Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 2. Leipzig, 1831.

Bild:
<< vorherige Seite

fast ungefärbten Schuppen der reißbleiartig glänzenden Kleider- und
Pelzmotte; sie werden nur bei der höchsten Schärfe und Lichtstärke
des Microscopes und bei 300 bis 400 maliger Vergrößerung sicht-
bar, und gehören also zu den ausgesuchtesten Prüfungsmitteln für
sehr vollkommene Instrumente *).

Aber um durch ein Microscop die Gegenstände deutlich zu
sehen, muß auch der Beobachter alle die Vorsichten kennen, die der
Gebrauch des Instruments fordert, und den dabei unvermeidlichen
Schwierigkeiten auszuweichen wissen. Je geringer die Brennweite
einer Linse ist, desto genauer muß der Gegenstand in einem ganz
bestimmten Puncte sich befinden, um deutlich gesehen zu werden,
und es ist bei starken Vergrößerungen ganz unmöglich, Puncte, die
etwas näher und die etwas entfernter sind, zugleich deutlich zu
sehen; man muß daher die Stellung des Instruments aufs ge-
naueste dem zu beobachtenden Puncte gemäß anordnen, und sie
ändern, wenn man in dem Gesichtsfelde, welches man übersieht,
bald entferntere bald nähere Puncte beobachten will.

Amici's Spiegelmicroscop.

Die sehr mannigfaltig verschiedenen Anordnungen der Gläser
in Microscopen hier näher anzugeben, scheint mir nicht unserm
Zwecke angemessen; aber eine Art von Microscopen, wo nämlich
Hohlspiegel angewandt werden, muß ich doch, weil sie zu sehr von
den übrigen abweichen, beschreiben. Dieses von Amici ausge-
führte Microscop ist aus Spiegeln und Linsengläsern zusammen-
gesetzt und heißt deshalb catadioptrisch. Ich habe bei den
Spiegeln nicht den elliptisch geschliffenen Spiegel erwähnt, der die
Eigenschaft hat, die aus dem einen Brennpuncte ausgehenden
Strahlen in dem andern Brennpuncte der Ellipse genau zu ver-
einigen. Die Ellipse nämlich, die ich schon in den mechanischen
Lehren der Physik an mehreren Stellen erwähnt habe **), besitzt
die Eigenschaft, daß zwei Linien (Fig. 72.) von ihren beiden

*) von Jacquins Aufsätze in Baumgartners und von
Ettingshausens
Zeitschrift für Physik. IV. 1.; und V. 129. ent-
halten noch mehr beachtenswerthe Bemerkungen.
**) 1. Theil. S. 81. 185. 330.

faſt ungefaͤrbten Schuppen der reißbleiartig glaͤnzenden Kleider- und
Pelzmotte; ſie werden nur bei der hoͤchſten Schaͤrfe und Lichtſtaͤrke
des Microſcopes und bei 300 bis 400 maliger Vergroͤßerung ſicht-
bar, und gehoͤren alſo zu den ausgeſuchteſten Pruͤfungsmitteln fuͤr
ſehr vollkommene Inſtrumente *).

Aber um durch ein Microſcop die Gegenſtaͤnde deutlich zu
ſehen, muß auch der Beobachter alle die Vorſichten kennen, die der
Gebrauch des Inſtruments fordert, und den dabei unvermeidlichen
Schwierigkeiten auszuweichen wiſſen. Je geringer die Brennweite
einer Linſe iſt, deſto genauer muß der Gegenſtand in einem ganz
beſtimmten Puncte ſich befinden, um deutlich geſehen zu werden,
und es iſt bei ſtarken Vergroͤßerungen ganz unmoͤglich, Puncte, die
etwas naͤher und die etwas entfernter ſind, zugleich deutlich zu
ſehen; man muß daher die Stellung des Inſtruments aufs ge-
naueſte dem zu beobachtenden Puncte gemaͤß anordnen, und ſie
aͤndern, wenn man in dem Geſichtsfelde, welches man uͤberſieht,
bald entferntere bald naͤhere Puncte beobachten will.

Amici's Spiegelmicroſcop.

Die ſehr mannigfaltig verſchiedenen Anordnungen der Glaͤſer
in Microſcopen hier naͤher anzugeben, ſcheint mir nicht unſerm
Zwecke angemeſſen; aber eine Art von Microſcopen, wo naͤmlich
Hohlſpiegel angewandt werden, muß ich doch, weil ſie zu ſehr von
den uͤbrigen abweichen, beſchreiben. Dieſes von Amici ausge-
fuͤhrte Microſcop iſt aus Spiegeln und Linſenglaͤſern zuſammen-
geſetzt und heißt deshalb catadioptriſch. Ich habe bei den
Spiegeln nicht den elliptiſch geſchliffenen Spiegel erwaͤhnt, der die
Eigenſchaft hat, die aus dem einen Brennpuncte ausgehenden
Strahlen in dem andern Brennpuncte der Ellipſe genau zu ver-
einigen. Die Ellipſe naͤmlich, die ich ſchon in den mechaniſchen
Lehren der Phyſik an mehreren Stellen erwaͤhnt habe **), beſitzt
die Eigenſchaft, daß zwei Linien (Fig. 72.) von ihren beiden

*) von Jacquins Aufſaͤtze in Baumgartners und von
Ettingshauſens
Zeitſchrift fuͤr Phyſik. IV. 1.; und V. 129. ent-
halten noch mehr beachtenswerthe Bemerkungen.
**) 1. Theil. S. 81. 185. 330.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0154" n="140"/>
fa&#x017F;t ungefa&#x0364;rbten Schuppen der                         reißbleiartig gla&#x0364;nzenden Kleider- und<lb/>
Pelzmotte;                         &#x017F;ie werden nur bei der ho&#x0364;ch&#x017F;ten                         Scha&#x0364;rfe und Licht&#x017F;ta&#x0364;rke<lb/>
des                         Micro&#x017F;copes und bei 300 bis 400 maliger Vergro&#x0364;ßerung                         &#x017F;icht-<lb/>
bar, und geho&#x0364;ren al&#x017F;o zu den                         ausge&#x017F;uchte&#x017F;ten Pru&#x0364;fungsmitteln                         fu&#x0364;r<lb/>
&#x017F;ehr vollkommene In&#x017F;trumente <note place="foot" n="*)"><hi rendition="#g">von Jacquins</hi> Auf&#x017F;a&#x0364;tze in <hi rendition="#g">Baumgartners</hi> und <hi rendition="#g">von<lb/>
Ettingshau&#x017F;ens</hi> Zeit&#x017F;chrift fu&#x0364;r Phy&#x017F;ik. <hi rendition="#aq"><hi rendition="#b">IV.</hi></hi> 1.; und <hi rendition="#aq"><hi rendition="#b">V.</hi></hi> 129. ent-<lb/>
halten noch mehr beachtenswerthe                         Bemerkungen.</note>.</p><lb/>
          <p>Aber um durch ein Micro&#x017F;cop die Gegen&#x017F;ta&#x0364;nde                         deutlich zu<lb/>
&#x017F;ehen, muß auch der Beobachter alle die                         Vor&#x017F;ichten kennen, die der<lb/>
Gebrauch des                         In&#x017F;truments fordert, und den dabei                         unvermeidlichen<lb/>
Schwierigkeiten auszuweichen                         wi&#x017F;&#x017F;en. Je geringer die Brennweite<lb/>
einer                         Lin&#x017F;e i&#x017F;t, de&#x017F;to genauer muß der                         Gegen&#x017F;tand in einem ganz<lb/>
be&#x017F;timmten Puncte                         &#x017F;ich befinden, um deutlich ge&#x017F;ehen zu werden,<lb/>
und                         es i&#x017F;t bei &#x017F;tarken Vergro&#x0364;ßerungen ganz                         unmo&#x0364;glich, Puncte, die<lb/>
etwas na&#x0364;her und die etwas                         entfernter &#x017F;ind, zugleich deutlich zu<lb/>
&#x017F;ehen; man                         muß daher die Stellung des In&#x017F;truments aufs                         ge-<lb/>
naue&#x017F;te dem zu beobachtenden Puncte gema&#x0364;ß                         anordnen, und &#x017F;ie<lb/>
a&#x0364;ndern, wenn man in dem                         Ge&#x017F;ichtsfelde, welches man                         u&#x0364;ber&#x017F;ieht,<lb/>
bald entferntere bald                         na&#x0364;here Puncte beobachten will.</p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head><hi rendition="#g">Amici</hi>'s <hi rendition="#g">Spiegelmicro&#x017F;cop</hi>.</head><lb/>
          <p>Die &#x017F;ehr mannigfaltig ver&#x017F;chiedenen Anordnungen der                         Gla&#x0364;&#x017F;er<lb/>
in Micro&#x017F;copen hier                         na&#x0364;her anzugeben, &#x017F;cheint mir nicht                         un&#x017F;erm<lb/>
Zwecke angeme&#x017F;&#x017F;en; aber eine Art                         von Micro&#x017F;copen, wo                         na&#x0364;mlich<lb/>
Hohl&#x017F;piegel angewandt werden, muß ich                         doch, weil &#x017F;ie zu &#x017F;ehr von<lb/>
den u&#x0364;brigen                         abweichen, be&#x017F;chreiben. Die&#x017F;es von <hi rendition="#g">Amici</hi> ausge-<lb/>
fu&#x0364;hrte Micro&#x017F;cop                         i&#x017F;t aus Spiegeln und                         Lin&#x017F;engla&#x0364;&#x017F;ern                         zu&#x017F;ammen-<lb/>
ge&#x017F;etzt und heißt deshalb <hi rendition="#g">catadioptri&#x017F;ch</hi>. Ich habe bei                         den<lb/>
Spiegeln nicht den ellipti&#x017F;ch ge&#x017F;chliffenen                         Spiegel erwa&#x0364;hnt, der die<lb/>
Eigen&#x017F;chaft hat, die aus                         dem einen Brennpuncte ausgehenden<lb/>
Strahlen in dem andern Brennpuncte der                         Ellip&#x017F;e genau zu ver-<lb/>
einigen. Die Ellip&#x017F;e                         na&#x0364;mlich, die ich &#x017F;chon in den                         mechani&#x017F;chen<lb/>
Lehren der Phy&#x017F;ik an mehreren Stellen                         erwa&#x0364;hnt habe <note place="foot" n="**)">1. Theil. S. 81. 185.                             330.</note>, be&#x017F;itzt<lb/>
die Eigen&#x017F;chaft, daß zwei                         Linien (<hi rendition="#aq"><hi rendition="#b">Fig. 72.</hi></hi>) von ihren beiden<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[140/0154] faſt ungefaͤrbten Schuppen der reißbleiartig glaͤnzenden Kleider- und Pelzmotte; ſie werden nur bei der hoͤchſten Schaͤrfe und Lichtſtaͤrke des Microſcopes und bei 300 bis 400 maliger Vergroͤßerung ſicht- bar, und gehoͤren alſo zu den ausgeſuchteſten Pruͤfungsmitteln fuͤr ſehr vollkommene Inſtrumente *). Aber um durch ein Microſcop die Gegenſtaͤnde deutlich zu ſehen, muß auch der Beobachter alle die Vorſichten kennen, die der Gebrauch des Inſtruments fordert, und den dabei unvermeidlichen Schwierigkeiten auszuweichen wiſſen. Je geringer die Brennweite einer Linſe iſt, deſto genauer muß der Gegenſtand in einem ganz beſtimmten Puncte ſich befinden, um deutlich geſehen zu werden, und es iſt bei ſtarken Vergroͤßerungen ganz unmoͤglich, Puncte, die etwas naͤher und die etwas entfernter ſind, zugleich deutlich zu ſehen; man muß daher die Stellung des Inſtruments aufs ge- naueſte dem zu beobachtenden Puncte gemaͤß anordnen, und ſie aͤndern, wenn man in dem Geſichtsfelde, welches man uͤberſieht, bald entferntere bald naͤhere Puncte beobachten will. Amici's Spiegelmicroſcop. Die ſehr mannigfaltig verſchiedenen Anordnungen der Glaͤſer in Microſcopen hier naͤher anzugeben, ſcheint mir nicht unſerm Zwecke angemeſſen; aber eine Art von Microſcopen, wo naͤmlich Hohlſpiegel angewandt werden, muß ich doch, weil ſie zu ſehr von den uͤbrigen abweichen, beſchreiben. Dieſes von Amici ausge- fuͤhrte Microſcop iſt aus Spiegeln und Linſenglaͤſern zuſammen- geſetzt und heißt deshalb catadioptriſch. Ich habe bei den Spiegeln nicht den elliptiſch geſchliffenen Spiegel erwaͤhnt, der die Eigenſchaft hat, die aus dem einen Brennpuncte ausgehenden Strahlen in dem andern Brennpuncte der Ellipſe genau zu ver- einigen. Die Ellipſe naͤmlich, die ich ſchon in den mechaniſchen Lehren der Phyſik an mehreren Stellen erwaͤhnt habe **), beſitzt die Eigenſchaft, daß zwei Linien (Fig. 72.) von ihren beiden *) von Jacquins Aufſaͤtze in Baumgartners und von Ettingshauſens Zeitſchrift fuͤr Phyſik. IV. 1.; und V. 129. ent- halten noch mehr beachtenswerthe Bemerkungen. **) 1. Theil. S. 81. 185. 330.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brandes_naturlehre02_1831
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brandes_naturlehre02_1831/154
Zitationshilfe: Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 2. Leipzig, 1831, S. 140. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brandes_naturlehre02_1831/154>, abgerufen am 21.11.2024.