mehr Kräfte, nach verschiedenen Richtungen auf einen einzigen Punct wirken.
Beispiele von Zusammensetzung und Zerlegung der Kräfte.
Die Anwendungen, wo eine solche Zusammensetzung von Kräften, welche nach verschiedenen Richtungen wirken, vorkömmt, sind unzählig. Wenn mehrere Menschen an schief gezogenen Seilen den schweren Block, mit welchem man Pfäle einschlägt, heben, so wird ein Theil der Kraft allemal unnütz angewandt, indem der seitwärts gerichtete Theil der angewandten Kräfte sich gegenseitig zerstört, und dies ist desto mehr der Fall, je weiter die Menschen aus einander stehen, je mehr von der Verticallinie abweichend die Seile sind. --
Wenn eine in C hängende Last durch eine Kraft, die über eine Rolle B zieht (Fig. 7.) gehoben wird, während das Ende des Seiles in A befestiget ist, so wird es der in D ziehenden Hand immer schwerer und schwerer die Last zu heben, weil die Anfangs nach FG noch ziemlich vortheilhaft ziehende Kraft eine höchst unvor- theilhafte Richtung erhält, wenn die Last schon bis E hinaufgezogen ist. Hier nämlich trägt der Haken bei A Anfangs einen bedeuten- den Theil der Last, so daß wenn die Last sich in F befindet, die in D ziehende Hand nur wenig mehr als die Hälfte der Last zu heben hat; bei der Stellung in E aber werden von 100 Pfund Kraft, die man in D aufwendet, kaum noch 10 zur Hebung der Last ver- wandt, der größte Theil der Kraft hingegen wird angewandt, um die horizontale Spannung des Seiles hervorzubringen, und den Haken bei A aus der Wand herauszuziehen. Ein Schiff, welches der Wind nach einer auf die Richtung des Stromes senkrechten Richtung forttreibt, folgt zugleich beiden Kräften, dem Winde und dem Strome, und die Richtung seines Fortrückens, oder wenn es vor Anker liegt, die Richtung die das Ankertau annimmt, zeigen die Richtung dieser Mittelkraft. Sind beide Kräfte nicht senkrecht auf einander, sondern nach AC und AB (Fig. 8.) wirkend, so un- terstützen sie einander, und wenn man das Parallelogramm ABDC zeichnet, dessen Seiten den Kräften proportional sind, so giebt AD verhältnißmäßig die Gewalt an, mit welcher die Mittelkraft den
mehr Kraͤfte, nach verſchiedenen Richtungen auf einen einzigen Punct wirken.
Beiſpiele von Zuſammenſetzung und Zerlegung der Kraͤfte.
Die Anwendungen, wo eine ſolche Zuſammenſetzung von Kraͤften, welche nach verſchiedenen Richtungen wirken, vorkoͤmmt, ſind unzaͤhlig. Wenn mehrere Menſchen an ſchief gezogenen Seilen den ſchweren Block, mit welchem man Pfaͤle einſchlaͤgt, heben, ſo wird ein Theil der Kraft allemal unnuͤtz angewandt, indem der ſeitwaͤrts gerichtete Theil der angewandten Kraͤfte ſich gegenſeitig zerſtoͤrt, und dies iſt deſto mehr der Fall, je weiter die Menſchen aus einander ſtehen, je mehr von der Verticallinie abweichend die Seile ſind. —
Wenn eine in C haͤngende Laſt durch eine Kraft, die uͤber eine Rolle B zieht (Fig. 7.) gehoben wird, waͤhrend das Ende des Seiles in A befeſtiget iſt, ſo wird es der in D ziehenden Hand immer ſchwerer und ſchwerer die Laſt zu heben, weil die Anfangs nach FG noch ziemlich vortheilhaft ziehende Kraft eine hoͤchſt unvor- theilhafte Richtung erhaͤlt, wenn die Laſt ſchon bis E hinaufgezogen iſt. Hier naͤmlich traͤgt der Haken bei A Anfangs einen bedeuten- den Theil der Laſt, ſo daß wenn die Laſt ſich in F befindet, die in D ziehende Hand nur wenig mehr als die Haͤlfte der Laſt zu heben hat; bei der Stellung in E aber werden von 100 Pfund Kraft, die man in D aufwendet, kaum noch 10 zur Hebung der Laſt ver- wandt, der groͤßte Theil der Kraft hingegen wird angewandt, um die horizontale Spannung des Seiles hervorzubringen, und den Haken bei A aus der Wand herauszuziehen. Ein Schiff, welches der Wind nach einer auf die Richtung des Stromes ſenkrechten Richtung forttreibt, folgt zugleich beiden Kraͤften, dem Winde und dem Strome, und die Richtung ſeines Fortruͤckens, oder wenn es vor Anker liegt, die Richtung die das Ankertau annimmt, zeigen die Richtung dieſer Mittelkraft. Sind beide Kraͤfte nicht ſenkrecht auf einander, ſondern nach AC und AB (Fig. 8.) wirkend, ſo un- terſtuͤtzen ſie einander, und wenn man das Parallelogramm ABDC zeichnet, deſſen Seiten den Kraͤften proportional ſind, ſo giebt AD verhaͤltnißmaͤßig die Gewalt an, mit welcher die Mittelkraft den
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0065"n="43"/>
mehr Kraͤfte, nach verſchiedenen Richtungen auf einen einzigen<lb/>
Punct wirken.</p></div><lb/><divn="2"><head><hirendition="#g">Beiſpiele von Zuſammenſetzung und Zerlegung der<lb/>
Kraͤfte</hi>.</head><lb/><p>Die Anwendungen, wo eine ſolche Zuſammenſetzung von<lb/>
Kraͤften, welche nach verſchiedenen Richtungen wirken, vorkoͤmmt,<lb/>ſind unzaͤhlig. Wenn mehrere Menſchen an ſchief gezogenen Seilen<lb/>
den ſchweren Block, mit welchem man Pfaͤle einſchlaͤgt, heben,<lb/>ſo wird ein Theil der Kraft allemal unnuͤtz angewandt, indem der<lb/>ſeitwaͤrts gerichtete Theil der angewandten Kraͤfte ſich gegenſeitig<lb/>
zerſtoͤrt, und dies iſt deſto mehr der Fall, je weiter die Menſchen<lb/>
aus einander ſtehen, je mehr von der Verticallinie abweichend die<lb/>
Seile ſind. —</p><lb/><p>Wenn eine in <hirendition="#aq"><hirendition="#b">C</hi></hi> haͤngende Laſt durch eine Kraft, die uͤber<lb/>
eine Rolle <hirendition="#aq"><hirendition="#b">B</hi></hi> zieht (<hirendition="#aq"><hirendition="#b">Fig. 7.</hi></hi>) gehoben wird, waͤhrend das Ende<lb/>
des Seiles in <hirendition="#aq"><hirendition="#b">A</hi></hi> befeſtiget iſt, ſo wird es der in <hirendition="#aq"><hirendition="#b">D</hi></hi> ziehenden Hand<lb/>
immer ſchwerer und ſchwerer die Laſt zu heben, weil die Anfangs<lb/>
nach <hirendition="#aq"><hirendition="#b">FG</hi></hi> noch ziemlich vortheilhaft ziehende Kraft eine hoͤchſt unvor-<lb/>
theilhafte Richtung erhaͤlt, wenn die Laſt ſchon bis <hirendition="#aq"><hirendition="#b">E</hi></hi> hinaufgezogen<lb/>
iſt. Hier naͤmlich traͤgt der Haken bei <hirendition="#aq"><hirendition="#b">A</hi></hi> Anfangs einen bedeuten-<lb/>
den Theil der Laſt, ſo daß wenn die Laſt ſich in <hirendition="#aq"><hirendition="#b">F</hi></hi> befindet, die in<lb/><hirendition="#aq"><hirendition="#b">D</hi></hi> ziehende Hand nur wenig mehr als die Haͤlfte der Laſt zu heben<lb/>
hat; bei der Stellung in <hirendition="#aq"><hirendition="#b">E</hi></hi> aber werden von 100 Pfund Kraft,<lb/>
die man in <hirendition="#aq"><hirendition="#b">D</hi></hi> aufwendet, kaum noch 10 zur Hebung der Laſt ver-<lb/>
wandt, der groͤßte Theil der Kraft hingegen wird angewandt, um<lb/>
die horizontale Spannung des Seiles hervorzubringen, und den<lb/>
Haken bei <hirendition="#aq"><hirendition="#b">A</hi></hi> aus der Wand herauszuziehen. Ein Schiff, welches<lb/>
der Wind nach einer auf die Richtung des Stromes ſenkrechten<lb/>
Richtung forttreibt, folgt zugleich beiden Kraͤften, dem Winde und<lb/>
dem Strome, und die Richtung ſeines Fortruͤckens, oder wenn es<lb/>
vor Anker liegt, die Richtung die das Ankertau annimmt, zeigen<lb/>
die Richtung dieſer Mittelkraft. Sind beide Kraͤfte nicht ſenkrecht<lb/>
auf einander, ſondern nach <hirendition="#aq"><hirendition="#b">AC</hi></hi> und <hirendition="#aq"><hirendition="#b">AB</hi></hi> (<hirendition="#aq"><hirendition="#b">Fig. 8.</hi></hi>) wirkend, ſo un-<lb/>
terſtuͤtzen ſie einander, und wenn man das Parallelogramm <hirendition="#aq"><hirendition="#b">ABDC</hi></hi><lb/>
zeichnet, deſſen Seiten den Kraͤften proportional ſind, ſo giebt <hirendition="#aq"><hirendition="#b">AD</hi></hi><lb/>
verhaͤltnißmaͤßig die Gewalt an, mit welcher die Mittelkraft den<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[43/0065]
mehr Kraͤfte, nach verſchiedenen Richtungen auf einen einzigen
Punct wirken.
Beiſpiele von Zuſammenſetzung und Zerlegung der
Kraͤfte.
Die Anwendungen, wo eine ſolche Zuſammenſetzung von
Kraͤften, welche nach verſchiedenen Richtungen wirken, vorkoͤmmt,
ſind unzaͤhlig. Wenn mehrere Menſchen an ſchief gezogenen Seilen
den ſchweren Block, mit welchem man Pfaͤle einſchlaͤgt, heben,
ſo wird ein Theil der Kraft allemal unnuͤtz angewandt, indem der
ſeitwaͤrts gerichtete Theil der angewandten Kraͤfte ſich gegenſeitig
zerſtoͤrt, und dies iſt deſto mehr der Fall, je weiter die Menſchen
aus einander ſtehen, je mehr von der Verticallinie abweichend die
Seile ſind. —
Wenn eine in C haͤngende Laſt durch eine Kraft, die uͤber
eine Rolle B zieht (Fig. 7.) gehoben wird, waͤhrend das Ende
des Seiles in A befeſtiget iſt, ſo wird es der in D ziehenden Hand
immer ſchwerer und ſchwerer die Laſt zu heben, weil die Anfangs
nach FG noch ziemlich vortheilhaft ziehende Kraft eine hoͤchſt unvor-
theilhafte Richtung erhaͤlt, wenn die Laſt ſchon bis E hinaufgezogen
iſt. Hier naͤmlich traͤgt der Haken bei A Anfangs einen bedeuten-
den Theil der Laſt, ſo daß wenn die Laſt ſich in F befindet, die in
D ziehende Hand nur wenig mehr als die Haͤlfte der Laſt zu heben
hat; bei der Stellung in E aber werden von 100 Pfund Kraft,
die man in D aufwendet, kaum noch 10 zur Hebung der Laſt ver-
wandt, der groͤßte Theil der Kraft hingegen wird angewandt, um
die horizontale Spannung des Seiles hervorzubringen, und den
Haken bei A aus der Wand herauszuziehen. Ein Schiff, welches
der Wind nach einer auf die Richtung des Stromes ſenkrechten
Richtung forttreibt, folgt zugleich beiden Kraͤften, dem Winde und
dem Strome, und die Richtung ſeines Fortruͤckens, oder wenn es
vor Anker liegt, die Richtung die das Ankertau annimmt, zeigen
die Richtung dieſer Mittelkraft. Sind beide Kraͤfte nicht ſenkrecht
auf einander, ſondern nach AC und AB (Fig. 8.) wirkend, ſo un-
terſtuͤtzen ſie einander, und wenn man das Parallelogramm ABDC
zeichnet, deſſen Seiten den Kraͤften proportional ſind, ſo giebt AD
verhaͤltnißmaͤßig die Gewalt an, mit welcher die Mittelkraft den
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 1. Leipzig, 1830, S. 43. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brandes_naturlehre01_1830/65>, abgerufen am 23.02.2025.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
(Kontakt).
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2025. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.