Die wichtigen Entdeckungen andrer Art, zu denen New- tons Untersuchungen über das Licht und über die Bewegung der Himmelskörper Anlaß geben, mögen die Ursache gewesen sein, daß man die electrischen Untersuchungen in den nächsten 30 Jahren wenig weiter brachte; denn erst 1709 trat Hawksbee mit neuen Versuchen auf, unter denen die über das electrische Licht im luft- leeren Raume, die ich später erzählen werde, die wichtigsten sind. Ueber das Anziehen und Abstoßen stellte er manche neue Versuche an. Er bediente sich des Glases als eines leicht und stark electrisch werdenden Körpers, und nach ihm hat man fast immer nur Glas- kugeln, Glasröhren, Glasscheiben, als die zu diesem Zwecke taug- lichsten Körper angewandt. Er bemerkte, daß seitwärts hängende Fäden alle gegen den Mittelpunct der geriebenen Kugel angezogen wurden, daß sie dagegen nach allen Richtungen aus einander gin- gen, wenn sie selbst mit der electrisirten Kugel oder ihrer Axe ver- bunden waren; ferner daß Fäden innerhalb einer Glaskugel in Bewegung geriethen, wenn eine andere electrisirte Glaskugel in die Nähe gebracht wurde. Er bemühete sich, auch Metalle durch Reibung electrisch zu machen; aber dieses gelang ihm nicht, aus Gründen, worauf wir sogleich zurückkommen.
Die durch diese Erfahrungen schon klar angedeutete Mitthei- lung der Electricität wurde erst 1728 von Grey genauer unter- sucht, und Grey gelangte dadurch zu ganz neuen Aufschlüssen. Er bediente sich zu seinen Versuchen einer Glasröhre, die an beiden Enden mit Korkstöpseln geschlossen war und die er durch Reiben electrisch machte; und hier bemerkte er, daß leichte Körper nicht allein vom Glase, sondern auch von dem Kork angezogen und dann wieder abgestoßen wurden, daß also dieser ebenso gut als die geriebene Röhre selbst die electrischen Wirkungen ausübte. Um diese Mittheilung weiter zu versuchen, steckte er ein längeres Stäb- chen mit einer Kugel in den Kork, und auch diese zeigte eben die Wirkungen.
Leiter und Nichtleiter.
Diese deutlichen Spuren einer Fortleitung der Electricität, einer Mittheilung auch an entferntere Körper veranlaßten Grey noch weiter zu gehen, eine längere Schnur an jenen Kork zu befestigen und eine damit verbundene Kugel, 26 Fuß tief herab-
Die wichtigen Entdeckungen andrer Art, zu denen New- tons Unterſuchungen uͤber das Licht und uͤber die Bewegung der Himmelskoͤrper Anlaß geben, moͤgen die Urſache geweſen ſein, daß man die electriſchen Unterſuchungen in den naͤchſten 30 Jahren wenig weiter brachte; denn erſt 1709 trat Hawksbee mit neuen Verſuchen auf, unter denen die uͤber das electriſche Licht im luft- leeren Raume, die ich ſpaͤter erzaͤhlen werde, die wichtigſten ſind. Ueber das Anziehen und Abſtoßen ſtellte er manche neue Verſuche an. Er bediente ſich des Glaſes als eines leicht und ſtark electriſch werdenden Koͤrpers, und nach ihm hat man faſt immer nur Glas- kugeln, Glasroͤhren, Glasſcheiben, als die zu dieſem Zwecke taug- lichſten Koͤrper angewandt. Er bemerkte, daß ſeitwaͤrts haͤngende Faͤden alle gegen den Mittelpunct der geriebenen Kugel angezogen wurden, daß ſie dagegen nach allen Richtungen aus einander gin- gen, wenn ſie ſelbſt mit der electriſirten Kugel oder ihrer Axe ver- bunden waren; ferner daß Faͤden innerhalb einer Glaskugel in Bewegung geriethen, wenn eine andere electriſirte Glaskugel in die Naͤhe gebracht wurde. Er bemuͤhete ſich, auch Metalle durch Reibung electriſch zu machen; aber dieſes gelang ihm nicht, aus Gruͤnden, worauf wir ſogleich zuruͤckkommen.
Die durch dieſe Erfahrungen ſchon klar angedeutete Mitthei- lung der Electricitaͤt wurde erſt 1728 von Grey genauer unter- ſucht, und Grey gelangte dadurch zu ganz neuen Aufſchluͤſſen. Er bediente ſich zu ſeinen Verſuchen einer Glasroͤhre, die an beiden Enden mit Korkſtoͤpſeln geſchloſſen war und die er durch Reiben electriſch machte; und hier bemerkte er, daß leichte Koͤrper nicht allein vom Glaſe, ſondern auch von dem Kork angezogen und dann wieder abgeſtoßen wurden, daß alſo dieſer ebenſo gut als die geriebene Roͤhre ſelbſt die electriſchen Wirkungen ausuͤbte. Um dieſe Mittheilung weiter zu verſuchen, ſteckte er ein laͤngeres Staͤb- chen mit einer Kugel in den Kork, und auch dieſe zeigte eben die Wirkungen.
Leiter und Nichtleiter.
Dieſe deutlichen Spuren einer Fortleitung der Electricitaͤt, einer Mittheilung auch an entferntere Koͤrper veranlaßten Grey noch weiter zu gehen, eine laͤngere Schnur an jenen Kork zu befeſtigen und eine damit verbundene Kugel, 26 Fuß tief herab-
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><pbfacs="#f0222"n="208"/><p>Die wichtigen Entdeckungen andrer Art, zu denen <hirendition="#g">New-<lb/>
tons</hi> Unterſuchungen uͤber das Licht und uͤber die Bewegung der<lb/>
Himmelskoͤrper Anlaß geben, moͤgen die Urſache geweſen ſein, daß<lb/>
man die electriſchen Unterſuchungen in den naͤchſten 30 Jahren<lb/>
wenig weiter brachte; denn erſt 1709 trat <hirendition="#g">Hawksbee</hi> mit neuen<lb/>
Verſuchen auf, unter denen die uͤber das electriſche Licht im luft-<lb/>
leeren Raume, die ich ſpaͤter erzaͤhlen werde, die wichtigſten ſind.<lb/>
Ueber das Anziehen und Abſtoßen ſtellte er manche neue Verſuche<lb/>
an. Er bediente ſich des Glaſes als eines leicht und ſtark electriſch<lb/>
werdenden Koͤrpers, und nach ihm hat man faſt immer nur Glas-<lb/>
kugeln, Glasroͤhren, Glasſcheiben, als die zu dieſem Zwecke taug-<lb/>
lichſten Koͤrper angewandt. Er bemerkte, daß ſeitwaͤrts haͤngende<lb/>
Faͤden alle gegen den Mittelpunct der geriebenen Kugel angezogen<lb/>
wurden, daß ſie dagegen nach allen Richtungen aus einander gin-<lb/>
gen, wenn ſie ſelbſt mit der electriſirten Kugel oder ihrer Axe ver-<lb/>
bunden waren; ferner daß Faͤden innerhalb einer Glaskugel in<lb/>
Bewegung geriethen, wenn eine andere electriſirte Glaskugel in<lb/>
die Naͤhe gebracht wurde. Er bemuͤhete ſich, auch Metalle durch<lb/>
Reibung electriſch zu machen; aber dieſes gelang ihm nicht, aus<lb/>
Gruͤnden, worauf wir ſogleich zuruͤckkommen.</p><lb/><p>Die durch dieſe Erfahrungen ſchon klar angedeutete Mitthei-<lb/>
lung der Electricitaͤt wurde erſt 1728 von <hirendition="#g">Grey</hi> genauer unter-<lb/>ſucht, und <hirendition="#g">Grey</hi> gelangte dadurch zu ganz neuen Aufſchluͤſſen.<lb/>
Er bediente ſich zu ſeinen Verſuchen einer Glasroͤhre, die an beiden<lb/>
Enden mit Korkſtoͤpſeln geſchloſſen war und die er durch Reiben<lb/>
electriſch machte; und hier bemerkte er, daß leichte Koͤrper nicht<lb/>
allein vom Glaſe, ſondern auch von dem Kork angezogen und<lb/>
dann wieder abgeſtoßen wurden, daß alſo dieſer ebenſo gut als die<lb/>
geriebene Roͤhre ſelbſt die electriſchen Wirkungen ausuͤbte. Um<lb/>
dieſe Mittheilung weiter zu verſuchen, ſteckte er ein laͤngeres Staͤb-<lb/>
chen mit einer Kugel in den Kork, und auch dieſe zeigte eben die<lb/>
Wirkungen.</p></div><lb/><divn="2"><head><hirendition="#g">Leiter und Nichtleiter</hi>.</head><lb/><p>Dieſe deutlichen Spuren einer Fortleitung der Electricitaͤt,<lb/>
einer Mittheilung auch an entferntere Koͤrper veranlaßten <hirendition="#g">Grey</hi><lb/>
noch weiter zu gehen, eine laͤngere Schnur an jenen Kork zu<lb/>
befeſtigen und eine damit verbundene Kugel, 26 Fuß tief herab-<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[208/0222]
Die wichtigen Entdeckungen andrer Art, zu denen New-
tons Unterſuchungen uͤber das Licht und uͤber die Bewegung der
Himmelskoͤrper Anlaß geben, moͤgen die Urſache geweſen ſein, daß
man die electriſchen Unterſuchungen in den naͤchſten 30 Jahren
wenig weiter brachte; denn erſt 1709 trat Hawksbee mit neuen
Verſuchen auf, unter denen die uͤber das electriſche Licht im luft-
leeren Raume, die ich ſpaͤter erzaͤhlen werde, die wichtigſten ſind.
Ueber das Anziehen und Abſtoßen ſtellte er manche neue Verſuche
an. Er bediente ſich des Glaſes als eines leicht und ſtark electriſch
werdenden Koͤrpers, und nach ihm hat man faſt immer nur Glas-
kugeln, Glasroͤhren, Glasſcheiben, als die zu dieſem Zwecke taug-
lichſten Koͤrper angewandt. Er bemerkte, daß ſeitwaͤrts haͤngende
Faͤden alle gegen den Mittelpunct der geriebenen Kugel angezogen
wurden, daß ſie dagegen nach allen Richtungen aus einander gin-
gen, wenn ſie ſelbſt mit der electriſirten Kugel oder ihrer Axe ver-
bunden waren; ferner daß Faͤden innerhalb einer Glaskugel in
Bewegung geriethen, wenn eine andere electriſirte Glaskugel in
die Naͤhe gebracht wurde. Er bemuͤhete ſich, auch Metalle durch
Reibung electriſch zu machen; aber dieſes gelang ihm nicht, aus
Gruͤnden, worauf wir ſogleich zuruͤckkommen.
Die durch dieſe Erfahrungen ſchon klar angedeutete Mitthei-
lung der Electricitaͤt wurde erſt 1728 von Grey genauer unter-
ſucht, und Grey gelangte dadurch zu ganz neuen Aufſchluͤſſen.
Er bediente ſich zu ſeinen Verſuchen einer Glasroͤhre, die an beiden
Enden mit Korkſtoͤpſeln geſchloſſen war und die er durch Reiben
electriſch machte; und hier bemerkte er, daß leichte Koͤrper nicht
allein vom Glaſe, ſondern auch von dem Kork angezogen und
dann wieder abgeſtoßen wurden, daß alſo dieſer ebenſo gut als die
geriebene Roͤhre ſelbſt die electriſchen Wirkungen ausuͤbte. Um
dieſe Mittheilung weiter zu verſuchen, ſteckte er ein laͤngeres Staͤb-
chen mit einer Kugel in den Kork, und auch dieſe zeigte eben die
Wirkungen.
Leiter und Nichtleiter.
Dieſe deutlichen Spuren einer Fortleitung der Electricitaͤt,
einer Mittheilung auch an entferntere Koͤrper veranlaßten Grey
noch weiter zu gehen, eine laͤngere Schnur an jenen Kork zu
befeſtigen und eine damit verbundene Kugel, 26 Fuß tief herab-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1832, S. 208. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brandes_naturlehre03_1832/222>, abgerufen am 13.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.