größerung vorzüglich bei Brillen und größern Linsen, wo es leichter ins Auge fällt, als stärker erkennen, wenn wir das Glas weiter vom Auge entfernen; immer nämlich erscheint uns der Gegenstand so groß, wie er erscheinen würde, wenn das Auge da stände, wo wir das Glas halten, und da wir diese Größe mit der dem freien Auge erscheinenden vergleichen, so scheint uns die Vergrößerung stärker.
Das Entgegengesetzte findet bei Hohlgläsern statt. Wenn hier das Auge seine Stellung O so wählt, daß es den von B (Fig. 71.) kommenden Lichtstrahl, welcher durch die Mitte des Glases C geht und welcher fast ungebrochen durchgeht, bekommt, so erhält es zugleich die von A kommenden Strahlen so, als ob sie von a ausgingen, (von dem Zerstreuungspuncte); das Auge sieht also den Gegenstand AB unter dem kleinern Sehewinkel aOb, oder wenn das eine Auge den Gegenstand AB ohne Glas sieht, während das andre Auge durch das Hohlglas blickt, so sieht das letztere den Gegenstand auffallend verkleinert, da aOb kleiner als AOB ist.
Das zusammengesetzte Microscop.
Um starke Vergrößerungen mit mehr Bequemlichkeit anzuwen- den, bedient man sich des zusammengesetzten Microscops. Seine Einrichtung beruht darauf, daß Linsengläser allemal von Gegen- ständen, die nur wenig jenseits des Brennpunctes liegen, ein ver- größertes Bild geben, welches bei kurzen Brennweiten schon erheb- lich vergrößert und nicht allzu entfernt sich darstellen kann, wenn der Gegenstand auch nur sehr wenig weiter, als der Brennpunct vom Glase entfernt ist. Dieses so entstandene Bild betrachtet man durch eine zweite Linse von kurzer Brennweite, und sieht so das schon vergrößerte Bild abermals größer. Wäre zum Beispiel der Gegenstand um der Brennweite von der ersten Linse, die hier die Objectivlinse heißt, entfernt, so würde man ein zehnfach vergrößertes Bild erhalten, und wenn man dieses mit einem Au- genglase, (Ocular,) von 4 Linien Brennweite betrachtete, so erschiene, in Beziehung auf ein Auge, das in 10 Zoll Entfernung deutlich sieht, jenes zehnfach vergrößerte Bild abermals 30 mal vergrößert; es entstände also eine 300 malige Vergrößerung dem
groͤßerung vorzuͤglich bei Brillen und groͤßern Linſen, wo es leichter ins Auge faͤllt, als ſtaͤrker erkennen, wenn wir das Glas weiter vom Auge entfernen; immer naͤmlich erſcheint uns der Gegenſtand ſo groß, wie er erſcheinen wuͤrde, wenn das Auge da ſtaͤnde, wo wir das Glas halten, und da wir dieſe Groͤße mit der dem freien Auge erſcheinenden vergleichen, ſo ſcheint uns die Vergroͤßerung ſtaͤrker.
Das Entgegengeſetzte findet bei Hohlglaͤſern ſtatt. Wenn hier das Auge ſeine Stellung O ſo waͤhlt, daß es den von B (Fig. 71.) kommenden Lichtſtrahl, welcher durch die Mitte des Glaſes C geht und welcher faſt ungebrochen durchgeht, bekommt, ſo erhaͤlt es zugleich die von A kommenden Strahlen ſo, als ob ſie von a ausgingen, (von dem Zerſtreuungspuncte); das Auge ſieht alſo den Gegenſtand AB unter dem kleinern Sehewinkel aOb, oder wenn das eine Auge den Gegenſtand AB ohne Glas ſieht, waͤhrend das andre Auge durch das Hohlglas blickt, ſo ſieht das letztere den Gegenſtand auffallend verkleinert, da aOb kleiner als AOB iſt.
Das zuſammengeſetzte Microſcop.
Um ſtarke Vergroͤßerungen mit mehr Bequemlichkeit anzuwen- den, bedient man ſich des zuſammengeſetzten Microſcops. Seine Einrichtung beruht darauf, daß Linſenglaͤſer allemal von Gegen- ſtaͤnden, die nur wenig jenſeits des Brennpunctes liegen, ein ver- groͤßertes Bild geben, welches bei kurzen Brennweiten ſchon erheb- lich vergroͤßert und nicht allzu entfernt ſich darſtellen kann, wenn der Gegenſtand auch nur ſehr wenig weiter, als der Brennpunct vom Glaſe entfernt iſt. Dieſes ſo entſtandene Bild betrachtet man durch eine zweite Linſe von kurzer Brennweite, und ſieht ſo das ſchon vergroͤßerte Bild abermals groͤßer. Waͤre zum Beiſpiel der Gegenſtand um der Brennweite von der erſten Linſe, die hier die Objectivlinſe heißt, entfernt, ſo wuͤrde man ein zehnfach vergroͤßertes Bild erhalten, und wenn man dieſes mit einem Au- genglaſe, (Ocular,) von 4 Linien Brennweite betrachtete, ſo erſchiene, in Beziehung auf ein Auge, das in 10 Zoll Entfernung deutlich ſieht, jenes zehnfach vergroͤßerte Bild abermals 30 mal vergroͤßert; es entſtaͤnde alſo eine 300 malige Vergroͤßerung dem
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ſo groß, wie er erſcheinen wuͤrde, wenn das Auge da ſtaͤnde, wo
wir das Glas halten, und da wir dieſe Groͤße mit der dem freien
Auge erſcheinenden vergleichen, ſo ſcheint uns die Vergroͤßerung
ſtaͤrker.
Das Entgegengeſetzte findet bei Hohlglaͤſern ſtatt. Wenn
hier das Auge ſeine Stellung O ſo waͤhlt, daß es den von B
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Glaſes C geht und welcher faſt ungebrochen durchgeht, bekommt,
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alſo den Gegenſtand AB unter dem kleinern Sehewinkel aOb,
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letztere den Gegenſtand auffallend verkleinert, da aOb kleiner als
AOB iſt.
Das zuſammengeſetzte Microſcop.
Um ſtarke Vergroͤßerungen mit mehr Bequemlichkeit anzuwen-
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Einrichtung beruht darauf, daß Linſenglaͤſer allemal von Gegen-
ſtaͤnden, die nur wenig jenſeits des Brennpunctes liegen, ein ver-
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lich vergroͤßert und nicht allzu entfernt ſich darſtellen kann, wenn
der Gegenſtand auch nur ſehr wenig weiter, als der Brennpunct
vom Glaſe entfernt iſt. Dieſes ſo entſtandene Bild betrachtet man
durch eine zweite Linſe von kurzer Brennweite, und ſieht ſo das
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Gegenſtand um [FORMEL] der Brennweite von der erſten Linſe, die hier
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Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 2. Leipzig, 1831, S. 137. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brandes_naturlehre02_1831/151>, abgerufen am 22.02.2025.
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