entfernter Puncte m, n, auf einen Punct I be-
trachtet, ſo iſt die Wirkung von n nach nI abſtoßend, die Wirkung
von m nach Im anziehend; die eine und die andre tragen daher bei,
den Strom AB nach Ik hin zu treiben, und dieſer Strom muß,
wenn er keine andre Richtung annehmen, wohl aber von AB nach
ab fortruͤcken kann, zu dieſem Fortruͤcken angetrieben werden. Am-
père
nennt hier den Strom CD unbegrenzt, den Strom AB
begrenzt, weil es erforderlich iſt, daß der erſtere an beiden Seiten
entgegengeſetzt wirke, daß AB dagegen ſich nicht bis an den Durch-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0519" n="505"/>
Ab&#x017F;toßung in der Gegend <hi rendition="#aq"><hi rendition="#b">B</hi></hi> nach <hi rendition="#aq"><hi rendition="#b">AC</hi></hi> fortru&#x0364;cken, weil offenbar die<lb/>
ab&#x017F;toßenden Stro&#x0364;me um die Mitte des Magnetes wirk&#x017F;amer &#x017F;ind,<lb/>
als die wenigen zwi&#x017F;chen <hi rendition="#aq"><hi rendition="#b">B</hi></hi> und <hi rendition="#aq"><hi rendition="#b">N</hi></hi> liegenden, und daher ein Fort-<lb/>
ru&#x0364;cken nach dem Ende hin veranla&#x017F;&#x017F;en; i&#x017F;t aber <hi rendition="#aq"><hi rendition="#b">A</hi></hi> bis neben <hi rendition="#aq"><hi rendition="#b">N</hi></hi><lb/>
gekommen, &#x017F;o geht er weiter dem Ende zu und wird zugleich ange-<lb/>
zogen. So fa&#x0364;ngt er al&#x017F;o an, den wahren Nordpol <hi rendition="#aq"><hi rendition="#b">N</hi></hi> zu umkrei&#x017F;en<lb/>
und wu&#x0364;rde auch auf der andern Seite die&#x017F;en Umlauf fort&#x017F;etzen,<lb/>
wenn gleich das An&#x017F;toßen an den Magnet wiederholte Umla&#x0364;ufe<lb/>
hindert. Dies war die er&#x017F;te Ueberlegung, die zu einer Kenntniß<lb/>
der von &#x017F;elb&#x017F;t ent&#x017F;tehenden Rotationen fu&#x0364;hrte, welche <hi rendition="#g">Faraday</hi><lb/>
&#x017F;ogleich auch noch vollkommener dar&#x017F;tellte, die wir aber nun mit<lb/>
andern Betrachtungen in Verbindung &#x017F;etzen wollen.</p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head><hi rendition="#g">Ampère's fernere Unter&#x017F;uchungen u&#x0364;ber die gegen&#x017F;ei-<lb/>
tigen Wirkungen electri&#x017F;cher Stro&#x0364;me</hi>.</head><lb/>
          <p><hi rendition="#g">Ampère</hi> bemerkte na&#x0364;mlich &#x017F;ogleich, daß die von ihm gefun-<lb/>
denen Anziehungen und Ab&#x017F;toßungen electri&#x017F;cher Stro&#x0364;me die&#x017F;e Ro-<lb/>
tationen als nothwendigen Erfolg unter be&#x017F;timmten Um&#x017F;ta&#x0364;nden<lb/>
anga&#x0364;ben. Um die&#x017F;es mit der vo&#x0364;llig&#x017F;ten Ueberzeugung einzu&#x017F;ehen,<lb/>
braucht man nur zu u&#x0364;berlegen, was ge&#x017F;chehen wird, wenn (<hi rendition="#aq"><hi rendition="#b">Fig. 181.</hi></hi>)<lb/>
der electri&#x017F;che Strom <hi rendition="#aq"><hi rendition="#b">AB,</hi></hi> der gegen den zweiten electri&#x017F;chen Strom<lb/><hi rendition="#aq"><hi rendition="#b">CD</hi></hi> zu fließt, &#x017F;o angeordnet i&#x017F;t, daß er eine mit <hi rendition="#aq"><hi rendition="#b">CD</hi></hi> parallele Be-<lb/>
wegung annehmen kann. Die Anziehung und Ab&#x017F;toßung electri-<lb/>
&#x017F;cher Stro&#x0364;me befolgt, wie Sie &#x017F;chon wi&#x017F;&#x017F;en, das Ge&#x017F;etz, daß &#x017F;ie &#x017F;ich<lb/>
anziehen, wenn beide gegen die Spitze des Winkels <hi rendition="#aq"><hi rendition="#b">E</hi></hi> zu fließen,<lb/>
aber &#x017F;ich ab&#x017F;toßen, wenn einer gegen die&#x017F;e zu, der andre von ihr<lb/>
abwa&#x0364;rts &#x017F;tro&#x0364;mt; die Wirkung des Stromes <hi rendition="#aq"><hi rendition="#b">ED</hi></hi> auf <hi rendition="#aq"><hi rendition="#b">AB</hi></hi> i&#x017F;t al&#x017F;o<lb/>
eine andre als die Wirkung des Stromes <hi rendition="#aq"><hi rendition="#b">CE;</hi></hi> wenn man die<lb/>
Wirkung gleich entfernter Puncte <hi rendition="#aq"><hi rendition="#b">m, n,</hi></hi> auf einen Punct <hi rendition="#aq"><hi rendition="#b">I</hi></hi> be-<lb/>
trachtet, &#x017F;o i&#x017F;t die Wirkung von <hi rendition="#aq"><hi rendition="#b">n</hi></hi> nach <hi rendition="#aq"><hi rendition="#b">nI</hi></hi> ab&#x017F;toßend, die Wirkung<lb/>
von <hi rendition="#aq"><hi rendition="#b">m</hi></hi> nach <hi rendition="#aq"><hi rendition="#b">Im</hi></hi> anziehend; die eine und die andre tragen daher bei,<lb/>
den Strom <hi rendition="#aq"><hi rendition="#b">AB</hi></hi> nach <hi rendition="#aq"><hi rendition="#b">Ik</hi></hi> hin zu treiben, und die&#x017F;er Strom muß,<lb/>
wenn er keine andre Richtung annehmen, wohl aber von <hi rendition="#aq"><hi rendition="#b">AB</hi></hi> nach<lb/><hi rendition="#aq"><hi rendition="#b">ab</hi></hi> fortru&#x0364;cken kann, zu die&#x017F;em Fortru&#x0364;cken angetrieben werden. <hi rendition="#g">Am-<lb/>
père</hi> nennt hier den Strom <hi rendition="#aq"><hi rendition="#b">CD</hi></hi> unbegrenzt, den Strom <hi rendition="#aq"><hi rendition="#b">AB</hi></hi><lb/>
begrenzt, weil es erforderlich i&#x017F;t, daß der er&#x017F;tere an beiden Seiten<lb/>
entgegenge&#x017F;etzt wirke, daß <hi rendition="#aq"><hi rendition="#b">AB</hi></hi> dagegen &#x017F;ich nicht bis an den Durch-<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[505/0519] Abſtoßung in der Gegend B nach AC fortruͤcken, weil offenbar die abſtoßenden Stroͤme um die Mitte des Magnetes wirkſamer ſind, als die wenigen zwiſchen B und N liegenden, und daher ein Fort- ruͤcken nach dem Ende hin veranlaſſen; iſt aber A bis neben N gekommen, ſo geht er weiter dem Ende zu und wird zugleich ange- zogen. So faͤngt er alſo an, den wahren Nordpol N zu umkreiſen und wuͤrde auch auf der andern Seite dieſen Umlauf fortſetzen, wenn gleich das Anſtoßen an den Magnet wiederholte Umlaͤufe hindert. Dies war die erſte Ueberlegung, die zu einer Kenntniß der von ſelbſt entſtehenden Rotationen fuͤhrte, welche Faraday ſogleich auch noch vollkommener darſtellte, die wir aber nun mit andern Betrachtungen in Verbindung ſetzen wollen. Ampère's fernere Unterſuchungen uͤber die gegenſei- tigen Wirkungen electriſcher Stroͤme. Ampère bemerkte naͤmlich ſogleich, daß die von ihm gefun- denen Anziehungen und Abſtoßungen electriſcher Stroͤme dieſe Ro- tationen als nothwendigen Erfolg unter beſtimmten Umſtaͤnden angaͤben. Um dieſes mit der voͤlligſten Ueberzeugung einzuſehen, braucht man nur zu uͤberlegen, was geſchehen wird, wenn (Fig. 181.) der electriſche Strom AB, der gegen den zweiten electriſchen Strom CD zu fließt, ſo angeordnet iſt, daß er eine mit CD parallele Be- wegung annehmen kann. Die Anziehung und Abſtoßung electri- ſcher Stroͤme befolgt, wie Sie ſchon wiſſen, das Geſetz, daß ſie ſich anziehen, wenn beide gegen die Spitze des Winkels E zu fließen, aber ſich abſtoßen, wenn einer gegen dieſe zu, der andre von ihr abwaͤrts ſtroͤmt; die Wirkung des Stromes ED auf AB iſt alſo eine andre als die Wirkung des Stromes CE; wenn man die Wirkung gleich entfernter Puncte m, n, auf einen Punct I be- trachtet, ſo iſt die Wirkung von n nach nI abſtoßend, die Wirkung von m nach Im anziehend; die eine und die andre tragen daher bei, den Strom AB nach Ik hin zu treiben, und dieſer Strom muß, wenn er keine andre Richtung annehmen, wohl aber von AB nach ab fortruͤcken kann, zu dieſem Fortruͤcken angetrieben werden. Am- père nennt hier den Strom CD unbegrenzt, den Strom AB begrenzt, weil es erforderlich iſt, daß der erſtere an beiden Seiten entgegengeſetzt wirke, daß AB dagegen ſich nicht bis an den Durch-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brandes_naturlehre03_1832
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brandes_naturlehre03_1832/519
Zitationshilfe: Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1832, S. 505. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brandes_naturlehre03_1832/519>, abgerufen am 13.11.2024.