Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 2. Leipzig, 1831.

Bild:
<< vorherige Seite

len gegen 1 rothen im Sonnenlichte, von jenen aber würde bei
1 Linie Dicke nur die Hälfte, bei 2 Linien Dicke nur 1/4, bei 3 Li-
nien Dicke nur 1/8 , bei 4 Linien nur , bei 5 Linien nur
durchgelassen, so wären bei 5 Linien Dicke der Ausdruck für
die 10 Strahlen grünen Lichts; das rothe, wenn es ganz unge-
schwächt durchginge, bliebe dagegen immer = 1, also hier schon
überwiegend.

Die merkwürdige Eigenschaft einiger Körper, ein doppeltes
Farbenspiel darzustellen, muß ich hiebei noch erwähnen. Der Opal
und einige andre Körper, selbst Mischungen von Flüssigkeiten, zei-
gen als zurückgeworfenes Licht ein Blau, ein blauliches Weiß und
ein Orange, das eine bei der einen, das andre bei der andern
Stellung hervortretend. Auch hier scheint mir die Zurückwerfung
des blauen Lichtes und die Durchlassung des gelblichen die Ursache
der Erscheinung zu sein. Indem nämlich die durch den Körper
durchgegangenen Strahlen an seiner Hinterfläche zurückgeworfen
werden, kommen sie als orangefarben zu dem an der erleuchteten
Seite stehenden Auge zurück, und es mögen hiezu bei den Steinen
die Reflexionen an den einzelnen Schichten noch mehr als die an
der äußersten Hinterfläche beitragen, wodurch dann der geringe
Grad von Durchsichtigkeit zugleich auch erklärlich ist.

Das Blau des Himmels und die Abendröthe.

Diese Betrachtungen über die ungleiche Färbung durchgelasse-
ner und zurückgeworfener Strahlen enthalten, wie es mir scheint,
einen vollkommenen Aufschluß über die Ursache, warum der Him-
mel blau, die Abendröthe orangefarben erscheint. Unsre Atmosphäre
ist aus Luft und aus Wasserdämpfen in sehr ungleichem wechselndem
Verhältnisse gemischt, und die Eigenschaften beider Mischungstheile
in Beziehung auf das Licht müssen wir näher untersuchen. Wenn
die Dünste sich so sichtbar niedergeschlagen haben, daß sie sich dem
Auge als Nebel oder als Wolken zeigen, so bemerken wir nicht,
daß eine Art von Farbenstrahlen mehr als die andre durchgelassen
oder mehr als die andre zurückgeworfen werde; eine Nebelmasse
sieht weiß aus, wenn die Sonne darauf scheint, die von der Sonne
stark erhellten Wolken erscheinen mit schönem weißen Glanze, da-
gegen sehen die Wolken grau aus, wo sie von schwächerem Lichte

len gegen 1 rothen im Sonnenlichte, von jenen aber wuͤrde bei
1 Linie Dicke nur die Haͤlfte, bei 2 Linien Dicke nur ¼, bei 3 Li-
nien Dicke nur ⅛, bei 4 Linien nur , bei 5 Linien nur
durchgelaſſen, ſo waͤren bei 5 Linien Dicke der Ausdruck fuͤr
die 10 Strahlen gruͤnen Lichts; das rothe, wenn es ganz unge-
ſchwaͤcht durchginge, bliebe dagegen immer = 1, alſo hier ſchon
uͤberwiegend.

Die merkwuͤrdige Eigenſchaft einiger Koͤrper, ein doppeltes
Farbenſpiel darzuſtellen, muß ich hiebei noch erwaͤhnen. Der Opal
und einige andre Koͤrper, ſelbſt Miſchungen von Fluͤſſigkeiten, zei-
gen als zuruͤckgeworfenes Licht ein Blau, ein blauliches Weiß und
ein Orange, das eine bei der einen, das andre bei der andern
Stellung hervortretend. Auch hier ſcheint mir die Zuruͤckwerfung
des blauen Lichtes und die Durchlaſſung des gelblichen die Urſache
der Erſcheinung zu ſein. Indem naͤmlich die durch den Koͤrper
durchgegangenen Strahlen an ſeiner Hinterflaͤche zuruͤckgeworfen
werden, kommen ſie als orangefarben zu dem an der erleuchteten
Seite ſtehenden Auge zuruͤck, und es moͤgen hiezu bei den Steinen
die Reflexionen an den einzelnen Schichten noch mehr als die an
der aͤußerſten Hinterflaͤche beitragen, wodurch dann der geringe
Grad von Durchſichtigkeit zugleich auch erklaͤrlich iſt.

Das Blau des Himmels und die Abendroͤthe.

Dieſe Betrachtungen uͤber die ungleiche Faͤrbung durchgelaſſe-
ner und zuruͤckgeworfener Strahlen enthalten, wie es mir ſcheint,
einen vollkommenen Aufſchluß uͤber die Urſache, warum der Him-
mel blau, die Abendroͤthe orangefarben erſcheint. Unſre Atmoſphaͤre
iſt aus Luft und aus Waſſerdaͤmpfen in ſehr ungleichem wechſelndem
Verhaͤltniſſe gemiſcht, und die Eigenſchaften beider Miſchungstheile
in Beziehung auf das Licht muͤſſen wir naͤher unterſuchen. Wenn
die Duͤnſte ſich ſo ſichtbar niedergeſchlagen haben, daß ſie ſich dem
Auge als Nebel oder als Wolken zeigen, ſo bemerken wir nicht,
daß eine Art von Farbenſtrahlen mehr als die andre durchgelaſſen
oder mehr als die andre zuruͤckgeworfen werde; eine Nebelmaſſe
ſieht weiß aus, wenn die Sonne darauf ſcheint, die von der Sonne
ſtark erhellten Wolken erſcheinen mit ſchoͤnem weißen Glanze, da-
gegen ſehen die Wolken grau aus, wo ſie von ſchwaͤcherem Lichte

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0235" n="221"/>
len gegen 1 rothen im                         Sonnenlichte, von jenen aber wu&#x0364;rde bei<lb/>
1 Linie Dicke nur die                         Ha&#x0364;lfte, bei 2 Linien Dicke nur ¼, bei 3 Li-<lb/>
nien                         Dicke nur &#x215B;, bei 4 Linien nur <formula notation="TeX">\frac{1}{16}</formula>, bei 5 Linien nur <formula notation="TeX">\frac{1}{32}</formula><lb/>
durchgela&#x017F;&#x017F;en, &#x017F;o                         wa&#x0364;ren <formula notation="TeX">\frac{10}{32}</formula> bei 5 Linien Dicke der Ausdruck fu&#x0364;r<lb/>
die 10 Strahlen                         gru&#x0364;nen Lichts; das rothe, wenn es ganz                         unge-<lb/>
&#x017F;chwa&#x0364;cht durchginge, bliebe dagegen immer =                         1, al&#x017F;o hier &#x017F;chon<lb/>
u&#x0364;berwiegend.</p><lb/>
          <p>Die merkwu&#x0364;rdige Eigen&#x017F;chaft einiger                         Ko&#x0364;rper, ein doppeltes<lb/>
Farben&#x017F;piel                         darzu&#x017F;tellen, muß ich hiebei noch erwa&#x0364;hnen. Der                         Opal<lb/>
und einige andre Ko&#x0364;rper, &#x017F;elb&#x017F;t                         Mi&#x017F;chungen von Flu&#x0364;&#x017F;&#x017F;igkeiten,                         zei-<lb/>
gen als zuru&#x0364;ckgeworfenes Licht ein Blau, ein blauliches                         Weiß und<lb/>
ein Orange, das eine bei der einen, das andre bei der                         andern<lb/>
Stellung hervortretend. Auch hier &#x017F;cheint mir die                         Zuru&#x0364;ckwerfung<lb/>
des blauen Lichtes und die                         Durchla&#x017F;&#x017F;ung des gelblichen die                         Ur&#x017F;ache<lb/>
der Er&#x017F;cheinung zu &#x017F;ein. Indem                         na&#x0364;mlich die durch den Ko&#x0364;rper<lb/>
durchgegangenen                         Strahlen an &#x017F;einer Hinterfla&#x0364;che                         zuru&#x0364;ckgeworfen<lb/>
werden, kommen &#x017F;ie als                         orangefarben zu dem an der erleuchteten<lb/>
Seite &#x017F;tehenden Auge                         zuru&#x0364;ck, und es mo&#x0364;gen hiezu bei den Steinen<lb/>
die                         Reflexionen an den einzelnen Schichten noch mehr als die an<lb/>
der                         a&#x0364;ußer&#x017F;ten Hinterfla&#x0364;che beitragen, wodurch                         dann der geringe<lb/>
Grad von Durch&#x017F;ichtigkeit zugleich auch                         erkla&#x0364;rlich i&#x017F;t.</p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head><hi rendition="#g">Das Blau des Himmels und die                             Abendro&#x0364;the</hi>.</head><lb/>
          <p>Die&#x017F;e Betrachtungen u&#x0364;ber die ungleiche                         Fa&#x0364;rbung durchgela&#x017F;&#x017F;e-<lb/>
ner und                         zuru&#x0364;ckgeworfener Strahlen enthalten, wie es mir                         &#x017F;cheint,<lb/>
einen vollkommenen Auf&#x017F;chluß                         u&#x0364;ber die Ur&#x017F;ache, warum der Him-<lb/>
mel blau, die                         Abendro&#x0364;the orangefarben er&#x017F;cheint. Un&#x017F;re                         Atmo&#x017F;pha&#x0364;re<lb/>
i&#x017F;t aus Luft und aus                         Wa&#x017F;&#x017F;erda&#x0364;mpfen in &#x017F;ehr                         ungleichem                         wech&#x017F;elndem<lb/>
Verha&#x0364;ltni&#x017F;&#x017F;e                         gemi&#x017F;cht, und die Eigen&#x017F;chaften beider                         Mi&#x017F;chungstheile<lb/>
in Beziehung auf das Licht                         mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en wir na&#x0364;her                         unter&#x017F;uchen. Wenn<lb/>
die Du&#x0364;n&#x017F;te                         &#x017F;ich &#x017F;o &#x017F;ichtbar                         niederge&#x017F;chlagen haben, daß &#x017F;ie &#x017F;ich                         dem<lb/>
Auge als Nebel oder als Wolken zeigen, &#x017F;o bemerken wir                         nicht,<lb/>
daß eine Art von Farben&#x017F;trahlen mehr als die andre                         durchgela&#x017F;&#x017F;en<lb/>
oder mehr als die andre                         zuru&#x0364;ckgeworfen werde; eine                         Nebelma&#x017F;&#x017F;e<lb/>
&#x017F;ieht weiß aus, wenn die                         Sonne darauf &#x017F;cheint, die von der Sonne<lb/>
&#x017F;tark                         erhellten Wolken er&#x017F;cheinen mit &#x017F;cho&#x0364;nem                         weißen Glanze, da-<lb/>
gegen &#x017F;ehen die Wolken grau aus, wo                         &#x017F;ie von &#x017F;chwa&#x0364;cherem Lichte<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[221/0235] len gegen 1 rothen im Sonnenlichte, von jenen aber wuͤrde bei 1 Linie Dicke nur die Haͤlfte, bei 2 Linien Dicke nur ¼, bei 3 Li- nien Dicke nur ⅛, bei 4 Linien nur [FORMEL], bei 5 Linien nur [FORMEL] durchgelaſſen, ſo waͤren [FORMEL] bei 5 Linien Dicke der Ausdruck fuͤr die 10 Strahlen gruͤnen Lichts; das rothe, wenn es ganz unge- ſchwaͤcht durchginge, bliebe dagegen immer = 1, alſo hier ſchon uͤberwiegend. Die merkwuͤrdige Eigenſchaft einiger Koͤrper, ein doppeltes Farbenſpiel darzuſtellen, muß ich hiebei noch erwaͤhnen. Der Opal und einige andre Koͤrper, ſelbſt Miſchungen von Fluͤſſigkeiten, zei- gen als zuruͤckgeworfenes Licht ein Blau, ein blauliches Weiß und ein Orange, das eine bei der einen, das andre bei der andern Stellung hervortretend. Auch hier ſcheint mir die Zuruͤckwerfung des blauen Lichtes und die Durchlaſſung des gelblichen die Urſache der Erſcheinung zu ſein. Indem naͤmlich die durch den Koͤrper durchgegangenen Strahlen an ſeiner Hinterflaͤche zuruͤckgeworfen werden, kommen ſie als orangefarben zu dem an der erleuchteten Seite ſtehenden Auge zuruͤck, und es moͤgen hiezu bei den Steinen die Reflexionen an den einzelnen Schichten noch mehr als die an der aͤußerſten Hinterflaͤche beitragen, wodurch dann der geringe Grad von Durchſichtigkeit zugleich auch erklaͤrlich iſt. Das Blau des Himmels und die Abendroͤthe. Dieſe Betrachtungen uͤber die ungleiche Faͤrbung durchgelaſſe- ner und zuruͤckgeworfener Strahlen enthalten, wie es mir ſcheint, einen vollkommenen Aufſchluß uͤber die Urſache, warum der Him- mel blau, die Abendroͤthe orangefarben erſcheint. Unſre Atmoſphaͤre iſt aus Luft und aus Waſſerdaͤmpfen in ſehr ungleichem wechſelndem Verhaͤltniſſe gemiſcht, und die Eigenſchaften beider Miſchungstheile in Beziehung auf das Licht muͤſſen wir naͤher unterſuchen. Wenn die Duͤnſte ſich ſo ſichtbar niedergeſchlagen haben, daß ſie ſich dem Auge als Nebel oder als Wolken zeigen, ſo bemerken wir nicht, daß eine Art von Farbenſtrahlen mehr als die andre durchgelaſſen oder mehr als die andre zuruͤckgeworfen werde; eine Nebelmaſſe ſieht weiß aus, wenn die Sonne darauf ſcheint, die von der Sonne ſtark erhellten Wolken erſcheinen mit ſchoͤnem weißen Glanze, da- gegen ſehen die Wolken grau aus, wo ſie von ſchwaͤcherem Lichte

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brandes_naturlehre02_1831
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brandes_naturlehre02_1831/235
Zitationshilfe: Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 2. Leipzig, 1831, S. 221. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brandes_naturlehre02_1831/235>, abgerufen am 21.12.2024.