Da diese Betrachtungen aus der theoretischen Musik für jeden, der sich irgend mit Musik beschäftigt, Interesse haben, so muß ich doch auch noch ein Wort über die Moll-Tonleitern und über die mit jedem Dur-Ton verwandte Moll-Tonart sagen. -- Wenn man von einem Grundtone so fortschreitet, daß man um den Haupt-Accord zu bilden, die große Terze mit der Quinte und dem Grundtone zusammen nimmt, so machen diese Töne gleichzeitig 4, 5 und 6 Schwingungen, der Grundton nämlich 4, während der ihm als große Terze angehörende 5, der ihm als Quinte angehö- rende 6 macht. Hier geht man vom Grundtone zuerst durch eine große Terze, und hierauf durch eine kleine Terze zur Quinte fort. Die kleine Terze vereinigt zwei Töne, deren Schwingungszeiten sich wie 5 zu 6 verhalten, indem zum Beispiel C E G 1 , also 6 Schwin- gungen des G mit 5 Schwingungen des E gleichzeitig geschehen, wie schon mehrmals bemerkt ist. Wenn man eben diese Intervalle einer kleinen und großen Terze in umgekehrter Ordnung auf einander folgen läßt, so hat man den Moll-Accord, in welchem die Verhält- nisse der drei Schwingungszeiten weniger einfach ausgedrückt sind, und der dem Ohre nicht ganz so angenehm, als der Dur-Accord ist. Für C würde der Moll-Accord aus C Es G 1 zusammengesetzt sein; denn E = um einen kleinen halben Ton erniedrigt, giebt die Schwingungszahl = = für Es, oder D um einen großen halben Ton erhöhet giebt Es = = .
Will man die Moll-Tonleiter vervollständigen, so giebt man der Quinte ihren Moll-Accord und der Quarte ihren Moll-Accord. In der für c dur angegebnen Tonleiter finden sich alle dazu nöthi- gen Töne, wenn wir von dem Grundtone A anfangen; da nämlich ist c die kleine Terze, e die Quinte, d die Quarte, zu A; aber egh bildet den Moll-Accord der Quinte, dfa den Moll-Accord der Quarte. Wir hatten nämlich die Schwingungszeiten
I. U
Die Moll-Tonleiter.
Da dieſe Betrachtungen aus der theoretiſchen Muſik fuͤr jeden, der ſich irgend mit Muſik beſchaͤftigt, Intereſſe haben, ſo muß ich doch auch noch ein Wort uͤber die Moll-Tonleitern und uͤber die mit jedem Dur-Ton verwandte Moll-Tonart ſagen. — Wenn man von einem Grundtone ſo fortſchreitet, daß man um den Haupt-Accord zu bilden, die große Terze mit der Quinte und dem Grundtone zuſammen nimmt, ſo machen dieſe Toͤne gleichzeitig 4, 5 und 6 Schwingungen, der Grundton naͤmlich 4, waͤhrend der ihm als große Terze angehoͤrende 5, der ihm als Quinte angehoͤ- rende 6 macht. Hier geht man vom Grundtone zuerſt durch eine große Terze, und hierauf durch eine kleine Terze zur Quinte fort. Die kleine Terze vereinigt zwei Toͤne, deren Schwingungszeiten ſich wie 5 zu 6 verhalten, indem zum Beiſpiel C E G 1 , alſo 6 Schwin- gungen des G mit 5 Schwingungen des E gleichzeitig geſchehen, wie ſchon mehrmals bemerkt iſt. Wenn man eben dieſe Intervalle einer kleinen und großen Terze in umgekehrter Ordnung auf einander folgen laͤßt, ſo hat man den Moll-Accord, in welchem die Verhaͤlt- niſſe der drei Schwingungszeiten weniger einfach ausgedruͤckt ſind, und der dem Ohre nicht ganz ſo angenehm, als der Dur-Accord iſt. Fuͤr C wuͤrde der Moll-Accord aus C Es G 1 zuſammengeſetzt ſein; denn E = um einen kleinen halben Ton erniedrigt, giebt die Schwingungszahl = ⋅ = fuͤr Es, oder D um einen großen halben Ton erhoͤhet giebt Es = ⋅ = .
Will man die Moll-Tonleiter vervollſtaͤndigen, ſo giebt man der Quinte ihren Moll-Accord und der Quarte ihren Moll-Accord. In der fuͤr c dur angegebnen Tonleiter finden ſich alle dazu noͤthi- gen Toͤne, wenn wir von dem Grundtone A anfangen; da naͤmlich iſt c die kleine Terze, e die Quinte, d die Quarte, zu A; aber egh bildet den Moll-Accord der Quinte, dfa den Moll-Accord der Quarte. Wir hatten naͤmlich die Schwingungszeiten
I. U
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Die Moll-Tonleiter.
Da dieſe Betrachtungen aus der theoretiſchen Muſik fuͤr jeden,
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doch auch noch ein Wort uͤber die Moll-Tonleitern und uͤber die
mit jedem Dur-Ton verwandte Moll-Tonart ſagen. — Wenn
man von einem Grundtone ſo fortſchreitet, daß man um den
Haupt-Accord zu bilden, die große Terze mit der Quinte und dem
Grundtone zuſammen nimmt, ſo machen dieſe Toͤne gleichzeitig 4,
5 und 6 Schwingungen, der Grundton naͤmlich 4, waͤhrend der
ihm als große Terze angehoͤrende 5, der ihm als Quinte angehoͤ-
rende 6 macht. Hier geht man vom Grundtone zuerſt durch eine
große Terze, und hierauf durch eine kleine Terze zur Quinte fort.
Die kleine Terze vereinigt zwei Toͤne, deren Schwingungszeiten ſich
wie 5 zu 6 verhalten, indem zum Beiſpiel C E G
1 [FORMEL] [FORMEL], alſo 6 Schwin-
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ſchon mehrmals bemerkt iſt. Wenn man eben dieſe Intervalle einer
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folgen laͤßt, ſo hat man den Moll-Accord, in welchem die Verhaͤlt-
niſſe der drei Schwingungszeiten weniger einfach ausgedruͤckt ſind,
und der dem Ohre nicht ganz ſo angenehm, als der Dur-Accord
iſt. Fuͤr C wuͤrde der Moll-Accord aus
C Es G
1 [FORMEL][FORMEL]
zuſammengeſetzt ſein; denn E = [FORMEL] um einen kleinen halben Ton
erniedrigt, giebt die Schwingungszahl = [FORMEL] ⋅ [FORMEL] = [FORMEL] fuͤr Es, oder
D um einen großen halben Ton erhoͤhet giebt Es = [FORMEL] ⋅ [FORMEL] = [FORMEL].
Will man die Moll-Tonleiter vervollſtaͤndigen, ſo giebt man
der Quinte ihren Moll-Accord und der Quarte ihren Moll-Accord.
In der fuͤr c dur angegebnen Tonleiter finden ſich alle dazu noͤthi-
gen Toͤne, wenn wir von dem Grundtone A anfangen; da naͤmlich
iſt c die kleine Terze, e die Quinte, d die Quarte, zu A; aber egh
bildet den Moll-Accord der Quinte, dfa den Moll-Accord der
Quarte. Wir hatten naͤmlich die Schwingungszeiten
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Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 1. Leipzig, 1830, S. 305. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brandes_naturlehre01_1830/327>, abgerufen am 23.02.2025.
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