Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 2. Leipzig, 1831.

Bild:
<< vorherige Seite
Farbenringe im polarisirten Lichte.

Unter den mannigfaltigen Erscheinungen, welche die Polarisi-
rung des Lichtes darbietet, verdient noch eine Classe von Erschei-
nungen hervorgehoben zu werden, nämlich die Farbenringe, die sich
unter gewissen Umständen im polarisirten Lichte zeigen. Folgendes
von Biot zuerst angegebene Experiment scheint mir am passend-
sten, um ihre Entstehung zu zeigen. Man nimmt ein Stück
Doppelspath, das aber zu diesem Zwecke zwei parallele, auf die Axe
doppelter Brechung genau senkrechte Oberflächen haben muß, und
befestigt diese Doppelspathplatte so zwischen den beiden Spiegeln
unsers Instruments, daß der vom ersten Spiegel kommende pola-
risirte Strahl sie senkrecht treffe. Zur Anstellung des Versuches
ist dann weiter nichts nöthig, als daß man im dunkeln Zimmer
einen lebhaften Lichtstrahl, von weißen Wolken ausgehend, unter
dem Polarisationswinkel auf den ersten Spiegel fallen lasse; daß
man den zweiten Spiegel in die Stellung bringe, wo er diesen
polarisirten Strahl nicht reflectirt, und daß man durch eine sehr
enge Oeffnung, vor welcher das Auge seine Stellung nimmt, in
diesen zweiten Spiegel sehe. Dann sieht man im zweiten Spiegel
Farbenkreise, die von einem schwarzen Kreuze durchschnitten sind.
Diese Erscheinung erklärt sich leicht aus den Ihnen schon bekannten
Gesetzen der Polarisirung. Da das Auge durch eine sehr kleine
Oeffnung sieht, so bilden die zum Auge gelangenden Lichtstrahlen
einen Kegel, in dessen Mitte die genau senkrecht auf den Doppel-
spath fallenden Strahlen liegen, statt daß die von den Seiten kom-
menden eine kleine Neigung gegen diese Senkrechte oder gegen die
Axe des Doppelspaths haben. Sie wissen, daß der zweite Spiegel
die in ihrem polarisirten Zustande bleibenden Strahlen nicht zurück-
wirft, also da Dunkel zeigt, wo sie erscheinen sollten, und dieses ist
erstlich für die genau senkrechten, das heißt, genau der Axe des
Doppelspaths folgenden Strahlen der Fall, aber auch zweitens für
diejenigen, die in der Ebne der ersten Reflexions-Ebne liegen, und
drittens für die, welche in einer gegen diese Ebne senkrechten Ebne
liegen. Die erstern nämlich erleiden gar keine Veränderung, die
zweiten erleiden zwar eine schwache Brechung, aber so daß (um
den kürzesten Ausdruck zu gebrauchen,) die Axen der Lichttheilchen

Farbenringe im polariſirten Lichte.

Unter den mannigfaltigen Erſcheinungen, welche die Polariſi-
rung des Lichtes darbietet, verdient noch eine Claſſe von Erſchei-
nungen hervorgehoben zu werden, naͤmlich die Farbenringe, die ſich
unter gewiſſen Umſtaͤnden im polariſirten Lichte zeigen. Folgendes
von Biot zuerſt angegebene Experiment ſcheint mir am paſſend-
ſten, um ihre Entſtehung zu zeigen. Man nimmt ein Stuͤck
Doppelſpath, das aber zu dieſem Zwecke zwei parallele, auf die Axe
doppelter Brechung genau ſenkrechte Oberflaͤchen haben muß, und
befeſtigt dieſe Doppelſpathplatte ſo zwiſchen den beiden Spiegeln
unſers Inſtruments, daß der vom erſten Spiegel kommende pola-
riſirte Strahl ſie ſenkrecht treffe. Zur Anſtellung des Verſuches
iſt dann weiter nichts noͤthig, als daß man im dunkeln Zimmer
einen lebhaften Lichtſtrahl, von weißen Wolken ausgehend, unter
dem Polariſationswinkel auf den erſten Spiegel fallen laſſe; daß
man den zweiten Spiegel in die Stellung bringe, wo er dieſen
polariſirten Strahl nicht reflectirt, und daß man durch eine ſehr
enge Oeffnung, vor welcher das Auge ſeine Stellung nimmt, in
dieſen zweiten Spiegel ſehe. Dann ſieht man im zweiten Spiegel
Farbenkreiſe, die von einem ſchwarzen Kreuze durchſchnitten ſind.
Dieſe Erſcheinung erklaͤrt ſich leicht aus den Ihnen ſchon bekannten
Geſetzen der Polariſirung. Da das Auge durch eine ſehr kleine
Oeffnung ſieht, ſo bilden die zum Auge gelangenden Lichtſtrahlen
einen Kegel, in deſſen Mitte die genau ſenkrecht auf den Doppel-
ſpath fallenden Strahlen liegen, ſtatt daß die von den Seiten kom-
menden eine kleine Neigung gegen dieſe Senkrechte oder gegen die
Axe des Doppelſpaths haben. Sie wiſſen, daß der zweite Spiegel
die in ihrem polariſirten Zuſtande bleibenden Strahlen nicht zuruͤck-
wirft, alſo da Dunkel zeigt, wo ſie erſcheinen ſollten, und dieſes iſt
erſtlich fuͤr die genau ſenkrechten, das heißt, genau der Axe des
Doppelſpaths folgenden Strahlen der Fall, aber auch zweitens fuͤr
diejenigen, die in der Ebne der erſten Reflexions-Ebne liegen, und
drittens fuͤr die, welche in einer gegen dieſe Ebne ſenkrechten Ebne
liegen. Die erſtern naͤmlich erleiden gar keine Veraͤnderung, die
zweiten erleiden zwar eine ſchwache Brechung, aber ſo daß (um
den kuͤrzeſten Ausdruck zu gebrauchen,) die Axen der Lichttheilchen

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0365" n="351"/>
        <div n="2">
          <head><hi rendition="#g">Farbenringe im polari&#x017F;irten                         Lichte</hi>.</head><lb/>
          <p>Unter den mannigfaltigen Er&#x017F;cheinungen, welche die                         Polari&#x017F;i-<lb/>
rung des Lichtes darbietet, verdient noch eine                         Cla&#x017F;&#x017F;e von Er&#x017F;chei-<lb/>
nungen                         hervorgehoben zu werden, na&#x0364;mlich die Farbenringe, die                         &#x017F;ich<lb/>
unter gewi&#x017F;&#x017F;en                         Um&#x017F;ta&#x0364;nden im polari&#x017F;irten Lichte zeigen.                         Folgendes<lb/>
von <hi rendition="#g">Biot</hi> zuer&#x017F;t angegebene                         Experiment &#x017F;cheint mir am                         pa&#x017F;&#x017F;end-<lb/>
&#x017F;ten, um ihre                         Ent&#x017F;tehung zu zeigen. Man nimmt ein                         Stu&#x0364;ck<lb/>
Doppel&#x017F;path, das aber zu die&#x017F;em                         Zwecke zwei parallele, auf die Axe<lb/>
doppelter Brechung genau                         &#x017F;enkrechte Oberfla&#x0364;chen haben muß,                         und<lb/>
befe&#x017F;tigt die&#x017F;e Doppel&#x017F;pathplatte                         &#x017F;o zwi&#x017F;chen den beiden Spiegeln<lb/>
un&#x017F;ers                         In&#x017F;truments, daß der vom er&#x017F;ten Spiegel kommende                         pola-<lb/>
ri&#x017F;irte Strahl &#x017F;ie &#x017F;enkrecht                         treffe. Zur An&#x017F;tellung des                         Ver&#x017F;uches<lb/>
i&#x017F;t dann weiter nichts                         no&#x0364;thig, als daß man im dunkeln Zimmer<lb/>
einen lebhaften                         Licht&#x017F;trahl, von weißen Wolken ausgehend, unter<lb/>
dem                         Polari&#x017F;ationswinkel auf den er&#x017F;ten Spiegel fallen                         la&#x017F;&#x017F;e; daß<lb/>
man den zweiten Spiegel in die Stellung                         bringe, wo er die&#x017F;en<lb/>
polari&#x017F;irten Strahl nicht                         reflectirt, und daß man durch eine &#x017F;ehr<lb/>
enge Oeffnung, vor                         welcher das Auge &#x017F;eine Stellung nimmt, in<lb/>
die&#x017F;en                         zweiten Spiegel &#x017F;ehe. Dann &#x017F;ieht man im zweiten                         Spiegel<lb/>
Farbenkrei&#x017F;e, die von einem &#x017F;chwarzen                         Kreuze durch&#x017F;chnitten &#x017F;ind.<lb/>
Die&#x017F;e                         Er&#x017F;cheinung erkla&#x0364;rt &#x017F;ich leicht aus den                         Ihnen &#x017F;chon bekannten<lb/>
Ge&#x017F;etzen der                         Polari&#x017F;irung. Da das Auge durch eine &#x017F;ehr                         kleine<lb/>
Oeffnung &#x017F;ieht, &#x017F;o bilden die zum Auge                         gelangenden Licht&#x017F;trahlen<lb/>
einen Kegel, in                         de&#x017F;&#x017F;en Mitte die genau &#x017F;enkrecht auf den                         Doppel-<lb/>
&#x017F;path fallenden Strahlen liegen, &#x017F;tatt daß                         die von den Seiten kom-<lb/>
menden eine kleine Neigung gegen                         die&#x017F;e Senkrechte oder gegen die<lb/>
Axe des                         Doppel&#x017F;paths haben. Sie wi&#x017F;&#x017F;en, daß der                         zweite Spiegel<lb/>
die in ihrem polari&#x017F;irten Zu&#x017F;tande                         bleibenden Strahlen nicht zuru&#x0364;ck-<lb/>
wirft, al&#x017F;o da                         Dunkel zeigt, wo &#x017F;ie er&#x017F;cheinen &#x017F;ollten,                         und die&#x017F;es i&#x017F;t<lb/>
er&#x017F;tlich fu&#x0364;r                         die genau &#x017F;enkrechten, das heißt, genau der Axe                         des<lb/>
Doppel&#x017F;paths folgenden Strahlen der Fall, aber auch                         zweitens fu&#x0364;r<lb/>
diejenigen, die in der Ebne der                         er&#x017F;ten Reflexions-Ebne liegen, und<lb/>
drittens fu&#x0364;r                         die, welche in einer gegen die&#x017F;e Ebne &#x017F;enkrechten                         Ebne<lb/>
liegen. Die er&#x017F;tern na&#x0364;mlich erleiden gar                         keine Vera&#x0364;nderung, die<lb/>
zweiten erleiden zwar eine                         &#x017F;chwache Brechung, aber &#x017F;o daß (um<lb/>
den                         ku&#x0364;rze&#x017F;ten Ausdruck zu gebrauchen,) die Axen der                             Lichttheilchen<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[351/0365] Farbenringe im polariſirten Lichte. Unter den mannigfaltigen Erſcheinungen, welche die Polariſi- rung des Lichtes darbietet, verdient noch eine Claſſe von Erſchei- nungen hervorgehoben zu werden, naͤmlich die Farbenringe, die ſich unter gewiſſen Umſtaͤnden im polariſirten Lichte zeigen. Folgendes von Biot zuerſt angegebene Experiment ſcheint mir am paſſend- ſten, um ihre Entſtehung zu zeigen. Man nimmt ein Stuͤck Doppelſpath, das aber zu dieſem Zwecke zwei parallele, auf die Axe doppelter Brechung genau ſenkrechte Oberflaͤchen haben muß, und befeſtigt dieſe Doppelſpathplatte ſo zwiſchen den beiden Spiegeln unſers Inſtruments, daß der vom erſten Spiegel kommende pola- riſirte Strahl ſie ſenkrecht treffe. Zur Anſtellung des Verſuches iſt dann weiter nichts noͤthig, als daß man im dunkeln Zimmer einen lebhaften Lichtſtrahl, von weißen Wolken ausgehend, unter dem Polariſationswinkel auf den erſten Spiegel fallen laſſe; daß man den zweiten Spiegel in die Stellung bringe, wo er dieſen polariſirten Strahl nicht reflectirt, und daß man durch eine ſehr enge Oeffnung, vor welcher das Auge ſeine Stellung nimmt, in dieſen zweiten Spiegel ſehe. Dann ſieht man im zweiten Spiegel Farbenkreiſe, die von einem ſchwarzen Kreuze durchſchnitten ſind. Dieſe Erſcheinung erklaͤrt ſich leicht aus den Ihnen ſchon bekannten Geſetzen der Polariſirung. Da das Auge durch eine ſehr kleine Oeffnung ſieht, ſo bilden die zum Auge gelangenden Lichtſtrahlen einen Kegel, in deſſen Mitte die genau ſenkrecht auf den Doppel- ſpath fallenden Strahlen liegen, ſtatt daß die von den Seiten kom- menden eine kleine Neigung gegen dieſe Senkrechte oder gegen die Axe des Doppelſpaths haben. Sie wiſſen, daß der zweite Spiegel die in ihrem polariſirten Zuſtande bleibenden Strahlen nicht zuruͤck- wirft, alſo da Dunkel zeigt, wo ſie erſcheinen ſollten, und dieſes iſt erſtlich fuͤr die genau ſenkrechten, das heißt, genau der Axe des Doppelſpaths folgenden Strahlen der Fall, aber auch zweitens fuͤr diejenigen, die in der Ebne der erſten Reflexions-Ebne liegen, und drittens fuͤr die, welche in einer gegen dieſe Ebne ſenkrechten Ebne liegen. Die erſtern naͤmlich erleiden gar keine Veraͤnderung, die zweiten erleiden zwar eine ſchwache Brechung, aber ſo daß (um den kuͤrzeſten Ausdruck zu gebrauchen,) die Axen der Lichttheilchen

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brandes_naturlehre02_1831
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brandes_naturlehre02_1831/365
Zitationshilfe: Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 2. Leipzig, 1831, S. 351. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brandes_naturlehre02_1831/365>, abgerufen am 21.11.2024.