Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1832.

Bild:
<< vorherige Seite

Lichte in der Folge mehr sagen werde, und die Empfindungen bei
dem Schlage uns hier auch noch nicht beschäftigen sollen.

Als ein bloßer Erfolg der gegenseitigen Abstoßung ist dagegen
folgende Erscheinung anzusehen. Wenn man in ein Gefäß mit
Wasser einen Heber setzt, dessen Ausflußröhre ein enges Haar-
röhrchen ist, so fließt der Heber, wenn er auch gehörig gefüllt ist
und seine Oeffnung niedriger liegt, als die Oberfläche des Wassers
im Gefäße, doch entweder gar nicht oder nur in langsam auf ein-
ander folgenden Tropfen; aber wenn man das Wasser electrisirt,
indem man es in einem metallenen Gefäße an den Leiter anhängt,
so fließt der Heber fortwährend und das Wasser wird sogar mit
Gewalt herausgestoßen. Die electrisirten Wassertheile, die an
der Mündung liegen, werden von den anliegenden abgestoßen und
herausgetrieben. Selbst an einem einzelnen Wassertropfen, der
am Conductor hängt, sieht man, daß er sich verlängert und eine
spitzige Form annimmt, wenn man, während der Conductor elec-
trisirt ist, einen andern Körper dem Tropfen nähert.

Andre Anziehungs- und Abstoßungsversuche lassen sich zahl-
reich anstellen. Baumwolle, die man dem geladenen Leiter nahe
bringt, streckt zuerst alle Fäden gegen den Conductor aus, fliegt
dann gegen ihn zu, wird nun wieder abgestoßen, und wenn sie am
Conductor festhängt, stoßen sich die einzelnen Fäden einander ab.
Rauch, den man in der Nähe des electrisirten Leiters erregt, wird
von ihm angezogen. Campher, den man auf einer eisernen
Unterlage anzündet, dann ausbläst und sogleich, während er noch
raucht, dem electrisirten Leiter nähert, bildet eine Menge kleiner
Spitzchen, die durch die Anziehung des Leiters gegen die noch nicht
erhärteten Theile entstehen. Ein ähnlicher Versuch mit Siegellack
giebt einen ähnlichen Erfolg, aber nicht so feine Spitzen.

Entgegengesetzte Electricitäten des Reibzeugs und des
geriebenen Körpers
.

Aber weit belehrender als diese, nur Bekanntes wiederholen-
den, Versuche sind die, wo man die eigentliche Art der Wirksam-
keit des Reibzeuges zeigt. Ich habe schon früher erwähnt, daß
man das Reibzeug der Maschine so einzurichten pflegt, daß man
es isoliren kann, -- wir wollen diese Einrichtung zu folgenden

Lichte in der Folge mehr ſagen werde, und die Empfindungen bei
dem Schlage uns hier auch noch nicht beſchaͤftigen ſollen.

Als ein bloßer Erfolg der gegenſeitigen Abſtoßung iſt dagegen
folgende Erſcheinung anzuſehen. Wenn man in ein Gefaͤß mit
Waſſer einen Heber ſetzt, deſſen Ausflußroͤhre ein enges Haar-
roͤhrchen iſt, ſo fließt der Heber, wenn er auch gehoͤrig gefuͤllt iſt
und ſeine Oeffnung niedriger liegt, als die Oberflaͤche des Waſſers
im Gefaͤße, doch entweder gar nicht oder nur in langſam auf ein-
ander folgenden Tropfen; aber wenn man das Waſſer electriſirt,
indem man es in einem metallenen Gefaͤße an den Leiter anhaͤngt,
ſo fließt der Heber fortwaͤhrend und das Waſſer wird ſogar mit
Gewalt herausgeſtoßen. Die electriſirten Waſſertheile, die an
der Muͤndung liegen, werden von den anliegenden abgeſtoßen und
herausgetrieben. Selbſt an einem einzelnen Waſſertropfen, der
am Conductor haͤngt, ſieht man, daß er ſich verlaͤngert und eine
ſpitzige Form annimmt, wenn man, waͤhrend der Conductor elec-
triſirt iſt, einen andern Koͤrper dem Tropfen naͤhert.

Andre Anziehungs- und Abſtoßungsverſuche laſſen ſich zahl-
reich anſtellen. Baumwolle, die man dem geladenen Leiter nahe
bringt, ſtreckt zuerſt alle Faͤden gegen den Conductor aus, fliegt
dann gegen ihn zu, wird nun wieder abgeſtoßen, und wenn ſie am
Conductor feſthaͤngt, ſtoßen ſich die einzelnen Faͤden einander ab.
Rauch, den man in der Naͤhe des electriſirten Leiters erregt, wird
von ihm angezogen. Campher, den man auf einer eiſernen
Unterlage anzuͤndet, dann ausblaͤſt und ſogleich, waͤhrend er noch
raucht, dem electriſirten Leiter naͤhert, bildet eine Menge kleiner
Spitzchen, die durch die Anziehung des Leiters gegen die noch nicht
erhaͤrteten Theile entſtehen. Ein aͤhnlicher Verſuch mit Siegellack
giebt einen aͤhnlichen Erfolg, aber nicht ſo feine Spitzen.

Entgegengeſetzte Electricitaͤten des Reibzeugs und des
geriebenen Koͤrpers
.

Aber weit belehrender als dieſe, nur Bekanntes wiederholen-
den, Verſuche ſind die, wo man die eigentliche Art der Wirkſam-
keit des Reibzeuges zeigt. Ich habe ſchon fruͤher erwaͤhnt, daß
man das Reibzeug der Maſchine ſo einzurichten pflegt, daß man
es iſoliren kann, — wir wollen dieſe Einrichtung zu folgenden

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0247" n="233"/>
Lichte in der Folge mehr &#x017F;agen werde, und die Empfindungen bei<lb/>
dem Schlage uns hier auch noch nicht be&#x017F;cha&#x0364;ftigen &#x017F;ollen.</p><lb/>
          <p>Als ein bloßer Erfolg der gegen&#x017F;eitigen Ab&#x017F;toßung i&#x017F;t dagegen<lb/>
folgende Er&#x017F;cheinung anzu&#x017F;ehen. Wenn man in ein Gefa&#x0364;ß mit<lb/>
Wa&#x017F;&#x017F;er einen Heber &#x017F;etzt, de&#x017F;&#x017F;en Ausflußro&#x0364;hre ein enges Haar-<lb/>
ro&#x0364;hrchen i&#x017F;t, &#x017F;o fließt der Heber, wenn er auch geho&#x0364;rig gefu&#x0364;llt i&#x017F;t<lb/>
und &#x017F;eine Oeffnung niedriger liegt, als die Oberfla&#x0364;che des Wa&#x017F;&#x017F;ers<lb/>
im Gefa&#x0364;ße, doch entweder gar nicht oder nur in lang&#x017F;am auf ein-<lb/>
ander folgenden Tropfen; aber wenn man das Wa&#x017F;&#x017F;er electri&#x017F;irt,<lb/>
indem man es in einem metallenen Gefa&#x0364;ße an den Leiter anha&#x0364;ngt,<lb/>
&#x017F;o fließt der Heber fortwa&#x0364;hrend und das Wa&#x017F;&#x017F;er wird &#x017F;ogar mit<lb/>
Gewalt herausge&#x017F;toßen. Die electri&#x017F;irten Wa&#x017F;&#x017F;ertheile, die an<lb/>
der Mu&#x0364;ndung liegen, werden von den anliegenden abge&#x017F;toßen und<lb/>
herausgetrieben. Selb&#x017F;t an einem einzelnen Wa&#x017F;&#x017F;ertropfen, der<lb/>
am Conductor ha&#x0364;ngt, &#x017F;ieht man, daß er &#x017F;ich verla&#x0364;ngert und eine<lb/>
&#x017F;pitzige Form annimmt, wenn man, wa&#x0364;hrend der Conductor elec-<lb/>
tri&#x017F;irt i&#x017F;t, einen andern Ko&#x0364;rper dem Tropfen na&#x0364;hert.</p><lb/>
          <p>Andre Anziehungs- und Ab&#x017F;toßungsver&#x017F;uche la&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ich zahl-<lb/>
reich an&#x017F;tellen. Baumwolle, die man dem geladenen Leiter nahe<lb/>
bringt, &#x017F;treckt zuer&#x017F;t alle Fa&#x0364;den gegen den Conductor aus, fliegt<lb/>
dann gegen ihn zu, wird nun wieder abge&#x017F;toßen, und wenn &#x017F;ie am<lb/>
Conductor fe&#x017F;tha&#x0364;ngt, &#x017F;toßen &#x017F;ich die einzelnen Fa&#x0364;den einander ab.<lb/>
Rauch, den man in der Na&#x0364;he des electri&#x017F;irten Leiters erregt, wird<lb/>
von ihm angezogen. Campher, den man auf einer ei&#x017F;ernen<lb/>
Unterlage anzu&#x0364;ndet, dann ausbla&#x0364;&#x017F;t und &#x017F;ogleich, wa&#x0364;hrend er noch<lb/>
raucht, dem electri&#x017F;irten Leiter na&#x0364;hert, bildet eine Menge kleiner<lb/>
Spitzchen, die durch die Anziehung des Leiters gegen die noch nicht<lb/>
erha&#x0364;rteten Theile ent&#x017F;tehen. Ein a&#x0364;hnlicher Ver&#x017F;uch mit Siegellack<lb/>
giebt einen a&#x0364;hnlichen Erfolg, aber nicht &#x017F;o feine Spitzen.</p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head><hi rendition="#g">Entgegenge&#x017F;etzte Electricita&#x0364;ten des Reibzeugs und des<lb/>
geriebenen Ko&#x0364;rpers</hi>.</head><lb/>
          <p>Aber weit belehrender als die&#x017F;e, nur Bekanntes wiederholen-<lb/>
den, Ver&#x017F;uche &#x017F;ind die, wo man die eigentliche Art der Wirk&#x017F;am-<lb/>
keit des Reibzeuges zeigt. Ich habe &#x017F;chon fru&#x0364;her erwa&#x0364;hnt, daß<lb/>
man das Reibzeug der Ma&#x017F;chine &#x017F;o einzurichten pflegt, daß man<lb/>
es i&#x017F;oliren kann, &#x2014; wir wollen die&#x017F;e Einrichtung zu folgenden<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[233/0247] Lichte in der Folge mehr ſagen werde, und die Empfindungen bei dem Schlage uns hier auch noch nicht beſchaͤftigen ſollen. Als ein bloßer Erfolg der gegenſeitigen Abſtoßung iſt dagegen folgende Erſcheinung anzuſehen. Wenn man in ein Gefaͤß mit Waſſer einen Heber ſetzt, deſſen Ausflußroͤhre ein enges Haar- roͤhrchen iſt, ſo fließt der Heber, wenn er auch gehoͤrig gefuͤllt iſt und ſeine Oeffnung niedriger liegt, als die Oberflaͤche des Waſſers im Gefaͤße, doch entweder gar nicht oder nur in langſam auf ein- ander folgenden Tropfen; aber wenn man das Waſſer electriſirt, indem man es in einem metallenen Gefaͤße an den Leiter anhaͤngt, ſo fließt der Heber fortwaͤhrend und das Waſſer wird ſogar mit Gewalt herausgeſtoßen. Die electriſirten Waſſertheile, die an der Muͤndung liegen, werden von den anliegenden abgeſtoßen und herausgetrieben. Selbſt an einem einzelnen Waſſertropfen, der am Conductor haͤngt, ſieht man, daß er ſich verlaͤngert und eine ſpitzige Form annimmt, wenn man, waͤhrend der Conductor elec- triſirt iſt, einen andern Koͤrper dem Tropfen naͤhert. Andre Anziehungs- und Abſtoßungsverſuche laſſen ſich zahl- reich anſtellen. Baumwolle, die man dem geladenen Leiter nahe bringt, ſtreckt zuerſt alle Faͤden gegen den Conductor aus, fliegt dann gegen ihn zu, wird nun wieder abgeſtoßen, und wenn ſie am Conductor feſthaͤngt, ſtoßen ſich die einzelnen Faͤden einander ab. Rauch, den man in der Naͤhe des electriſirten Leiters erregt, wird von ihm angezogen. Campher, den man auf einer eiſernen Unterlage anzuͤndet, dann ausblaͤſt und ſogleich, waͤhrend er noch raucht, dem electriſirten Leiter naͤhert, bildet eine Menge kleiner Spitzchen, die durch die Anziehung des Leiters gegen die noch nicht erhaͤrteten Theile entſtehen. Ein aͤhnlicher Verſuch mit Siegellack giebt einen aͤhnlichen Erfolg, aber nicht ſo feine Spitzen. Entgegengeſetzte Electricitaͤten des Reibzeugs und des geriebenen Koͤrpers. Aber weit belehrender als dieſe, nur Bekanntes wiederholen- den, Verſuche ſind die, wo man die eigentliche Art der Wirkſam- keit des Reibzeuges zeigt. Ich habe ſchon fruͤher erwaͤhnt, daß man das Reibzeug der Maſchine ſo einzurichten pflegt, daß man es iſoliren kann, — wir wollen dieſe Einrichtung zu folgenden

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brandes_naturlehre03_1832
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brandes_naturlehre03_1832/247
Zitationshilfe: Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1832, S. 233. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brandes_naturlehre03_1832/247>, abgerufen am 21.11.2024.