Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 1. Leipzig, 1830.handen ist, wo man vielleicht aus einem Flusse Wasser zur Be- Ungewöhnliche Erscheinungen bei plötzlichen Fluthen. Ob ich Recht habe, wenn ich eine Reihe merkwürdiger Er- Obgleich die Fluth in ihrem allmähligen Wachsen an den *) Gilb. Ann. XIX. 55. 88.
handen iſt, wo man vielleicht aus einem Fluſſe Waſſer zur Be- Ungewoͤhnliche Erſcheinungen bei ploͤtzlichen Fluthen. Ob ich Recht habe, wenn ich eine Reihe merkwuͤrdiger Er- Obgleich die Fluth in ihrem allmaͤhligen Wachſen an den *) Gilb. Ann. XIX. 55. 88.
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0198" n="176"/> handen iſt, wo man vielleicht aus einem Fluſſe Waſſer zur Be-<lb/> waͤſſerung oder zu andern Zwecken heben wollte, ihren Nutzen<lb/> haben koͤnnen <note place="foot" n="*)"><hi rendition="#g">Gilb</hi>. Ann. <hi rendition="#aq"><hi rendition="#b">XIX.</hi></hi> 55. 88.</note>.</p> </div><lb/> <div n="2"> <head><hi rendition="#g">Ungewoͤhnliche Erſcheinungen bei ploͤtzlichen Fluthen</hi>.</head><lb/> <p>Ob ich Recht habe, wenn ich eine Reihe merkwuͤrdiger Er-<lb/> ſcheinungen, welche die Fluthen in gewiſſen Gegenden und die<lb/> durch Sturm erregten Anſchwellungen des Waſſers in andern<lb/> Gegenden, uns darbieten, mit dieſen Oſcillationen des Waſſers<lb/> in Verbindung ſetze, will ich Ihrer eignen Entſcheidung uͤberlaſſen,<lb/> und Ihnen dieſe Erſcheinungen nebſt der Erklaͤrung, wie ſie mir<lb/> am wahrſcheinlichſten vorkoͤmmt, angeben.</p><lb/> <p>Obgleich die Fluth in ihrem allmaͤhligen Wachſen an den<lb/> meiſten Orten einen ziemlich regelmaͤßigen Fortgang zeigt, ſo daß<lb/> ſie zwar ſchneller um die Mitte der Fluth, langſamer kurz nach<lb/> dem niedrigſten und kurz vor dem hoͤchſten Waſſer, aber doch<lb/> immer nur allmaͤhlig anwaͤchſt, ſo giebt es doch in den Muͤndun-<lb/> gen der Stroͤme an einigen Orten ein ſo ploͤtzliches Einſtuͤrzen der<lb/> Fluth, daß es den Schiffen gefaͤhrlich wird. Dies iſt zum Beiſpiel<lb/> in der <hi rendition="#g">Dordogne</hi> beſonders dann der Fall, wenn eine Spring-<lb/> fluth, bei niedrigem Stande des Waſſers im Strome, eintritt,<lb/> und der <hi rendition="#g">Mascaret</hi>, wie man dieſes heftige Einſtuͤrzen des Waſ-<lb/> ſers dort nennt, wie eine ungeheure Welle ſich den Strom hinauf<lb/> waͤlzt. Die Gewalt des Mascarets iſt ſo groß, daß ſie zuweilen<lb/> die ſteinernen Einbaue zerſtoͤrt, Schiffe verſenkt, u. ſ. w. Dieſes<lb/> unregelmaͤßig ſchnelle Anſchwellen der Fluth in einem ploͤtzlich ver-<lb/> engerten Strome laͤßt ſich mit dem ſchnellen Aufſteigen in einer<lb/> engern Roͤhre vergleichen. Die <hi rendition="#g">Dordogne</hi> iſt ein verhaͤltniß-<lb/> maͤßig enger Strom, der in ziemlich grade fortgehender Richtung<lb/> von der breitern <hi rendition="#g">Garonne</hi> aufgenommen wird, welche ſelbſt ſich<lb/> in den weiten, einem langen Meerbuſen aͤhnlichen Raum der <hi rendition="#g">Gi</hi>-<lb/><hi rendition="#g">ronde</hi> ergießt. Tritt nun die Fluth in dieſen weiten Meeres-<lb/> Arm ein, ſo iſt die Waſſermenge, die ihn bis 1 oder 2 Fuß fuͤllt,<lb/> zureichend, um in der engern <hi rendition="#g">Dordogne</hi> eine viel hoͤher gehende<lb/> Oſcillation hervorzubringen, und je ſchneller bei Springfluthen das<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [176/0198]
handen iſt, wo man vielleicht aus einem Fluſſe Waſſer zur Be-
waͤſſerung oder zu andern Zwecken heben wollte, ihren Nutzen
haben koͤnnen *).
Ungewoͤhnliche Erſcheinungen bei ploͤtzlichen Fluthen.
Ob ich Recht habe, wenn ich eine Reihe merkwuͤrdiger Er-
ſcheinungen, welche die Fluthen in gewiſſen Gegenden und die
durch Sturm erregten Anſchwellungen des Waſſers in andern
Gegenden, uns darbieten, mit dieſen Oſcillationen des Waſſers
in Verbindung ſetze, will ich Ihrer eignen Entſcheidung uͤberlaſſen,
und Ihnen dieſe Erſcheinungen nebſt der Erklaͤrung, wie ſie mir
am wahrſcheinlichſten vorkoͤmmt, angeben.
Obgleich die Fluth in ihrem allmaͤhligen Wachſen an den
meiſten Orten einen ziemlich regelmaͤßigen Fortgang zeigt, ſo daß
ſie zwar ſchneller um die Mitte der Fluth, langſamer kurz nach
dem niedrigſten und kurz vor dem hoͤchſten Waſſer, aber doch
immer nur allmaͤhlig anwaͤchſt, ſo giebt es doch in den Muͤndun-
gen der Stroͤme an einigen Orten ein ſo ploͤtzliches Einſtuͤrzen der
Fluth, daß es den Schiffen gefaͤhrlich wird. Dies iſt zum Beiſpiel
in der Dordogne beſonders dann der Fall, wenn eine Spring-
fluth, bei niedrigem Stande des Waſſers im Strome, eintritt,
und der Mascaret, wie man dieſes heftige Einſtuͤrzen des Waſ-
ſers dort nennt, wie eine ungeheure Welle ſich den Strom hinauf
waͤlzt. Die Gewalt des Mascarets iſt ſo groß, daß ſie zuweilen
die ſteinernen Einbaue zerſtoͤrt, Schiffe verſenkt, u. ſ. w. Dieſes
unregelmaͤßig ſchnelle Anſchwellen der Fluth in einem ploͤtzlich ver-
engerten Strome laͤßt ſich mit dem ſchnellen Aufſteigen in einer
engern Roͤhre vergleichen. Die Dordogne iſt ein verhaͤltniß-
maͤßig enger Strom, der in ziemlich grade fortgehender Richtung
von der breitern Garonne aufgenommen wird, welche ſelbſt ſich
in den weiten, einem langen Meerbuſen aͤhnlichen Raum der Gi-
ronde ergießt. Tritt nun die Fluth in dieſen weiten Meeres-
Arm ein, ſo iſt die Waſſermenge, die ihn bis 1 oder 2 Fuß fuͤllt,
zureichend, um in der engern Dordogne eine viel hoͤher gehende
Oſcillation hervorzubringen, und je ſchneller bei Springfluthen das
*) Gilb. Ann. XIX. 55. 88.
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