vermehrt wird, macht es dem Bauchredner möglich, die Täuschung hervorzubringen, als ob eine andre Person rede. Indem er näm- lich, ohne den Mund zu öffnen, und ohne die Lippen zu bewegen, Worte hervorbringt, fehlt uns das gewöhnliche Mittel, uns zu überzeugen, daß diese Person selbst die redende sei; und wenn der Bauchredner nun aufmerksam nach einem bestimmten Orte hin- blickend, dorthin zu horchen scheint, so bringt er leicht die Täuschung als ob dort ein andrer rede hervor. Spricht er nun sogar abwech- selnd auf die gewöhnliche Weise und antwortet mit einem dumpfen, wie aus der Ferne schallenden Tone, so entsteht die nicht leicht zu besiegende Täuschung, als ob das Gespräch so zwischen dem Bauch- redner und einem andern statt finde, wie er es uns will glauben machen. Es scheint, daß der Umstand, daß die hervorgebrachte Stimme nicht so bestimmt von einem Puncte ausgeht, wie bei dem Gebrauch der gewöhnlichen Sprach-Organe, jene Wirkung beför- dern hilft.
Das Stimm-Organ.
Die Wirkungs-Art des Stimm-Organes ist zwar nicht so gänzlich dunkel, wie die des Ohres, aber dennoch sind wir auch darüber nicht ganz genau unterrichtet. Daß die Stimme im Kehl- kopfe entstehe, und daß die Verengerung dieses Organes, die durch die Vorragung der Stimmbänder bewirkt wird, und die Stimmritze heißt, dabei vorzüglich als das eigentliche Instrument der Stimme zu betrachten sei, leidet keinen Zweifel. Man hat dieses Stimm- Organ mit der Zungenpfeife verglichen, und das Vibriren derjenigen Theile, welche die enge Stimmritze begrenzen, als den Ton bestim- mend angesehen. Dieses Vibriren hat Magendie beobachtet, und dabei wahrgenommen, daß bei Thieren die Stimmritzenbänder sich an einander anlegten und nicht mehr in ihrer ganzen Länge vi- brirten, wenn ein hoher Ton hervorgebracht wurde. Hiernach scheint es allerdings, daß die Einwirkung der Stimmritze als eines Zungen-Instrumentes einen wesentlichen Umstand bei der Bestim- mung des Tones ausmache.
Gegen diese Uebereinstimmung hat indeß Savart einge- wandt, daß der Klang der menschlichen Stimme sich so wesentlich von dem der Zungen-Instrumente unterscheide, und vorzüglich, daß
vermehrt wird, macht es dem Bauchredner moͤglich, die Taͤuſchung hervorzubringen, als ob eine andre Perſon rede. Indem er naͤm- lich, ohne den Mund zu oͤffnen, und ohne die Lippen zu bewegen, Worte hervorbringt, fehlt uns das gewoͤhnliche Mittel, uns zu uͤberzeugen, daß dieſe Perſon ſelbſt die redende ſei; und wenn der Bauchredner nun aufmerkſam nach einem beſtimmten Orte hin- blickend, dorthin zu horchen ſcheint, ſo bringt er leicht die Taͤuſchung als ob dort ein andrer rede hervor. Spricht er nun ſogar abwech- ſelnd auf die gewoͤhnliche Weiſe und antwortet mit einem dumpfen, wie aus der Ferne ſchallenden Tone, ſo entſteht die nicht leicht zu beſiegende Taͤuſchung, als ob das Geſpraͤch ſo zwiſchen dem Bauch- redner und einem andern ſtatt finde, wie er es uns will glauben machen. Es ſcheint, daß der Umſtand, daß die hervorgebrachte Stimme nicht ſo beſtimmt von einem Puncte ausgeht, wie bei dem Gebrauch der gewoͤhnlichen Sprach-Organe, jene Wirkung befoͤr- dern hilft.
Das Stimm-Organ.
Die Wirkungs-Art des Stimm-Organes iſt zwar nicht ſo gaͤnzlich dunkel, wie die des Ohres, aber dennoch ſind wir auch daruͤber nicht ganz genau unterrichtet. Daß die Stimme im Kehl- kopfe entſtehe, und daß die Verengerung dieſes Organes, die durch die Vorragung der Stimmbaͤnder bewirkt wird, und die Stimmritze heißt, dabei vorzuͤglich als das eigentliche Inſtrument der Stimme zu betrachten ſei, leidet keinen Zweifel. Man hat dieſes Stimm- Organ mit der Zungenpfeife verglichen, und das Vibriren derjenigen Theile, welche die enge Stimmritze begrenzen, als den Ton beſtim- mend angeſehen. Dieſes Vibriren hat Magendie beobachtet, und dabei wahrgenommen, daß bei Thieren die Stimmritzenbaͤnder ſich an einander anlegten und nicht mehr in ihrer ganzen Laͤnge vi- brirten, wenn ein hoher Ton hervorgebracht wurde. Hiernach ſcheint es allerdings, daß die Einwirkung der Stimmritze als eines Zungen-Inſtrumentes einen weſentlichen Umſtand bei der Beſtim- mung des Tones ausmache.
Gegen dieſe Uebereinſtimmung hat indeß Savart einge- wandt, daß der Klang der menſchlichen Stimme ſich ſo weſentlich von dem der Zungen-Inſtrumente unterſcheide, und vorzuͤglich, daß
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0378"n="356"/>
vermehrt wird, macht es dem Bauchredner moͤglich, die Taͤuſchung<lb/>
hervorzubringen, als ob eine andre Perſon rede. Indem er naͤm-<lb/>
lich, ohne den Mund zu oͤffnen, und ohne die Lippen zu bewegen,<lb/>
Worte hervorbringt, fehlt uns das gewoͤhnliche Mittel, uns zu<lb/>
uͤberzeugen, daß dieſe Perſon ſelbſt die redende ſei; und wenn der<lb/>
Bauchredner nun aufmerkſam nach einem beſtimmten Orte hin-<lb/>
blickend, dorthin zu horchen ſcheint, ſo bringt er leicht die Taͤuſchung<lb/>
als ob dort ein andrer rede hervor. Spricht er nun ſogar abwech-<lb/>ſelnd auf die gewoͤhnliche Weiſe und antwortet mit einem dumpfen,<lb/>
wie aus der Ferne ſchallenden Tone, ſo entſteht die nicht leicht zu<lb/>
beſiegende Taͤuſchung, als ob das Geſpraͤch ſo zwiſchen dem Bauch-<lb/>
redner und einem andern ſtatt finde, wie er es uns will glauben<lb/>
machen. Es ſcheint, daß der Umſtand, daß die hervorgebrachte<lb/>
Stimme nicht ſo beſtimmt von einem Puncte ausgeht, wie bei dem<lb/>
Gebrauch der gewoͤhnlichen Sprach-Organe, jene Wirkung befoͤr-<lb/>
dern hilft.</p></div><lb/><divn="2"><head><hirendition="#g">Das Stimm-Organ</hi>.</head><lb/><p>Die Wirkungs-Art des Stimm-Organes iſt zwar nicht ſo<lb/>
gaͤnzlich dunkel, wie die des Ohres, aber dennoch ſind wir auch<lb/>
daruͤber nicht ganz genau unterrichtet. Daß die Stimme im Kehl-<lb/>
kopfe entſtehe, und daß die Verengerung dieſes Organes, die durch<lb/>
die Vorragung der Stimmbaͤnder bewirkt wird, und die Stimmritze<lb/>
heißt, dabei vorzuͤglich als das eigentliche Inſtrument der Stimme<lb/>
zu betrachten ſei, leidet keinen Zweifel. Man hat dieſes Stimm-<lb/>
Organ mit der Zungenpfeife verglichen, und das Vibriren derjenigen<lb/>
Theile, welche die enge Stimmritze begrenzen, als den Ton beſtim-<lb/>
mend angeſehen. Dieſes Vibriren hat <hirendition="#g">Magendie</hi> beobachtet,<lb/>
und dabei wahrgenommen, daß bei Thieren die Stimmritzenbaͤnder<lb/>ſich an einander anlegten und nicht mehr in ihrer ganzen Laͤnge vi-<lb/>
brirten, wenn ein hoher Ton hervorgebracht wurde. Hiernach<lb/>ſcheint es allerdings, daß die Einwirkung der Stimmritze als eines<lb/>
Zungen-Inſtrumentes einen weſentlichen Umſtand bei der Beſtim-<lb/>
mung des Tones ausmache.</p><lb/><p>Gegen dieſe Uebereinſtimmung hat indeß <hirendition="#g">Savart</hi> einge-<lb/>
wandt, daß der Klang der menſchlichen Stimme ſich ſo weſentlich<lb/>
von dem der Zungen-Inſtrumente unterſcheide, und vorzuͤglich, daß<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[356/0378]
vermehrt wird, macht es dem Bauchredner moͤglich, die Taͤuſchung
hervorzubringen, als ob eine andre Perſon rede. Indem er naͤm-
lich, ohne den Mund zu oͤffnen, und ohne die Lippen zu bewegen,
Worte hervorbringt, fehlt uns das gewoͤhnliche Mittel, uns zu
uͤberzeugen, daß dieſe Perſon ſelbſt die redende ſei; und wenn der
Bauchredner nun aufmerkſam nach einem beſtimmten Orte hin-
blickend, dorthin zu horchen ſcheint, ſo bringt er leicht die Taͤuſchung
als ob dort ein andrer rede hervor. Spricht er nun ſogar abwech-
ſelnd auf die gewoͤhnliche Weiſe und antwortet mit einem dumpfen,
wie aus der Ferne ſchallenden Tone, ſo entſteht die nicht leicht zu
beſiegende Taͤuſchung, als ob das Geſpraͤch ſo zwiſchen dem Bauch-
redner und einem andern ſtatt finde, wie er es uns will glauben
machen. Es ſcheint, daß der Umſtand, daß die hervorgebrachte
Stimme nicht ſo beſtimmt von einem Puncte ausgeht, wie bei dem
Gebrauch der gewoͤhnlichen Sprach-Organe, jene Wirkung befoͤr-
dern hilft.
Das Stimm-Organ.
Die Wirkungs-Art des Stimm-Organes iſt zwar nicht ſo
gaͤnzlich dunkel, wie die des Ohres, aber dennoch ſind wir auch
daruͤber nicht ganz genau unterrichtet. Daß die Stimme im Kehl-
kopfe entſtehe, und daß die Verengerung dieſes Organes, die durch
die Vorragung der Stimmbaͤnder bewirkt wird, und die Stimmritze
heißt, dabei vorzuͤglich als das eigentliche Inſtrument der Stimme
zu betrachten ſei, leidet keinen Zweifel. Man hat dieſes Stimm-
Organ mit der Zungenpfeife verglichen, und das Vibriren derjenigen
Theile, welche die enge Stimmritze begrenzen, als den Ton beſtim-
mend angeſehen. Dieſes Vibriren hat Magendie beobachtet,
und dabei wahrgenommen, daß bei Thieren die Stimmritzenbaͤnder
ſich an einander anlegten und nicht mehr in ihrer ganzen Laͤnge vi-
brirten, wenn ein hoher Ton hervorgebracht wurde. Hiernach
ſcheint es allerdings, daß die Einwirkung der Stimmritze als eines
Zungen-Inſtrumentes einen weſentlichen Umſtand bei der Beſtim-
mung des Tones ausmache.
Gegen dieſe Uebereinſtimmung hat indeß Savart einge-
wandt, daß der Klang der menſchlichen Stimme ſich ſo weſentlich
von dem der Zungen-Inſtrumente unterſcheide, und vorzuͤglich, daß
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 1. Leipzig, 1830, S. 356. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brandes_naturlehre01_1830/378>, abgerufen am 22.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.