Mensch nahe an einer Wande stände, an welcher der Blitz herab- fährt, und selbst nahe an einem Blitz-Ableiter kann die Heftigkeit der mitgetheilten Erschütterung gefährlich werden, obgleich es auch Fälle giebt, wo Menschen durch den neben ihnen, ja sogar an ihren nassen Kleidern herabfahrenden und ihre Kleider zerreißenden Blitz nicht wesentlich beschädigt wurden. Ist man daher auf freiem Felde, so ist es besser, sich an einem offenen Platze dem Regen auszusetzen, als unter hohen einzelnen Gegenständen Schutz zu suchen. Dagegen ist es angenehm, in einer Entfernung von 50 Fuß höhere Gegenstände neben sich zu haben, die wahrschein- lich eher als der nicht so hoch stehende Mensch den Blitz anlocken können. Auch in Gebäuden ist es besser, sich nicht den äußern Wän- den oder metallischen Leitungen, die unterbrochen sind, nahe auf- zuhalten; indeß hat man weit mehr Ursache, sich hier vor lächer- licher Aengstlichkeit zu hüten, als sich in eine Berechnung der Wahrscheinlichkeit, daß man eher hier als dort vom Blitze könne getroffen werden, einzulassen; und nur das ist zu bemerken, daß man am Feuerherde, unter dem hoch hervorragenden Schornsteine, vollends wenn Feuer auf dem Herde brennt, an einer der gefähr- lichsten Stellen sich befindet.
Wirkungen des Blitzes.
Die Wirkungen des Blitzes sind so mannichfaltig, oft so wun- derbar, daß man zahlreiche einzelne Fälle erzählen müßte, um nur die merkwürdigsten Verschiedenheiten anzuführen *) Wenn der Blitz zündet, so steht oft sehr schnell das ganze Gebäude in Flam- men, weil bei jedem Ueberschlagen von einem guten Leiter zu einem andern ein Funke entsteht, der, wenn er Feuer fangende Materien findet, zünden kann, so daß die Entzündung an vielen Orten zu- gleich statt findet. Dagegen aber hat auch der Blitz oft, indem er ein schwer entzündliches Holz traf, zwar gezündet, aber das Feuer ist erst langsam anglimmend ausgebrochen. Wenn der Blitz nicht zündet, so liegt dieses nicht an einer wesentlichen Verschie-
*)Reimarus vom Blitze. Hamburg. 1778. Reimarus neuere Bemerkungen vom Blitze. Hamburg. 1794. Auch viele Bei- spiele in Gilberts Annalen.
Menſch nahe an einer Wande ſtaͤnde, an welcher der Blitz herab- faͤhrt, und ſelbſt nahe an einem Blitz-Ableiter kann die Heftigkeit der mitgetheilten Erſchuͤtterung gefaͤhrlich werden, obgleich es auch Faͤlle giebt, wo Menſchen durch den neben ihnen, ja ſogar an ihren naſſen Kleidern herabfahrenden und ihre Kleider zerreißenden Blitz nicht weſentlich beſchaͤdigt wurden. Iſt man daher auf freiem Felde, ſo iſt es beſſer, ſich an einem offenen Platze dem Regen auszuſetzen, als unter hohen einzelnen Gegenſtaͤnden Schutz zu ſuchen. Dagegen iſt es angenehm, in einer Entfernung von 50 Fuß hoͤhere Gegenſtaͤnde neben ſich zu haben, die wahrſchein- lich eher als der nicht ſo hoch ſtehende Menſch den Blitz anlocken koͤnnen. Auch in Gebaͤuden iſt es beſſer, ſich nicht den aͤußern Waͤn- den oder metalliſchen Leitungen, die unterbrochen ſind, nahe auf- zuhalten; indeß hat man weit mehr Urſache, ſich hier vor laͤcher- licher Aengſtlichkeit zu huͤten, als ſich in eine Berechnung der Wahrſcheinlichkeit, daß man eher hier als dort vom Blitze koͤnne getroffen werden, einzulaſſen; und nur das iſt zu bemerken, daß man am Feuerherde, unter dem hoch hervorragenden Schornſteine, vollends wenn Feuer auf dem Herde brennt, an einer der gefaͤhr- lichſten Stellen ſich befindet.
Wirkungen des Blitzes.
Die Wirkungen des Blitzes ſind ſo mannichfaltig, oft ſo wun- derbar, daß man zahlreiche einzelne Faͤlle erzaͤhlen muͤßte, um nur die merkwuͤrdigſten Verſchiedenheiten anzufuͤhren *) Wenn der Blitz zuͤndet, ſo ſteht oft ſehr ſchnell das ganze Gebaͤude in Flam- men, weil bei jedem Ueberſchlagen von einem guten Leiter zu einem andern ein Funke entſteht, der, wenn er Feuer fangende Materien findet, zuͤnden kann, ſo daß die Entzuͤndung an vielen Orten zu- gleich ſtatt findet. Dagegen aber hat auch der Blitz oft, indem er ein ſchwer entzuͤndliches Holz traf, zwar gezuͤndet, aber das Feuer iſt erſt langſam anglimmend ausgebrochen. Wenn der Blitz nicht zuͤndet, ſo liegt dieſes nicht an einer weſentlichen Verſchie-
*)Reimarus vom Blitze. Hamburg. 1778. Reimarus neuere Bemerkungen vom Blitze. Hamburg. 1794. Auch viele Bei- ſpiele in Gilberts Annalen.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0329"n="315"/>
Menſch nahe an einer Wande ſtaͤnde, an welcher der Blitz herab-<lb/>
faͤhrt, und ſelbſt nahe an einem Blitz-Ableiter kann die Heftigkeit<lb/>
der mitgetheilten Erſchuͤtterung gefaͤhrlich werden, obgleich es auch<lb/>
Faͤlle giebt, wo Menſchen durch den neben ihnen, ja ſogar an<lb/>
ihren naſſen Kleidern herabfahrenden und ihre Kleider zerreißenden<lb/>
Blitz nicht weſentlich beſchaͤdigt wurden. Iſt man daher auf<lb/>
freiem Felde, ſo iſt es beſſer, ſich an einem offenen Platze dem<lb/>
Regen auszuſetzen, als unter hohen einzelnen Gegenſtaͤnden Schutz<lb/>
zu ſuchen. Dagegen iſt es angenehm, in einer Entfernung von<lb/>
50 Fuß hoͤhere Gegenſtaͤnde neben ſich zu haben, die wahrſchein-<lb/>
lich eher als der nicht ſo hoch ſtehende Menſch den Blitz anlocken<lb/>
koͤnnen. Auch in Gebaͤuden iſt es beſſer, ſich nicht den aͤußern Waͤn-<lb/>
den oder metalliſchen Leitungen, die unterbrochen ſind, nahe auf-<lb/>
zuhalten; indeß hat man weit mehr Urſache, ſich hier vor laͤcher-<lb/>
licher Aengſtlichkeit zu huͤten, als ſich in eine Berechnung der<lb/>
Wahrſcheinlichkeit, daß man eher hier als dort vom Blitze koͤnne<lb/>
getroffen werden, einzulaſſen; und nur das iſt zu bemerken, daß<lb/>
man am Feuerherde, unter dem hoch hervorragenden Schornſteine,<lb/>
vollends wenn Feuer auf dem Herde brennt, an einer der gefaͤhr-<lb/>
lichſten Stellen ſich befindet.</p></div><lb/><divn="2"><head><hirendition="#g">Wirkungen des Blitzes</hi>.</head><lb/><p>Die Wirkungen des Blitzes ſind ſo mannichfaltig, oft ſo wun-<lb/>
derbar, daß man zahlreiche einzelne Faͤlle erzaͤhlen muͤßte, um nur<lb/>
die merkwuͤrdigſten Verſchiedenheiten anzufuͤhren <noteplace="foot"n="*)"><hirendition="#g">Reimarus</hi> vom Blitze. <hirendition="#g">Hamburg</hi>. 1778. <hirendition="#g">Reimarus</hi><lb/>
neuere Bemerkungen vom Blitze. <hirendition="#g">Hamburg</hi>. 1794. Auch viele Bei-<lb/>ſpiele in <hirendition="#g">Gilberts</hi> Annalen.</note> Wenn der<lb/>
Blitz zuͤndet, ſo ſteht oft ſehr ſchnell das ganze Gebaͤude in Flam-<lb/>
men, weil bei jedem Ueberſchlagen von einem guten Leiter zu einem<lb/>
andern ein Funke entſteht, der, wenn er Feuer fangende Materien<lb/>
findet, zuͤnden kann, ſo daß die Entzuͤndung an vielen Orten zu-<lb/>
gleich ſtatt findet. Dagegen aber hat auch der Blitz oft, indem<lb/>
er ein ſchwer entzuͤndliches Holz traf, zwar gezuͤndet, aber das<lb/>
Feuer iſt erſt langſam anglimmend ausgebrochen. Wenn der Blitz<lb/>
nicht zuͤndet, ſo liegt dieſes nicht an einer weſentlichen Verſchie-<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[315/0329]
Menſch nahe an einer Wande ſtaͤnde, an welcher der Blitz herab-
faͤhrt, und ſelbſt nahe an einem Blitz-Ableiter kann die Heftigkeit
der mitgetheilten Erſchuͤtterung gefaͤhrlich werden, obgleich es auch
Faͤlle giebt, wo Menſchen durch den neben ihnen, ja ſogar an
ihren naſſen Kleidern herabfahrenden und ihre Kleider zerreißenden
Blitz nicht weſentlich beſchaͤdigt wurden. Iſt man daher auf
freiem Felde, ſo iſt es beſſer, ſich an einem offenen Platze dem
Regen auszuſetzen, als unter hohen einzelnen Gegenſtaͤnden Schutz
zu ſuchen. Dagegen iſt es angenehm, in einer Entfernung von
50 Fuß hoͤhere Gegenſtaͤnde neben ſich zu haben, die wahrſchein-
lich eher als der nicht ſo hoch ſtehende Menſch den Blitz anlocken
koͤnnen. Auch in Gebaͤuden iſt es beſſer, ſich nicht den aͤußern Waͤn-
den oder metalliſchen Leitungen, die unterbrochen ſind, nahe auf-
zuhalten; indeß hat man weit mehr Urſache, ſich hier vor laͤcher-
licher Aengſtlichkeit zu huͤten, als ſich in eine Berechnung der
Wahrſcheinlichkeit, daß man eher hier als dort vom Blitze koͤnne
getroffen werden, einzulaſſen; und nur das iſt zu bemerken, daß
man am Feuerherde, unter dem hoch hervorragenden Schornſteine,
vollends wenn Feuer auf dem Herde brennt, an einer der gefaͤhr-
lichſten Stellen ſich befindet.
Wirkungen des Blitzes.
Die Wirkungen des Blitzes ſind ſo mannichfaltig, oft ſo wun-
derbar, daß man zahlreiche einzelne Faͤlle erzaͤhlen muͤßte, um nur
die merkwuͤrdigſten Verſchiedenheiten anzufuͤhren *) Wenn der
Blitz zuͤndet, ſo ſteht oft ſehr ſchnell das ganze Gebaͤude in Flam-
men, weil bei jedem Ueberſchlagen von einem guten Leiter zu einem
andern ein Funke entſteht, der, wenn er Feuer fangende Materien
findet, zuͤnden kann, ſo daß die Entzuͤndung an vielen Orten zu-
gleich ſtatt findet. Dagegen aber hat auch der Blitz oft, indem
er ein ſchwer entzuͤndliches Holz traf, zwar gezuͤndet, aber das
Feuer iſt erſt langſam anglimmend ausgebrochen. Wenn der Blitz
nicht zuͤndet, ſo liegt dieſes nicht an einer weſentlichen Verſchie-
*) Reimarus vom Blitze. Hamburg. 1778. Reimarus
neuere Bemerkungen vom Blitze. Hamburg. 1794. Auch viele Bei-
ſpiele in Gilberts Annalen.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1832, S. 315. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brandes_naturlehre03_1832/329>, abgerufen am 21.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.