Auch durch die Zurückwerfung des Lichtes entstehen Farben- Erscheinungen, die auf ähnliche Weise, wie bei der Beugung, von Interferenzen abhängen. Höchst bekannt sind die feinen farbigen Sonnenbilder, die wir an Haaren oder Spinnefäden, zuweilen auch an Claviersaiten, und in vielen andern Fällen sehen. Noch schöner zeigen sie sich, wenn man spiegelnde Flächen durch sehr eng an einander eingerissene feine Linien in völlig gleiche Theile einge- theilt hat, indem diese Flächen dann bald das rothe, bald das grüne, bald das violette Licht zurückwerfen, so wie es die verschie- denen Einfallswinkel fordern.
Um diese Farben-Erscheinungen zu erklären, müssen wir auf die beim Antreffen des Lichtes an einen andern Körper entstehenden Lichtwellen zurückgehen, die nämlich von jedem Puncte der Spie- gelfläche ausgehen. Ist hier die ganze Fläche AB (Fig. 124.) gleich gut geeignet die Lichtwellen zu erregen, so entsteht, auf die früher gezeigte Weise, die regelmäßige Reflexion; aber wenn da- gegen nur ein sehr kleiner Raum D, so klein, daß er selbst in Ver- gleichung gegen die Kleinheit der Lichtwellen nicht erheblich ist, die Eigenschaft Lichtwellen zu erregen besitzt, so werden von D nach allen Seiten Lichtwellen ausgehen, und es wird keine bestimmte Richtung des reflectirten Strahles statt finden. Giebt es neben D, aber so daß dazwischen eine zu Zurücksendung der Lichtwellen un- taugliche Stelle ist, einen zweiten die Lichtwelle zurückgebenden sehr kleinen Raum d, und so einen dritten e, und so ferner; so werden die Lichtwellen, von diesen getrennt liegenden Puncten ausgehend, dem Auge, das in einem Puncte gegenseitiger Verstärkung steht, eine Licht-Erscheinung geben, dem Auge dagegen, das in einem Puncte gegenseitig zerstörender Interferenz steht, ein Dunkel dar- bieten. Man müßte also die um D, d, e entstehenden Lichtwellen zeichnen, und wenn hier C die Lichtquelle ist, diejenigen Durch- schnittspuncte F suchen, wo die Summe der Wege CD, DF zu- sammen um eine ganze Wellenlänge von der Summe der Wege Cd, dF verschieden ist, und ein solcher Punct F wäre dann für die Licht-Erscheinung geeignet, dagegen bei dem Unterschiede der Wege gleich einer halben, gleich drei halben, gleich fünf halben
Farben-Erſcheinungen durch Zuruͤckwerfung.
Auch durch die Zuruͤckwerfung des Lichtes entſtehen Farben- Erſcheinungen, die auf aͤhnliche Weiſe, wie bei der Beugung, von Interferenzen abhaͤngen. Hoͤchſt bekannt ſind die feinen farbigen Sonnenbilder, die wir an Haaren oder Spinnefaͤden, zuweilen auch an Clavierſaiten, und in vielen andern Faͤllen ſehen. Noch ſchoͤner zeigen ſie ſich, wenn man ſpiegelnde Flaͤchen durch ſehr eng an einander eingeriſſene feine Linien in voͤllig gleiche Theile einge- theilt hat, indem dieſe Flaͤchen dann bald das rothe, bald das gruͤne, bald das violette Licht zuruͤckwerfen, ſo wie es die verſchie- denen Einfallswinkel fordern.
Um dieſe Farben-Erſcheinungen zu erklaͤren, muͤſſen wir auf die beim Antreffen des Lichtes an einen andern Koͤrper entſtehenden Lichtwellen zuruͤckgehen, die naͤmlich von jedem Puncte der Spie- gelflaͤche ausgehen. Iſt hier die ganze Flaͤche AB (Fig. 124.) gleich gut geeignet die Lichtwellen zu erregen, ſo entſteht, auf die fruͤher gezeigte Weiſe, die regelmaͤßige Reflexion; aber wenn da- gegen nur ein ſehr kleiner Raum D, ſo klein, daß er ſelbſt in Ver- gleichung gegen die Kleinheit der Lichtwellen nicht erheblich iſt, die Eigenſchaft Lichtwellen zu erregen beſitzt, ſo werden von D nach allen Seiten Lichtwellen ausgehen, und es wird keine beſtimmte Richtung des reflectirten Strahles ſtatt finden. Giebt es neben D, aber ſo daß dazwiſchen eine zu Zuruͤckſendung der Lichtwellen un- taugliche Stelle iſt, einen zweiten die Lichtwelle zuruͤckgebenden ſehr kleinen Raum d, und ſo einen dritten e, und ſo ferner; ſo werden die Lichtwellen, von dieſen getrennt liegenden Puncten ausgehend, dem Auge, das in einem Puncte gegenſeitiger Verſtaͤrkung ſteht, eine Licht-Erſcheinung geben, dem Auge dagegen, das in einem Puncte gegenſeitig zerſtoͤrender Interferenz ſteht, ein Dunkel dar- bieten. Man muͤßte alſo die um D, d, e entſtehenden Lichtwellen zeichnen, und wenn hier C die Lichtquelle iſt, diejenigen Durch- ſchnittspuncte F ſuchen, wo die Summe der Wege CD, DF zu- ſammen um eine ganze Wellenlaͤnge von der Summe der Wege Cd, dF verſchieden iſt, und ein ſolcher Punct F waͤre dann fuͤr die Licht-Erſcheinung geeignet, dagegen bei dem Unterſchiede der Wege gleich einer halben, gleich drei halben, gleich fuͤnf halben
<TEI><text><body><divn="1"><pbfacs="#f0310"n="296"/><divn="2"><head><hirendition="#g">Farben</hi>-<hirendition="#g">Erſcheinungen durch Zuruͤckwerfung</hi>.</head><lb/><p>Auch durch die Zuruͤckwerfung des Lichtes entſtehen Farben-<lb/>
Erſcheinungen, die auf aͤhnliche Weiſe, wie bei der Beugung, von<lb/>
Interferenzen abhaͤngen. Hoͤchſt bekannt ſind die feinen farbigen<lb/>
Sonnenbilder, die wir an Haaren oder Spinnefaͤden, zuweilen<lb/>
auch an Clavierſaiten, und in vielen andern Faͤllen ſehen. Noch<lb/>ſchoͤner zeigen ſie ſich, wenn man ſpiegelnde Flaͤchen durch ſehr eng<lb/>
an einander eingeriſſene feine Linien in voͤllig gleiche Theile einge-<lb/>
theilt hat, indem dieſe Flaͤchen dann bald das rothe, bald das<lb/>
gruͤne, bald das violette Licht zuruͤckwerfen, ſo wie es die verſchie-<lb/>
denen Einfallswinkel fordern.</p><lb/><p>Um dieſe Farben-Erſcheinungen zu erklaͤren, muͤſſen wir auf<lb/>
die beim Antreffen des Lichtes an einen andern Koͤrper entſtehenden<lb/>
Lichtwellen zuruͤckgehen, die naͤmlich von jedem Puncte der Spie-<lb/>
gelflaͤche ausgehen. Iſt hier die ganze Flaͤche <hirendition="#aq"><hirendition="#b">AB</hi></hi> (<hirendition="#aq"><hirendition="#b">Fig. 124.</hi></hi>)<lb/>
gleich gut geeignet die Lichtwellen zu erregen, ſo entſteht, auf die<lb/>
fruͤher gezeigte Weiſe, die regelmaͤßige Reflexion; aber wenn da-<lb/>
gegen nur ein ſehr kleiner Raum <hirendition="#aq"><hirendition="#b">D,</hi></hi>ſo klein, daß er ſelbſt in Ver-<lb/>
gleichung gegen die Kleinheit der Lichtwellen nicht erheblich iſt, die<lb/>
Eigenſchaft Lichtwellen zu erregen beſitzt, ſo werden von <hirendition="#aq"><hirendition="#b">D</hi></hi> nach<lb/>
allen Seiten Lichtwellen ausgehen, und es wird keine beſtimmte<lb/>
Richtung des reflectirten Strahles ſtatt finden. Giebt es neben <hirendition="#aq"><hirendition="#b">D,</hi></hi><lb/>
aber ſo daß dazwiſchen eine zu Zuruͤckſendung der Lichtwellen un-<lb/>
taugliche Stelle iſt, einen zweiten die Lichtwelle zuruͤckgebenden ſehr<lb/>
kleinen Raum <hirendition="#aq"><hirendition="#b">d,</hi></hi> und ſo einen dritten <hirendition="#aq"><hirendition="#b">e,</hi></hi> und ſo ferner; ſo werden<lb/>
die Lichtwellen, von dieſen getrennt liegenden Puncten ausgehend,<lb/>
dem Auge, das in einem Puncte gegenſeitiger Verſtaͤrkung ſteht,<lb/>
eine Licht-Erſcheinung geben, dem Auge dagegen, das in einem<lb/>
Puncte gegenſeitig zerſtoͤrender Interferenz ſteht, ein Dunkel dar-<lb/>
bieten. Man muͤßte alſo die um <hirendition="#aq"><hirendition="#b">D, d, e</hi></hi> entſtehenden Lichtwellen<lb/>
zeichnen, und wenn hier <hirendition="#aq"><hirendition="#b">C</hi></hi> die Lichtquelle iſt, diejenigen Durch-<lb/>ſchnittspuncte <hirendition="#aq"><hirendition="#b">F</hi></hi>ſuchen, wo die Summe der Wege <hirendition="#aq"><hirendition="#b">CD, DF</hi></hi> zu-<lb/>ſammen um eine ganze Wellenlaͤnge von der Summe der Wege<lb/><hirendition="#aq"><hirendition="#b">Cd, dF</hi></hi> verſchieden iſt, und ein ſolcher Punct <hirendition="#aq"><hirendition="#b">F</hi></hi> waͤre dann fuͤr<lb/>
die Licht-Erſcheinung geeignet, dagegen bei dem Unterſchiede der<lb/>
Wege gleich einer halben, gleich drei halben, gleich fuͤnf halben<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[296/0310]
Farben-Erſcheinungen durch Zuruͤckwerfung.
Auch durch die Zuruͤckwerfung des Lichtes entſtehen Farben-
Erſcheinungen, die auf aͤhnliche Weiſe, wie bei der Beugung, von
Interferenzen abhaͤngen. Hoͤchſt bekannt ſind die feinen farbigen
Sonnenbilder, die wir an Haaren oder Spinnefaͤden, zuweilen
auch an Clavierſaiten, und in vielen andern Faͤllen ſehen. Noch
ſchoͤner zeigen ſie ſich, wenn man ſpiegelnde Flaͤchen durch ſehr eng
an einander eingeriſſene feine Linien in voͤllig gleiche Theile einge-
theilt hat, indem dieſe Flaͤchen dann bald das rothe, bald das
gruͤne, bald das violette Licht zuruͤckwerfen, ſo wie es die verſchie-
denen Einfallswinkel fordern.
Um dieſe Farben-Erſcheinungen zu erklaͤren, muͤſſen wir auf
die beim Antreffen des Lichtes an einen andern Koͤrper entſtehenden
Lichtwellen zuruͤckgehen, die naͤmlich von jedem Puncte der Spie-
gelflaͤche ausgehen. Iſt hier die ganze Flaͤche AB (Fig. 124.)
gleich gut geeignet die Lichtwellen zu erregen, ſo entſteht, auf die
fruͤher gezeigte Weiſe, die regelmaͤßige Reflexion; aber wenn da-
gegen nur ein ſehr kleiner Raum D, ſo klein, daß er ſelbſt in Ver-
gleichung gegen die Kleinheit der Lichtwellen nicht erheblich iſt, die
Eigenſchaft Lichtwellen zu erregen beſitzt, ſo werden von D nach
allen Seiten Lichtwellen ausgehen, und es wird keine beſtimmte
Richtung des reflectirten Strahles ſtatt finden. Giebt es neben D,
aber ſo daß dazwiſchen eine zu Zuruͤckſendung der Lichtwellen un-
taugliche Stelle iſt, einen zweiten die Lichtwelle zuruͤckgebenden ſehr
kleinen Raum d, und ſo einen dritten e, und ſo ferner; ſo werden
die Lichtwellen, von dieſen getrennt liegenden Puncten ausgehend,
dem Auge, das in einem Puncte gegenſeitiger Verſtaͤrkung ſteht,
eine Licht-Erſcheinung geben, dem Auge dagegen, das in einem
Puncte gegenſeitig zerſtoͤrender Interferenz ſteht, ein Dunkel dar-
bieten. Man muͤßte alſo die um D, d, e entſtehenden Lichtwellen
zeichnen, und wenn hier C die Lichtquelle iſt, diejenigen Durch-
ſchnittspuncte F ſuchen, wo die Summe der Wege CD, DF zu-
ſammen um eine ganze Wellenlaͤnge von der Summe der Wege
Cd, dF verſchieden iſt, und ein ſolcher Punct F waͤre dann fuͤr
die Licht-Erſcheinung geeignet, dagegen bei dem Unterſchiede der
Wege gleich einer halben, gleich drei halben, gleich fuͤnf halben
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 2. Leipzig, 1831, S. 296. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brandes_naturlehre02_1831/310>, abgerufen am 22.02.2025.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
(Kontakt).
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2025. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.