Ich muß endlich diesen Gegenstand abbrechen, obgleich die großen Störungen des Gleichgewichtes, wobei es sich ereignen kann, daß am Meeres-Ufer in der einen Gegend das Barometer so hoch steht, als in eben dem Augenblicke 2000 Fuß über dem Meere in einer andern Gegend, noch zu vielen Betrachtungen Anlaß geben könnten.
Siebzehnte Vorlesung.
Erscheinungen, die der Druck der Luft hervorbringt.
Die merkwürdigen Anwendungen, m. h. H., die das Baro- meter uns darbietet, haben mich so weit von denjenigen Betrach- tungen, die uns zur Kenntniß des Druckes der Luft führten, abge- lenkt, daß ich fast von neuem wieder anfangen muß, um das Fol- gende an das Frühere anzuknüpfen. Den Druck der Luft lehrte das Barometer uns kennen und abmessen; es zeigte uns, daß in den niedrigern Gegenden, wo wir leben, die Luft auf jede Fläche so- viel Druck ausübt, als ob eben diese Fläche mit 28 Zoll hoch Queck- silber bedeckt wäre. Dieser Druck ist 151/2 Pfund auf einen Pariser Quadratzoll und man kann daher rechnen, daß der menschliche Kör- per, dessen Oberfläche wenigstens 12 Quadratfuß beträgt, ungefehr 27000 Pfund Druck ertragen muß. Wir empfinden diesen Druck nicht, weil die Luft zugleich in unserem ganzen Körper alle sonst leeren Zwischenräume ausfüllt, und dort mit eben der Elasticität wie die äußere Luft der Zusammendrückung widersteht.
Auf diesem Drucke der Luft beruhen unzählige Phänomene in der Natur, und unzählige theils zu nützlichen Zwecken theils zum Scherze ausgedachte Einrichtungen. Wenn man die an beiden Enden offene Röhre AB (Fig. 124.), deren Oeffnung A am obern Ende zum Verschließen mit dem Daumen grade klein genug, die andre B aber sehr enge ist, den sogenannten Stechheber, ins Wasser eintaucht, während beide Enden offen gelassen sind, so füllt er sich mit Wasser; verschließt man nun die obere Oeffnung mit
Ich muß endlich dieſen Gegenſtand abbrechen, obgleich die großen Stoͤrungen des Gleichgewichtes, wobei es ſich ereignen kann, daß am Meeres-Ufer in der einen Gegend das Barometer ſo hoch ſteht, als in eben dem Augenblicke 2000 Fuß uͤber dem Meere in einer andern Gegend, noch zu vielen Betrachtungen Anlaß geben koͤnnten.
Siebzehnte Vorleſung.
Erſcheinungen, die der Druck der Luft hervorbringt.
Die merkwuͤrdigen Anwendungen, m. h. H., die das Baro- meter uns darbietet, haben mich ſo weit von denjenigen Betrach- tungen, die uns zur Kenntniß des Druckes der Luft fuͤhrten, abge- lenkt, daß ich faſt von neuem wieder anfangen muß, um das Fol- gende an das Fruͤhere anzuknuͤpfen. Den Druck der Luft lehrte das Barometer uns kennen und abmeſſen; es zeigte uns, daß in den niedrigern Gegenden, wo wir leben, die Luft auf jede Flaͤche ſo- viel Druck ausuͤbt, als ob eben dieſe Flaͤche mit 28 Zoll hoch Queck- ſilber bedeckt waͤre. Dieſer Druck iſt 15½ Pfund auf einen Pariſer Quadratzoll und man kann daher rechnen, daß der menſchliche Koͤr- per, deſſen Oberflaͤche wenigſtens 12 Quadratfuß betraͤgt, ungefehr 27000 Pfund Druck ertragen muß. Wir empfinden dieſen Druck nicht, weil die Luft zugleich in unſerem ganzen Koͤrper alle ſonſt leeren Zwiſchenraͤume ausfuͤllt, und dort mit eben der Elaſticitaͤt wie die aͤußere Luft der Zuſammendruͤckung widerſteht.
Auf dieſem Drucke der Luft beruhen unzaͤhlige Phaͤnomene in der Natur, und unzaͤhlige theils zu nuͤtzlichen Zwecken theils zum Scherze ausgedachte Einrichtungen. Wenn man die an beiden Enden offene Roͤhre AB (Fig. 124.), deren Oeffnung A am obern Ende zum Verſchließen mit dem Daumen grade klein genug, die andre B aber ſehr enge iſt, den ſogenannten Stechheber, ins Waſſer eintaucht, waͤhrend beide Enden offen gelaſſen ſind, ſo fuͤllt er ſich mit Waſſer; verſchließt man nun die obere Oeffnung mit
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Ich muß endlich dieſen Gegenſtand abbrechen, obgleich die
großen Stoͤrungen des Gleichgewichtes, wobei es ſich ereignen kann,
daß am Meeres-Ufer in der einen Gegend das Barometer ſo hoch
ſteht, als in eben dem Augenblicke 2000 Fuß uͤber dem Meere in
einer andern Gegend, noch zu vielen Betrachtungen Anlaß geben
koͤnnten.
Siebzehnte Vorleſung.
Erſcheinungen, die der Druck der Luft hervorbringt.
Die merkwuͤrdigen Anwendungen, m. h. H., die das Baro-
meter uns darbietet, haben mich ſo weit von denjenigen Betrach-
tungen, die uns zur Kenntniß des Druckes der Luft fuͤhrten, abge-
lenkt, daß ich faſt von neuem wieder anfangen muß, um das Fol-
gende an das Fruͤhere anzuknuͤpfen. Den Druck der Luft lehrte
das Barometer uns kennen und abmeſſen; es zeigte uns, daß in
den niedrigern Gegenden, wo wir leben, die Luft auf jede Flaͤche ſo-
viel Druck ausuͤbt, als ob eben dieſe Flaͤche mit 28 Zoll hoch Queck-
ſilber bedeckt waͤre. Dieſer Druck iſt 15½ Pfund auf einen Pariſer
Quadratzoll und man kann daher rechnen, daß der menſchliche Koͤr-
per, deſſen Oberflaͤche wenigſtens 12 Quadratfuß betraͤgt, ungefehr
27000 Pfund Druck ertragen muß. Wir empfinden dieſen Druck
nicht, weil die Luft zugleich in unſerem ganzen Koͤrper alle ſonſt
leeren Zwiſchenraͤume ausfuͤllt, und dort mit eben der Elaſticitaͤt
wie die aͤußere Luft der Zuſammendruͤckung widerſteht.
Auf dieſem Drucke der Luft beruhen unzaͤhlige Phaͤnomene in
der Natur, und unzaͤhlige theils zu nuͤtzlichen Zwecken theils zum
Scherze ausgedachte Einrichtungen. Wenn man die an beiden
Enden offene Roͤhre AB (Fig. 124.), deren Oeffnung A am obern
Ende zum Verſchließen mit dem Daumen grade klein genug, die
andre B aber ſehr enge iſt, den ſogenannten Stechheber, ins
Waſſer eintaucht, waͤhrend beide Enden offen gelaſſen ſind, ſo fuͤllt
er ſich mit Waſſer; verſchließt man nun die obere Oeffnung mit
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Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 1. Leipzig, 1830, S. 232. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brandes_naturlehre01_1830/254>, abgerufen am 23.02.2025.
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