same Strahlen heißen müssen, in Vergleichung gegen die, welche sich zerstreuen und deßhalb gar keinen erheblichen Eindruck auf das Auge machen, und daß das Auge O in der Richtung OP den Glanz der zweimal reflectirten Strahlen so gut, als die Schwäche dieser Strahlen es verstattet, sehen muß, ist ganz offenbar. Die Rechnung giebt für den Winkel POQ oder für den Abstand dieses hellen Kreises vom Schatten des Kopfes 501/2 Grad für die rothen, 533/4 Grad für die violetten Strahlen. Dieser zweite Regenbogen, der der Natur der Sache nach immer nur matt sein kann, liegt also höher als der Hauptbogen, umgiebt diesen, und hat das Roth an der innern, das Violett an der äußern Seite, weil bei stärkerer Brechung der Winkel POQ größer wird. In der Fig. 102. ist ungefähr dargestellt, wie beide Arten von Strahlen zum Auge O gelangen, indem die bei P liegenden Tropfen den lebhaftern, die bei Q liegenden den schwächern Regenbogen darstellen.
Um die Bedenklichkeit, ob denn diese im Innern des Tropfens reflectirten Strahlen ein so glänzendes Phänomen, wie der Regen- bogen ist, hervorbringen können, zu beseitigen, muß ich noch eine Bemerkung beifügen. Ich habe immer nur von einem Tropfen, der uns diese Erscheinung darbiete, gesprochen; es läßt sich aber leicht übersehen, daß alle in der ganzen Linie (Fig. 102.) OP liegenden Tropfen ebenso geeignet sind, die wirksamen Strahlen dem Auge O zuzusenden, und daß also jeder der vielen tausend Tropfen, die eben im Fallen durch die Linie OP gehen, zu Ver- mehrung des Lichtes des Regenbogens beiträgt. Aus diesem Grunde ist der Regenbogen matt, wenn der Regen schwach ist, lebhaft, wenn die Zahl der Tropfen groß ist.
Auch der Mond bietet zuweilen die Erscheinung des Regenbo- gens dar, doch unterscheidet man in dem matten Lichte des Mond- regenbogens nicht immer die Farben.
Andre Erscheinungen bei dem Regenbogen.
Ein Umstand ist bei dem Regenbogen noch nicht ganz erklärt, nämlich der, daß am Hauptregenbogen sich nicht selten an der innern Seite eine Wiederholung des Grün und Violett zeigt, so daß an den violetten Bogen, den unsre Theorie angiebt, sich noch ein schmaler grüner, dann ein violetter, wieder ein grüner und
ſame Strahlen heißen muͤſſen, in Vergleichung gegen die, welche ſich zerſtreuen und deßhalb gar keinen erheblichen Eindruck auf das Auge machen, und daß das Auge O in der Richtung OP den Glanz der zweimal reflectirten Strahlen ſo gut, als die Schwaͤche dieſer Strahlen es verſtattet, ſehen muß, iſt ganz offenbar. Die Rechnung giebt fuͤr den Winkel POQ oder fuͤr den Abſtand dieſes hellen Kreiſes vom Schatten des Kopfes 50½ Grad fuͤr die rothen, 53¾ Grad fuͤr die violetten Strahlen. Dieſer zweite Regenbogen, der der Natur der Sache nach immer nur matt ſein kann, liegt alſo hoͤher als der Hauptbogen, umgiebt dieſen, und hat das Roth an der innern, das Violett an der aͤußern Seite, weil bei ſtaͤrkerer Brechung der Winkel POQ groͤßer wird. In der Fig. 102. iſt ungefaͤhr dargeſtellt, wie beide Arten von Strahlen zum Auge O gelangen, indem die bei P liegenden Tropfen den lebhaftern, die bei Q liegenden den ſchwaͤchern Regenbogen darſtellen.
Um die Bedenklichkeit, ob denn dieſe im Innern des Tropfens reflectirten Strahlen ein ſo glaͤnzendes Phaͤnomen, wie der Regen- bogen iſt, hervorbringen koͤnnen, zu beſeitigen, muß ich noch eine Bemerkung beifuͤgen. Ich habe immer nur von einem Tropfen, der uns dieſe Erſcheinung darbiete, geſprochen; es laͤßt ſich aber leicht uͤberſehen, daß alle in der ganzen Linie (Fig. 102.) OP liegenden Tropfen ebenſo geeignet ſind, die wirkſamen Strahlen dem Auge O zuzuſenden, und daß alſo jeder der vielen tauſend Tropfen, die eben im Fallen durch die Linie OP gehen, zu Ver- mehrung des Lichtes des Regenbogens beitraͤgt. Aus dieſem Grunde iſt der Regenbogen matt, wenn der Regen ſchwach iſt, lebhaft, wenn die Zahl der Tropfen groß iſt.
Auch der Mond bietet zuweilen die Erſcheinung des Regenbo- gens dar, doch unterſcheidet man in dem matten Lichte des Mond- regenbogens nicht immer die Farben.
Andre Erſcheinungen bei dem Regenbogen.
Ein Umſtand iſt bei dem Regenbogen noch nicht ganz erklaͤrt, naͤmlich der, daß am Hauptregenbogen ſich nicht ſelten an der innern Seite eine Wiederholung des Gruͤn und Violett zeigt, ſo daß an den violetten Bogen, den unſre Theorie angiebt, ſich noch ein ſchmaler gruͤner, dann ein violetter, wieder ein gruͤner und
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[203/0217]
ſame Strahlen heißen muͤſſen, in Vergleichung gegen die, welche
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Glanz der zweimal reflectirten Strahlen ſo gut, als die Schwaͤche
dieſer Strahlen es verſtattet, ſehen muß, iſt ganz offenbar. Die
Rechnung giebt fuͤr den Winkel POQ oder fuͤr den Abſtand dieſes
hellen Kreiſes vom Schatten des Kopfes 50½ Grad fuͤr die rothen,
53¾ Grad fuͤr die violetten Strahlen. Dieſer zweite Regenbogen,
der der Natur der Sache nach immer nur matt ſein kann, liegt
alſo hoͤher als der Hauptbogen, umgiebt dieſen, und hat das Roth
an der innern, das Violett an der aͤußern Seite, weil bei ſtaͤrkerer
Brechung der Winkel POQ groͤßer wird. In der Fig. 102. iſt
ungefaͤhr dargeſtellt, wie beide Arten von Strahlen zum Auge O
gelangen, indem die bei P liegenden Tropfen den lebhaftern, die bei
Q liegenden den ſchwaͤchern Regenbogen darſtellen.
Um die Bedenklichkeit, ob denn dieſe im Innern des Tropfens
reflectirten Strahlen ein ſo glaͤnzendes Phaͤnomen, wie der Regen-
bogen iſt, hervorbringen koͤnnen, zu beſeitigen, muß ich noch eine
Bemerkung beifuͤgen. Ich habe immer nur von einem Tropfen,
der uns dieſe Erſcheinung darbiete, geſprochen; es laͤßt ſich aber
leicht uͤberſehen, daß alle in der ganzen Linie (Fig. 102.) OP
liegenden Tropfen ebenſo geeignet ſind, die wirkſamen Strahlen
dem Auge O zuzuſenden, und daß alſo jeder der vielen tauſend
Tropfen, die eben im Fallen durch die Linie OP gehen, zu Ver-
mehrung des Lichtes des Regenbogens beitraͤgt. Aus dieſem Grunde
iſt der Regenbogen matt, wenn der Regen ſchwach iſt, lebhaft, wenn
die Zahl der Tropfen groß iſt.
Auch der Mond bietet zuweilen die Erſcheinung des Regenbo-
gens dar, doch unterſcheidet man in dem matten Lichte des Mond-
regenbogens nicht immer die Farben.
Andre Erſcheinungen bei dem Regenbogen.
Ein Umſtand iſt bei dem Regenbogen noch nicht ganz erklaͤrt,
naͤmlich der, daß am Hauptregenbogen ſich nicht ſelten an der
innern Seite eine Wiederholung des Gruͤn und Violett zeigt, ſo
daß an den violetten Bogen, den unſre Theorie angiebt, ſich noch
ein ſchmaler gruͤner, dann ein violetter, wieder ein gruͤner und
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Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 2. Leipzig, 1831, S. 203. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brandes_naturlehre02_1831/217>, abgerufen am 22.02.2025.
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