Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1832.

Bild:
<< vorherige Seite

uns mit Wirkungen, die wir von Jugend an gesehen haben, ohne
sie uns deutlich zu erklären, vertraut zu machen, und uns zu zeigen,
wie grade die Wärme in die ganze Haushaltung der Natur, zwar
auch zerstörend, aber doch vorzüglich belebend und heilsam eingreift.
Es ist wohl einleuchtend, daß mit diesen Andeutungen nur das aus-
gesprochen ist, was jede Lehre vorzugsweise auszeichnet; denn kei-
nem Theile der Physik fehlt das ganz, was der eine in vorzüglichem
Grade besitzt, und es ist bekannt, daß auch die Wärmelehre durch
unzählige nützliche Anwendungen dem practischen Sinne sich sehr
empfielt, daß auch sie unerwartete Erscheinungen kennen lehrt,
und daß dagegen auch Licht und Electricität als mächtig wirkende
Mittel in das ganze Leben der Natur eingreifen, und so weiter.

Wärme und Licht. Wärmestoff.

Die Lehre von der Wärme schließt sich nahe an die Lehre vom
Lichte an, theils weil Wärme und Licht sich uns so oft vereinigt
zeigen, daß wir zuweilen zweifelhaft werden, ob wir sie nicht als
verschiedene Wirkungen einer gleichen Ursache ansehen sollen, theils
weil in einigen Fällen die Erscheinungen beider ganz offenbar ähn-
lichen Gesetzen folgen. Warum wir gleichwohl Bedenken tragen
müssen, die Wärme gradezu nur als Wirkung eben der Materie,
der wir die Licht-Erscheinungen zuschreiben, zu betrachten, wird
sich bei der Angabe der einzelnen Erscheinungen ergeben, und es
läßt sich hier wohl nur die kurze Bemerkung voranstellen, daß auch
die Wärme zu der Frage Anlaß gegeben hat, ob sie durch einen
von Körper zu Körper übergehenden ausströmenden Stoff hervor-
gebracht wird, oder ob nur die Undulationen des Aethers unserm Ge-
fühle in der Wärme, so wie dem Auge im Lichte, sich wahrnehmbar
machen. Diese Frage zu entscheiden, hat hier, wo die Erscheinun-
gen sich nicht mit der Schärfe, welche das Auge erlaubt, verfolgen
lassen, noch mehr Schwierigkeit, und ohne entscheiden zu wollen,
was tiefere Untersuchungen einst ergeben mögen, finden wir es doch
für die Darlegung der Erscheinungen am angemessensten, von
einem Wärmestoffe, von seinem Uebergange von einem Kör-
per zum andern, von seiner Verbindung mit den materiellen Thei-
len der Körper u. s. w. zu sprechen, und dieses um so mehr, da
zahlreiche Erscheinungen sich ganz so, als ob sie eine quantitative

uns mit Wirkungen, die wir von Jugend an geſehen haben, ohne
ſie uns deutlich zu erklaͤren, vertraut zu machen, und uns zu zeigen,
wie grade die Waͤrme in die ganze Haushaltung der Natur, zwar
auch zerſtoͤrend, aber doch vorzuͤglich belebend und heilſam eingreift.
Es iſt wohl einleuchtend, daß mit dieſen Andeutungen nur das aus-
geſprochen iſt, was jede Lehre vorzugsweiſe auszeichnet; denn kei-
nem Theile der Phyſik fehlt das ganz, was der eine in vorzuͤglichem
Grade beſitzt, und es iſt bekannt, daß auch die Waͤrmelehre durch
unzaͤhlige nuͤtzliche Anwendungen dem practiſchen Sinne ſich ſehr
empfielt, daß auch ſie unerwartete Erſcheinungen kennen lehrt,
und daß dagegen auch Licht und Electricitaͤt als maͤchtig wirkende
Mittel in das ganze Leben der Natur eingreifen, und ſo weiter.

Waͤrme und Licht. Waͤrmeſtoff.

Die Lehre von der Waͤrme ſchließt ſich nahe an die Lehre vom
Lichte an, theils weil Waͤrme und Licht ſich uns ſo oft vereinigt
zeigen, daß wir zuweilen zweifelhaft werden, ob wir ſie nicht als
verſchiedene Wirkungen einer gleichen Urſache anſehen ſollen, theils
weil in einigen Faͤllen die Erſcheinungen beider ganz offenbar aͤhn-
lichen Geſetzen folgen. Warum wir gleichwohl Bedenken tragen
muͤſſen, die Waͤrme gradezu nur als Wirkung eben der Materie,
der wir die Licht-Erſcheinungen zuſchreiben, zu betrachten, wird
ſich bei der Angabe der einzelnen Erſcheinungen ergeben, und es
laͤßt ſich hier wohl nur die kurze Bemerkung voranſtellen, daß auch
die Waͤrme zu der Frage Anlaß gegeben hat, ob ſie durch einen
von Koͤrper zu Koͤrper uͤbergehenden ausſtroͤmenden Stoff hervor-
gebracht wird, oder ob nur die Undulationen des Aethers unſerm Ge-
fuͤhle in der Waͤrme, ſo wie dem Auge im Lichte, ſich wahrnehmbar
machen. Dieſe Frage zu entſcheiden, hat hier, wo die Erſcheinun-
gen ſich nicht mit der Schaͤrfe, welche das Auge erlaubt, verfolgen
laſſen, noch mehr Schwierigkeit, und ohne entſcheiden zu wollen,
was tiefere Unterſuchungen einſt ergeben moͤgen, finden wir es doch
fuͤr die Darlegung der Erſcheinungen am angemeſſenſten, von
einem Waͤrmeſtoffe, von ſeinem Uebergange von einem Koͤr-
per zum andern, von ſeiner Verbindung mit den materiellen Thei-
len der Koͤrper u. ſ. w. zu ſprechen, und dieſes um ſo mehr, da
zahlreiche Erſcheinungen ſich ganz ſo, als ob ſie eine quantitative

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0016" n="2"/>
uns mit Wirkungen, die wir von Jugend an ge&#x017F;ehen haben, ohne<lb/>
&#x017F;ie uns deutlich zu erkla&#x0364;ren, vertraut zu machen, und uns zu zeigen,<lb/>
wie grade die Wa&#x0364;rme in die ganze Haushaltung der Natur, zwar<lb/>
auch zer&#x017F;to&#x0364;rend, aber doch vorzu&#x0364;glich belebend und heil&#x017F;am eingreift.<lb/>
Es i&#x017F;t wohl einleuchtend, daß mit die&#x017F;en Andeutungen nur das aus-<lb/>
ge&#x017F;prochen i&#x017F;t, was jede Lehre vorzugswei&#x017F;e auszeichnet; denn kei-<lb/>
nem Theile der Phy&#x017F;ik fehlt das ganz, was der eine in vorzu&#x0364;glichem<lb/>
Grade be&#x017F;itzt, und es i&#x017F;t bekannt, daß auch die Wa&#x0364;rmelehre durch<lb/>
unza&#x0364;hlige nu&#x0364;tzliche Anwendungen dem practi&#x017F;chen Sinne &#x017F;ich &#x017F;ehr<lb/>
empfielt, daß auch &#x017F;ie unerwartete Er&#x017F;cheinungen kennen lehrt,<lb/>
und daß dagegen auch Licht und Electricita&#x0364;t als ma&#x0364;chtig wirkende<lb/>
Mittel in das ganze Leben der Natur eingreifen, und &#x017F;o weiter.</p><lb/>
        <div n="2">
          <head><hi rendition="#g">Wa&#x0364;rme und Licht</hi>. <hi rendition="#g">Wa&#x0364;rme&#x017F;toff</hi>.</head><lb/>
          <p>Die Lehre von der Wa&#x0364;rme &#x017F;chließt &#x017F;ich nahe an die Lehre vom<lb/>
Lichte an, theils weil Wa&#x0364;rme und Licht &#x017F;ich uns &#x017F;o oft vereinigt<lb/>
zeigen, daß wir zuweilen zweifelhaft werden, ob wir &#x017F;ie nicht als<lb/>
ver&#x017F;chiedene Wirkungen einer gleichen Ur&#x017F;ache an&#x017F;ehen &#x017F;ollen, theils<lb/>
weil in einigen Fa&#x0364;llen die Er&#x017F;cheinungen beider ganz offenbar a&#x0364;hn-<lb/>
lichen Ge&#x017F;etzen folgen. Warum wir gleichwohl Bedenken tragen<lb/>
mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en, die Wa&#x0364;rme gradezu nur als Wirkung eben der Materie,<lb/>
der wir die Licht-Er&#x017F;cheinungen zu&#x017F;chreiben, zu betrachten, wird<lb/>
&#x017F;ich bei der Angabe der einzelnen Er&#x017F;cheinungen ergeben, und es<lb/>
la&#x0364;ßt &#x017F;ich hier wohl nur die kurze Bemerkung voran&#x017F;tellen, daß auch<lb/>
die Wa&#x0364;rme zu der Frage Anlaß gegeben hat, ob &#x017F;ie durch einen<lb/>
von Ko&#x0364;rper zu Ko&#x0364;rper u&#x0364;bergehenden aus&#x017F;tro&#x0364;menden Stoff hervor-<lb/>
gebracht wird, oder ob nur die Undulationen des Aethers un&#x017F;erm Ge-<lb/>
fu&#x0364;hle in der Wa&#x0364;rme, &#x017F;o wie dem Auge im Lichte, &#x017F;ich wahrnehmbar<lb/>
machen. Die&#x017F;e Frage zu ent&#x017F;cheiden, hat hier, wo die Er&#x017F;cheinun-<lb/>
gen &#x017F;ich nicht mit der Scha&#x0364;rfe, welche das Auge erlaubt, verfolgen<lb/>
la&#x017F;&#x017F;en, noch mehr Schwierigkeit, und ohne ent&#x017F;cheiden zu wollen,<lb/>
was tiefere Unter&#x017F;uchungen ein&#x017F;t ergeben mo&#x0364;gen, finden wir es doch<lb/>
fu&#x0364;r die Darlegung der Er&#x017F;cheinungen am angeme&#x017F;&#x017F;en&#x017F;ten, von<lb/>
einem <hi rendition="#g">Wa&#x0364;rme&#x017F;toffe</hi>, von &#x017F;einem Uebergange von einem Ko&#x0364;r-<lb/>
per zum andern, von &#x017F;einer Verbindung mit den materiellen Thei-<lb/>
len der Ko&#x0364;rper u. &#x017F;. w. zu &#x017F;prechen, und die&#x017F;es um &#x017F;o mehr, da<lb/>
zahlreiche Er&#x017F;cheinungen &#x017F;ich ganz &#x017F;o, als ob &#x017F;ie eine quantitative<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[2/0016] uns mit Wirkungen, die wir von Jugend an geſehen haben, ohne ſie uns deutlich zu erklaͤren, vertraut zu machen, und uns zu zeigen, wie grade die Waͤrme in die ganze Haushaltung der Natur, zwar auch zerſtoͤrend, aber doch vorzuͤglich belebend und heilſam eingreift. Es iſt wohl einleuchtend, daß mit dieſen Andeutungen nur das aus- geſprochen iſt, was jede Lehre vorzugsweiſe auszeichnet; denn kei- nem Theile der Phyſik fehlt das ganz, was der eine in vorzuͤglichem Grade beſitzt, und es iſt bekannt, daß auch die Waͤrmelehre durch unzaͤhlige nuͤtzliche Anwendungen dem practiſchen Sinne ſich ſehr empfielt, daß auch ſie unerwartete Erſcheinungen kennen lehrt, und daß dagegen auch Licht und Electricitaͤt als maͤchtig wirkende Mittel in das ganze Leben der Natur eingreifen, und ſo weiter. Waͤrme und Licht. Waͤrmeſtoff. Die Lehre von der Waͤrme ſchließt ſich nahe an die Lehre vom Lichte an, theils weil Waͤrme und Licht ſich uns ſo oft vereinigt zeigen, daß wir zuweilen zweifelhaft werden, ob wir ſie nicht als verſchiedene Wirkungen einer gleichen Urſache anſehen ſollen, theils weil in einigen Faͤllen die Erſcheinungen beider ganz offenbar aͤhn- lichen Geſetzen folgen. Warum wir gleichwohl Bedenken tragen muͤſſen, die Waͤrme gradezu nur als Wirkung eben der Materie, der wir die Licht-Erſcheinungen zuſchreiben, zu betrachten, wird ſich bei der Angabe der einzelnen Erſcheinungen ergeben, und es laͤßt ſich hier wohl nur die kurze Bemerkung voranſtellen, daß auch die Waͤrme zu der Frage Anlaß gegeben hat, ob ſie durch einen von Koͤrper zu Koͤrper uͤbergehenden ausſtroͤmenden Stoff hervor- gebracht wird, oder ob nur die Undulationen des Aethers unſerm Ge- fuͤhle in der Waͤrme, ſo wie dem Auge im Lichte, ſich wahrnehmbar machen. Dieſe Frage zu entſcheiden, hat hier, wo die Erſcheinun- gen ſich nicht mit der Schaͤrfe, welche das Auge erlaubt, verfolgen laſſen, noch mehr Schwierigkeit, und ohne entſcheiden zu wollen, was tiefere Unterſuchungen einſt ergeben moͤgen, finden wir es doch fuͤr die Darlegung der Erſcheinungen am angemeſſenſten, von einem Waͤrmeſtoffe, von ſeinem Uebergange von einem Koͤr- per zum andern, von ſeiner Verbindung mit den materiellen Thei- len der Koͤrper u. ſ. w. zu ſprechen, und dieſes um ſo mehr, da zahlreiche Erſcheinungen ſich ganz ſo, als ob ſie eine quantitative

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brandes_naturlehre03_1832
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brandes_naturlehre03_1832/16
Zitationshilfe: Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1832, S. 2. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brandes_naturlehre03_1832/16>, abgerufen am 21.11.2024.