gegenüber eine andre Kugel B mit Ableitung zur Erde (Fig. 120.) aufstellt, und zwischen beide eine Lichtflamme C bringt. Diese wird nach der negativen Seite hinüber gezogen, belegt die Kugel B mit Ruß und erhitzt diese weit stärker, als die positive Kugel A. Der Schluß schien natürlich, daß hier die, nach Franklins Meinung, einzige electrische Materie von A nach B ströme und die Flamme mit sich fortreiße. Aber dieser Schluß ist von Brande sehr bestimmt widerlegt worden, indem die Phosphorflamme gerade die entgegengesetzten Phänomene zeigt. Statt also hier von dem kenntlichen Hinüberströmen der electrischen Materie zu reden, muß man aus diesen Versuchen schließen, daß die im Brennen des Phosphors entstehende Phosphorsäure von dem positiv-electrischen Körper angezogen wird, und dies auch bei benzoesaurem Dampfe und in andern Fällen statt findet, daß dagegen die aus Wasserstoff und Kohlenstoff bestehenden Flammen, vorzüglich die des Camphers, von dem negativ-electrischen Körper angezogen werden, welches auch deutlich bei der Flamme des Kalium der Fall war.
Drei und zwanzigste Vorlesung.
Die chemischen Wirkungen der Säule führen zu einer so mannigfaltigen Reihe von Untersuchungen, daß es mir nicht allein unmöglich sein wird, diese erschöpfend darzustellen, sondern es sogar schon schwierig scheint, das Wichtigste in einer für alle einzelne Gegenstände recht passenden Anordnung mitzutheilen. Indeß werde ich suchen, diejenige Anordnung zu wählen, welche die Uebersicht am meisten erleichtert.
Chemische Wirkungen in der Säule selbst.
Daß auch die Flüssigkeiten, die sich zwischen den Schichtungen der Säule selbst befinden, eine Zersetzung erleiden müssen, läßt sich leicht einsehen. Sobald nämlich die Säule geschlossen ist, be- findet sich jede feuchte Zwischenschichte, sie sei nun als Befeuchtung eines lockern Körpers in der aufgebauten Säule, oder sie sei völlig
gegenuͤber eine andre Kugel B mit Ableitung zur Erde (Fig. 120.) aufſtellt, und zwiſchen beide eine Lichtflamme C bringt. Dieſe wird nach der negativen Seite hinuͤber gezogen, belegt die Kugel B mit Ruß und erhitzt dieſe weit ſtaͤrker, als die poſitive Kugel A. Der Schluß ſchien natuͤrlich, daß hier die, nach Franklins Meinung, einzige electriſche Materie von A nach B ſtroͤme und die Flamme mit ſich fortreiße. Aber dieſer Schluß iſt von Brande ſehr beſtimmt widerlegt worden, indem die Phosphorflamme gerade die entgegengeſetzten Phaͤnomene zeigt. Statt alſo hier von dem kenntlichen Hinuͤberſtroͤmen der electriſchen Materie zu reden, muß man aus dieſen Verſuchen ſchließen, daß die im Brennen des Phosphors entſtehende Phosphorſaͤure von dem poſitiv-electriſchen Koͤrper angezogen wird, und dies auch bei benzoeſaurem Dampfe und in andern Faͤllen ſtatt findet, daß dagegen die aus Waſſerſtoff und Kohlenſtoff beſtehenden Flammen, vorzuͤglich die des Camphers, von dem negativ-electriſchen Koͤrper angezogen werden, welches auch deutlich bei der Flamme des Kalium der Fall war.
Drei und zwanzigſte Vorleſung.
Die chemiſchen Wirkungen der Saͤule fuͤhren zu einer ſo mannigfaltigen Reihe von Unterſuchungen, daß es mir nicht allein unmoͤglich ſein wird, dieſe erſchoͤpfend darzuſtellen, ſondern es ſogar ſchon ſchwierig ſcheint, das Wichtigſte in einer fuͤr alle einzelne Gegenſtaͤnde recht paſſenden Anordnung mitzutheilen. Indeß werde ich ſuchen, diejenige Anordnung zu waͤhlen, welche die Ueberſicht am meiſten erleichtert.
Chemiſche Wirkungen in der Saͤule ſelbſt.
Daß auch die Fluͤſſigkeiten, die ſich zwiſchen den Schichtungen der Saͤule ſelbſt befinden, eine Zerſetzung erleiden muͤſſen, laͤßt ſich leicht einſehen. Sobald naͤmlich die Saͤule geſchloſſen iſt, be- findet ſich jede feuchte Zwiſchenſchichte, ſie ſei nun als Befeuchtung eines lockern Koͤrpers in der aufgebauten Saͤule, oder ſie ſei voͤllig
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gegenuͤber eine andre Kugel B mit Ableitung zur Erde (Fig. 120.)
aufſtellt, und zwiſchen beide eine Lichtflamme C bringt. Dieſe
wird nach der negativen Seite hinuͤber gezogen, belegt die Kugel
B mit Ruß und erhitzt dieſe weit ſtaͤrker, als die poſitive Kugel A.
Der Schluß ſchien natuͤrlich, daß hier die, nach Franklins
Meinung, einzige electriſche Materie von A nach B ſtroͤme und
die Flamme mit ſich fortreiße. Aber dieſer Schluß iſt von Brande
ſehr beſtimmt widerlegt worden, indem die Phosphorflamme gerade
die entgegengeſetzten Phaͤnomene zeigt. Statt alſo hier von dem
kenntlichen Hinuͤberſtroͤmen der electriſchen Materie zu reden, muß
man aus dieſen Verſuchen ſchließen, daß die im Brennen des
Phosphors entſtehende Phosphorſaͤure von dem poſitiv-electriſchen
Koͤrper angezogen wird, und dies auch bei benzoeſaurem Dampfe und
in andern Faͤllen ſtatt findet, daß dagegen die aus Waſſerſtoff und
Kohlenſtoff beſtehenden Flammen, vorzuͤglich die des Camphers,
von dem negativ-electriſchen Koͤrper angezogen werden, welches auch
deutlich bei der Flamme des Kalium der Fall war.
Drei und zwanzigſte Vorleſung.
Die chemiſchen Wirkungen der Saͤule fuͤhren zu einer ſo
mannigfaltigen Reihe von Unterſuchungen, daß es mir nicht allein
unmoͤglich ſein wird, dieſe erſchoͤpfend darzuſtellen, ſondern es ſogar
ſchon ſchwierig ſcheint, das Wichtigſte in einer fuͤr alle einzelne
Gegenſtaͤnde recht paſſenden Anordnung mitzutheilen. Indeß
werde ich ſuchen, diejenige Anordnung zu waͤhlen, welche die
Ueberſicht am meiſten erleichtert.
Chemiſche Wirkungen in der Saͤule ſelbſt.
Daß auch die Fluͤſſigkeiten, die ſich zwiſchen den Schichtungen
der Saͤule ſelbſt befinden, eine Zerſetzung erleiden muͤſſen, laͤßt
ſich leicht einſehen. Sobald naͤmlich die Saͤule geſchloſſen iſt, be-
findet ſich jede feuchte Zwiſchenſchichte, ſie ſei nun als Befeuchtung
eines lockern Koͤrpers in der aufgebauten Saͤule, oder ſie ſei voͤllig
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Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1832, S. 379. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brandes_naturlehre03_1832/393>, abgerufen am 13.11.2024.
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