Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 2. Leipzig, 1831.

Bild:
<< vorherige Seite

sich desto mehr entfernen, je weiter man DE hinaufschraubt. Wählt
man also die Stellung der beweglichen Halblinse so, daß der un-
terste Punct des Bildes f den obersten Punct des Bildes F berührt,
so lernt man die Größe jedes dieser beiden Bilder kennen; denn da
die Hälfte DE so fortgeschraubt wird, daß die Axen beider Hälften
immer parallel bleiben, so giebt die Schraube an, um wieviel die
Halblinse oder um wieviel ihre Axe fortgerückt ist, und dieses ist die
Größe des Bildes, aus welcher sich, wie bei andern Micrometern,
die scheinbare Größe des Gegenstandes, der Sehewinkel, unter
welchem er erscheint, ergiebt.

Strahlenbrechung in der Luft.

Ich verlasse endlich die Instrumente, um Sie auf einige Er-
scheinungen in der Atmosphäre aufmerksam zu machen, die ebenfalls
von der Brechung der Lichtstrahlen abhängen; -- Erscheinungen,
die zum Theil so auffallend sind, daß sie als Zauberbilder von den
Bewohnern der Gegenden, wo sie sich am schönsten zeigen, angese-
hen werden. Ehe ich zu diesen, als den seltneren und schwierige-
ren übergehe, muß ich mit der einfachen Bemerkung, daß auch in
der Atmosphäre das Licht gebrochen wird, anfangen. Die Erde
ist bekanntlich mit kugelförmigen Luftschichten umgeben, die gegen
die Oberfläche der Erde zu immer dichter werden. So wenig Dich-
tigkeit diese Schichten auch besitzen, so wird doch der schief auf sie
auffallende Lichtstrahl etwas gebrochen, und jedes Gestirn erscheint
uns daher etwas höher stehend, als es sollte, wenn keine Atmo-
sphäre da wäre, indem der Lichtstrahl (Fig. 80.) AB, wenn er
bei B in die Atmosphäre eintritt, ein wenig und nach und nach
immer mehr, gegen das Perpendikel zu gebrochen wird. Diese
Brechung des Lichtstrahles in der Luft ist meistens geringe, indeß
bemerkt der Astronom sie selbst bei hohen Stellungen der Gestirne;
nahe am Horizonte aber macht sie sich oft selbst dem gewöhnlichen
Beobachter kenntlich. Im Allgemeinen ist offenbar, daß je dichter
die Luft ist, desto größer wird die Brechung sein, und hieraus erhellt,
warum man bei einer möglichst genauen Bestimmung der Strah-
lenbrechung, wenn man diese nämlich nicht aus der Beobachtung
folgern, sondern theoretisch berechnen will, den Stand des Baro-
meters und Thermometers kennen muß. Ebenso ist einleuchtend, daß

ſich deſto mehr entfernen, je weiter man DE hinaufſchraubt. Waͤhlt
man alſo die Stellung der beweglichen Halblinſe ſo, daß der un-
terſte Punct des Bildes f den oberſten Punct des Bildes F beruͤhrt,
ſo lernt man die Groͤße jedes dieſer beiden Bilder kennen; denn da
die Haͤlfte DE ſo fortgeſchraubt wird, daß die Axen beider Haͤlften
immer parallel bleiben, ſo giebt die Schraube an, um wieviel die
Halblinſe oder um wieviel ihre Axe fortgeruͤckt iſt, und dieſes iſt die
Groͤße des Bildes, aus welcher ſich, wie bei andern Micrometern,
die ſcheinbare Groͤße des Gegenſtandes, der Sehewinkel, unter
welchem er erſcheint, ergiebt.

Strahlenbrechung in der Luft.

Ich verlaſſe endlich die Inſtrumente, um Sie auf einige Er-
ſcheinungen in der Atmoſphaͤre aufmerkſam zu machen, die ebenfalls
von der Brechung der Lichtſtrahlen abhaͤngen; — Erſcheinungen,
die zum Theil ſo auffallend ſind, daß ſie als Zauberbilder von den
Bewohnern der Gegenden, wo ſie ſich am ſchoͤnſten zeigen, angeſe-
hen werden. Ehe ich zu dieſen, als den ſeltneren und ſchwierige-
ren uͤbergehe, muß ich mit der einfachen Bemerkung, daß auch in
der Atmoſphaͤre das Licht gebrochen wird, anfangen. Die Erde
iſt bekanntlich mit kugelfoͤrmigen Luftſchichten umgeben, die gegen
die Oberflaͤche der Erde zu immer dichter werden. So wenig Dich-
tigkeit dieſe Schichten auch beſitzen, ſo wird doch der ſchief auf ſie
auffallende Lichtſtrahl etwas gebrochen, und jedes Geſtirn erſcheint
uns daher etwas hoͤher ſtehend, als es ſollte, wenn keine Atmo-
ſphaͤre da waͤre, indem der Lichtſtrahl (Fig. 80.) AB, wenn er
bei B in die Atmoſphaͤre eintritt, ein wenig und nach und nach
immer mehr, gegen das Perpendikel zu gebrochen wird. Dieſe
Brechung des Lichtſtrahles in der Luft iſt meiſtens geringe, indeß
bemerkt der Aſtronom ſie ſelbſt bei hohen Stellungen der Geſtirne;
nahe am Horizonte aber macht ſie ſich oft ſelbſt dem gewoͤhnlichen
Beobachter kenntlich. Im Allgemeinen iſt offenbar, daß je dichter
die Luft iſt, deſto groͤßer wird die Brechung ſein, und hieraus erhellt,
warum man bei einer moͤglichſt genauen Beſtimmung der Strah-
lenbrechung, wenn man dieſe naͤmlich nicht aus der Beobachtung
folgern, ſondern theoretiſch berechnen will, den Stand des Baro-
meters und Thermometers kennen muß. Ebenſo iſt einleuchtend, daß

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0174" n="160"/>
&#x017F;ich de&#x017F;to mehr                         entfernen, je weiter man <hi rendition="#aq"><hi rendition="#b">DE</hi></hi> hinauf&#x017F;chraubt. Wa&#x0364;hlt<lb/>
man al&#x017F;o                         die Stellung der beweglichen Halblin&#x017F;e &#x017F;o, daß der                         un-<lb/>
ter&#x017F;te Punct des Bildes <hi rendition="#aq"><hi rendition="#b">f</hi></hi> den ober&#x017F;ten Punct des Bildes <hi rendition="#aq"><hi rendition="#b">F</hi></hi> beru&#x0364;hrt,<lb/>
&#x017F;o lernt man die Gro&#x0364;ße                         jedes die&#x017F;er beiden Bilder kennen; denn da<lb/>
die                         Ha&#x0364;lfte <hi rendition="#aq"><hi rendition="#b">DE</hi></hi> &#x017F;o fortge&#x017F;chraubt wird, daß die Axen beider                         Ha&#x0364;lften<lb/>
immer parallel bleiben, &#x017F;o giebt die                         Schraube an, um wieviel die<lb/>
Halblin&#x017F;e oder um wieviel ihre                         Axe fortgeru&#x0364;ckt i&#x017F;t, und die&#x017F;es                         i&#x017F;t die<lb/>
Gro&#x0364;ße des Bildes, aus welcher                         &#x017F;ich, wie bei andern Micrometern,<lb/>
die &#x017F;cheinbare                         Gro&#x0364;ße des Gegen&#x017F;tandes, der Sehewinkel,                         unter<lb/>
welchem er er&#x017F;cheint, ergiebt.</p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head><hi rendition="#g">Strahlenbrechung in der Luft</hi>.</head><lb/>
          <p>Ich verla&#x017F;&#x017F;e endlich die In&#x017F;trumente, um Sie                         auf einige Er-<lb/>
&#x017F;cheinungen in der                         Atmo&#x017F;pha&#x0364;re aufmerk&#x017F;am zu machen, die                         ebenfalls<lb/>
von der Brechung der Licht&#x017F;trahlen                         abha&#x0364;ngen; &#x2014; Er&#x017F;cheinungen,<lb/>
die zum                         Theil &#x017F;o auffallend &#x017F;ind, daß &#x017F;ie als                         Zauberbilder von den<lb/>
Bewohnern der Gegenden, wo &#x017F;ie                         &#x017F;ich am &#x017F;cho&#x0364;n&#x017F;ten zeigen,                         ange&#x017F;e-<lb/>
hen werden. Ehe ich zu die&#x017F;en, als den                         &#x017F;eltneren und &#x017F;chwierige-<lb/>
ren                         u&#x0364;bergehe, muß ich mit der einfachen Bemerkung, daß auch                         in<lb/>
der Atmo&#x017F;pha&#x0364;re das Licht gebrochen wird,                         anfangen. Die Erde<lb/>
i&#x017F;t bekanntlich mit                         kugelfo&#x0364;rmigen Luft&#x017F;chichten umgeben, die                         gegen<lb/>
die Oberfla&#x0364;che der Erde zu immer dichter werden. So                         wenig Dich-<lb/>
tigkeit die&#x017F;e Schichten auch be&#x017F;itzen,                         &#x017F;o wird doch der &#x017F;chief auf                         &#x017F;ie<lb/>
auffallende Licht&#x017F;trahl etwas gebrochen, und                         jedes Ge&#x017F;tirn er&#x017F;cheint<lb/>
uns daher etwas                         ho&#x0364;her &#x017F;tehend, als es &#x017F;ollte, wenn keine                         Atmo-<lb/>
&#x017F;pha&#x0364;re da wa&#x0364;re, indem der                         Licht&#x017F;trahl (<hi rendition="#aq"><hi rendition="#b">Fig. 80.</hi></hi>) <hi rendition="#aq"><hi rendition="#b">AB,</hi></hi> wenn er<lb/>
bei <hi rendition="#aq"><hi rendition="#b">B</hi></hi> in die Atmo&#x017F;pha&#x0364;re eintritt, ein wenig und nach                         und nach<lb/>
immer mehr, gegen das Perpendikel zu gebrochen wird.                         Die&#x017F;e<lb/>
Brechung des Licht&#x017F;trahles in der Luft                         i&#x017F;t mei&#x017F;tens geringe, indeß<lb/>
bemerkt der                         A&#x017F;tronom &#x017F;ie &#x017F;elb&#x017F;t bei hohen                         Stellungen der Ge&#x017F;tirne;<lb/>
nahe am Horizonte aber macht                         &#x017F;ie &#x017F;ich oft &#x017F;elb&#x017F;t dem                         gewo&#x0364;hnlichen<lb/>
Beobachter kenntlich. Im Allgemeinen                         i&#x017F;t offenbar, daß je dichter<lb/>
die Luft i&#x017F;t,                         de&#x017F;to gro&#x0364;ßer wird die Brechung &#x017F;ein, und                         hieraus erhellt,<lb/>
warum man bei einer mo&#x0364;glich&#x017F;t                         genauen Be&#x017F;timmung der Strah-<lb/>
lenbrechung, wenn man                         die&#x017F;e na&#x0364;mlich nicht aus der Beobachtung<lb/>
folgern,                         &#x017F;ondern theoreti&#x017F;ch berechnen will, den Stand des                         Baro-<lb/>
meters und Thermometers kennen muß. Eben&#x017F;o                         i&#x017F;t einleuchtend, daß<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[160/0174] ſich deſto mehr entfernen, je weiter man DE hinaufſchraubt. Waͤhlt man alſo die Stellung der beweglichen Halblinſe ſo, daß der un- terſte Punct des Bildes f den oberſten Punct des Bildes F beruͤhrt, ſo lernt man die Groͤße jedes dieſer beiden Bilder kennen; denn da die Haͤlfte DE ſo fortgeſchraubt wird, daß die Axen beider Haͤlften immer parallel bleiben, ſo giebt die Schraube an, um wieviel die Halblinſe oder um wieviel ihre Axe fortgeruͤckt iſt, und dieſes iſt die Groͤße des Bildes, aus welcher ſich, wie bei andern Micrometern, die ſcheinbare Groͤße des Gegenſtandes, der Sehewinkel, unter welchem er erſcheint, ergiebt. Strahlenbrechung in der Luft. Ich verlaſſe endlich die Inſtrumente, um Sie auf einige Er- ſcheinungen in der Atmoſphaͤre aufmerkſam zu machen, die ebenfalls von der Brechung der Lichtſtrahlen abhaͤngen; — Erſcheinungen, die zum Theil ſo auffallend ſind, daß ſie als Zauberbilder von den Bewohnern der Gegenden, wo ſie ſich am ſchoͤnſten zeigen, angeſe- hen werden. Ehe ich zu dieſen, als den ſeltneren und ſchwierige- ren uͤbergehe, muß ich mit der einfachen Bemerkung, daß auch in der Atmoſphaͤre das Licht gebrochen wird, anfangen. Die Erde iſt bekanntlich mit kugelfoͤrmigen Luftſchichten umgeben, die gegen die Oberflaͤche der Erde zu immer dichter werden. So wenig Dich- tigkeit dieſe Schichten auch beſitzen, ſo wird doch der ſchief auf ſie auffallende Lichtſtrahl etwas gebrochen, und jedes Geſtirn erſcheint uns daher etwas hoͤher ſtehend, als es ſollte, wenn keine Atmo- ſphaͤre da waͤre, indem der Lichtſtrahl (Fig. 80.) AB, wenn er bei B in die Atmoſphaͤre eintritt, ein wenig und nach und nach immer mehr, gegen das Perpendikel zu gebrochen wird. Dieſe Brechung des Lichtſtrahles in der Luft iſt meiſtens geringe, indeß bemerkt der Aſtronom ſie ſelbſt bei hohen Stellungen der Geſtirne; nahe am Horizonte aber macht ſie ſich oft ſelbſt dem gewoͤhnlichen Beobachter kenntlich. Im Allgemeinen iſt offenbar, daß je dichter die Luft iſt, deſto groͤßer wird die Brechung ſein, und hieraus erhellt, warum man bei einer moͤglichſt genauen Beſtimmung der Strah- lenbrechung, wenn man dieſe naͤmlich nicht aus der Beobachtung folgern, ſondern theoretiſch berechnen will, den Stand des Baro- meters und Thermometers kennen muß. Ebenſo iſt einleuchtend, daß

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brandes_naturlehre02_1831
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brandes_naturlehre02_1831/174
Zitationshilfe: Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 2. Leipzig, 1831, S. 160. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brandes_naturlehre02_1831/174>, abgerufen am 21.12.2024.