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Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1832.

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Sechs und zwanzigste Vorlesung.


Neigung der Magnetnadel.

Um die Frage, nach welchen Gesetzen denn die Kraft wirke,
die den, bloß der Einwirkung der Erde ausgesetzten, Magnet in
seine bestimmte Richtung bringt, vollständig zu beantworten, müs-
sen wir, m. h. H., Mittel aufsuchen, um zu entscheiden, ob diese
Kraft genau nach Norden, vor allem aber, ob sie genau nach hori-
zontaler Richtung ihre Wirkung ausübt. Bis dahin nahmen wir
immer die zur horizontalen Aufstellung bestimmte Magnetnadel als
schon magnetisirt und dann so unterstützt an, daß sie horizontal
blieb; wir wollen jetzt eine vollkommen unmagnetische Nadel zu
erhalten suchen und diese im strengsten Sinne in ihrem Schwer-
puncte aufhängen. Ich erwähne hier die Schwierigkeiten nicht,
die es hat, eine Stahlnadel vollkommen unmagnetisch zu erhalten,
obgleich es, wie ich später bemerken werde, so leicht geschieht, daß
sie unter der Bearbeitung schon magnetisch wird, sondern nehme
an, die Nadel AB (Fig. 139.) sei genau so gearbeitet, daß die ho-
rizontale Axe C durch den Schwerpunct geht. Sie wissen, daß
damit zugleich gesagt ist, daß die Nadel nicht bloß in der horizon-
talen Lage, sondern in jeder Lage, die man ihr giebt, ruhend
bleibt, indem die Schwerkraft keine Drehung um die Axe bewirkt.
Diese völlig äquilibrirte Stahlnadel nun wird magnetisch gemacht,
so daß B der Nordpol, A der Südpol ist; wenn man sie alsdann
wieder mit der Axe C auflegt, so findet das Gleichgewicht nicht
mehr statt, sondern das nordpolarische Ende B senkt sich herab und
die Nadel kömmt, (in unsern Gegenden wenigstens) in einer stark
geneigten Stellung zur Ruhe, und daß diese Stellung nicht eine
zufällige ist, zeigt sich dadurch, daß die Nadel um diese schiefe
Stellung Oscillationen macht, wie das Pendel um die verticale
Stellung.

Um mit dieser Neigungsnadel die wahre Richtung der auf die
Nadel wirkenden magnetischen Kraft zu finden, giebt es zwei Mittel.

Sechs und zwanzigſte Vorleſung.


Neigung der Magnetnadel.

Um die Frage, nach welchen Geſetzen denn die Kraft wirke,
die den, bloß der Einwirkung der Erde ausgeſetzten, Magnet in
ſeine beſtimmte Richtung bringt, vollſtaͤndig zu beantworten, muͤſ-
ſen wir, m. h. H., Mittel aufſuchen, um zu entſcheiden, ob dieſe
Kraft genau nach Norden, vor allem aber, ob ſie genau nach hori-
zontaler Richtung ihre Wirkung ausuͤbt. Bis dahin nahmen wir
immer die zur horizontalen Aufſtellung beſtimmte Magnetnadel als
ſchon magnetiſirt und dann ſo unterſtuͤtzt an, daß ſie horizontal
blieb; wir wollen jetzt eine vollkommen unmagnetiſche Nadel zu
erhalten ſuchen und dieſe im ſtrengſten Sinne in ihrem Schwer-
puncte aufhaͤngen. Ich erwaͤhne hier die Schwierigkeiten nicht,
die es hat, eine Stahlnadel vollkommen unmagnetiſch zu erhalten,
obgleich es, wie ich ſpaͤter bemerken werde, ſo leicht geſchieht, daß
ſie unter der Bearbeitung ſchon magnetiſch wird, ſondern nehme
an, die Nadel AB (Fig. 139.) ſei genau ſo gearbeitet, daß die ho-
rizontale Axe C durch den Schwerpunct geht. Sie wiſſen, daß
damit zugleich geſagt iſt, daß die Nadel nicht bloß in der horizon-
talen Lage, ſondern in jeder Lage, die man ihr giebt, ruhend
bleibt, indem die Schwerkraft keine Drehung um die Axe bewirkt.
Dieſe voͤllig aͤquilibrirte Stahlnadel nun wird magnetiſch gemacht,
ſo daß B der Nordpol, A der Suͤdpol iſt; wenn man ſie alsdann
wieder mit der Axe C auflegt, ſo findet das Gleichgewicht nicht
mehr ſtatt, ſondern das nordpolariſche Ende B ſenkt ſich herab und
die Nadel koͤmmt, (in unſern Gegenden wenigſtens) in einer ſtark
geneigten Stellung zur Ruhe, und daß dieſe Stellung nicht eine
zufaͤllige iſt, zeigt ſich dadurch, daß die Nadel um dieſe ſchiefe
Stellung Oſcillationen macht, wie das Pendel um die verticale
Stellung.

Um mit dieſer Neigungsnadel die wahre Richtung der auf die
Nadel wirkenden magnetiſchen Kraft zu finden, giebt es zwei Mittel.

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[427/0441] Sechs und zwanzigſte Vorleſung. Neigung der Magnetnadel. Um die Frage, nach welchen Geſetzen denn die Kraft wirke, die den, bloß der Einwirkung der Erde ausgeſetzten, Magnet in ſeine beſtimmte Richtung bringt, vollſtaͤndig zu beantworten, muͤſ- ſen wir, m. h. H., Mittel aufſuchen, um zu entſcheiden, ob dieſe Kraft genau nach Norden, vor allem aber, ob ſie genau nach hori- zontaler Richtung ihre Wirkung ausuͤbt. Bis dahin nahmen wir immer die zur horizontalen Aufſtellung beſtimmte Magnetnadel als ſchon magnetiſirt und dann ſo unterſtuͤtzt an, daß ſie horizontal blieb; wir wollen jetzt eine vollkommen unmagnetiſche Nadel zu erhalten ſuchen und dieſe im ſtrengſten Sinne in ihrem Schwer- puncte aufhaͤngen. Ich erwaͤhne hier die Schwierigkeiten nicht, die es hat, eine Stahlnadel vollkommen unmagnetiſch zu erhalten, obgleich es, wie ich ſpaͤter bemerken werde, ſo leicht geſchieht, daß ſie unter der Bearbeitung ſchon magnetiſch wird, ſondern nehme an, die Nadel AB (Fig. 139.) ſei genau ſo gearbeitet, daß die ho- rizontale Axe C durch den Schwerpunct geht. Sie wiſſen, daß damit zugleich geſagt iſt, daß die Nadel nicht bloß in der horizon- talen Lage, ſondern in jeder Lage, die man ihr giebt, ruhend bleibt, indem die Schwerkraft keine Drehung um die Axe bewirkt. Dieſe voͤllig aͤquilibrirte Stahlnadel nun wird magnetiſch gemacht, ſo daß B der Nordpol, A der Suͤdpol iſt; wenn man ſie alsdann wieder mit der Axe C auflegt, ſo findet das Gleichgewicht nicht mehr ſtatt, ſondern das nordpolariſche Ende B ſenkt ſich herab und die Nadel koͤmmt, (in unſern Gegenden wenigſtens) in einer ſtark geneigten Stellung zur Ruhe, und daß dieſe Stellung nicht eine zufaͤllige iſt, zeigt ſich dadurch, daß die Nadel um dieſe ſchiefe Stellung Oſcillationen macht, wie das Pendel um die verticale Stellung. Um mit dieſer Neigungsnadel die wahre Richtung der auf die Nadel wirkenden magnetiſchen Kraft zu finden, giebt es zwei Mittel.

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Zitationshilfe: Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1832, S. 427. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brandes_naturlehre03_1832/441>, abgerufen am 13.11.2024.