Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Bräker, Ulrich: Lebensgeschichte und natürliche Ebentheuer des Armen Mannes im Tockenburg. Herausgegeben von H. H. Füßli. Zürich, 1789.

Bild:
<< vorherige Seite

gens früh aus dem Schlaf nahm, und an das Werk
musterte. Ich meinte, das wär' eben nicht nöthig;
die Kühe gäben ja die Milch von sich selber.

XIII.
Beschreibung unsers Guts Dreyschlatt.

Dreyschlatt ist ein wildes einödes Ort, zuhinderst
an den Alpen Schwämle, Creutzegg und Aueralp;
vorzeiten war's eine Sennwaid. Hier giebt's immer
kurzen Sommer und langen Winter; während letzterm
meist ungeheuern Schnee, der oft noch im May ein
Paar Klafter tief liegt. Einst mußten wir noch am
H. Pfingstabend einer neuangelangten Kuh, mit der
Schaufel zum Haus pfaden. In den kürzsten Ta-
gen hatten wir die Sonn nur 5. Viertelstunden.
Dort entsteht unser Rotenbach, der dem Fäsi in
seiner Erdbeschreibung, und dem Walser in seiner
Kart entwischte; ungeachtet er zweymal grösser als
der Schwendi- oder Lederbach ist, der viele Müh-
len, Sagen, Walken, Stampfen und Pulvermühlen
treibt. Doch beym Dreyschlatt da hat es das
herrlichste Quellwasser; und wir in unserm Hans und
Scheur aneinander hatten einen Brunnen, der nie
gefror, unterm Dach, so daß das Vieh den ganzen
Winter über nie den Himmel sah. -- Wenn's im
Dreyschlatt stürmt, so stürmt's dann recht. Wir
hatten eine gute, nicht gähe Wiese, von 40 -- 50.
Klafter Heu, und eine grasreiche Waide. Auf der
Sommerseite im Altischweil ist's schon früher, aber

gens fruͤh aus dem Schlaf nahm, und an das Werk
muſterte. Ich meinte, das waͤr’ eben nicht noͤthig;
die Kuͤhe gaͤben ja die Milch von ſich ſelber.

XIII.
Beſchreibung unſers Guts Dreyſchlatt.

Dreyſchlatt iſt ein wildes einoͤdes Ort, zuhinderſt
an den Alpen Schwaͤmle, Creutzegg und Aueralp;
vorzeiten war’s eine Sennwaid. Hier giebt’s immer
kurzen Sommer und langen Winter; waͤhrend letzterm
meiſt ungeheuern Schnee, der oft noch im May ein
Paar Klafter tief liegt. Einſt mußten wir noch am
H. Pfingſtabend einer neuangelangten Kuh, mit der
Schaufel zum Haus pfaden. In den kuͤrzſten Ta-
gen hatten wir die Sonn nur 5. Viertelſtunden.
Dort entſteht unſer Rotenbach, der dem Faͤſi in
ſeiner Erdbeſchreibung, und dem Walſer in ſeiner
Kart entwiſchte; ungeachtet er zweymal groͤſſer als
der Schwendi- oder Lederbach iſt, der viele Muͤh-
len, Sagen, Walken, Stampfen und Pulvermuͤhlen
treibt. Doch beym Dreyſchlatt da hat es das
herrlichſte Quellwaſſer; und wir in unſerm Hans und
Scheur aneinander hatten einen Brunnen, der nie
gefror, unterm Dach, ſo daß das Vieh den ganzen
Winter uͤber nie den Himmel ſah. — Wenn’s im
Dreyſchlatt ſtuͤrmt, ſo ſtuͤrmt’s dann recht. Wir
hatten eine gute, nicht gaͤhe Wieſe, von 40 — 50.
Klafter Heu, und eine grasreiche Waide. Auf der
Sommerſeite im Altiſchweil iſt’s ſchon fruͤher, aber

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0038" n="22"/>
gens fru&#x0364;h aus dem Schlaf nahm, und an das Werk<lb/>
mu&#x017F;terte. Ich meinte, das wa&#x0364;r&#x2019; eben nicht no&#x0364;thig;<lb/>
die Ku&#x0364;he ga&#x0364;ben ja die Milch von &#x017F;ich &#x017F;elber.</p>
      </div><lb/>
      <div n="1">
        <head><hi rendition="#g"><hi rendition="#aq">XIII.</hi></hi><lb/><hi rendition="#fr">Be&#x017F;chreibung un&#x017F;ers Guts Drey&#x017F;chlatt</hi>.</head><lb/>
        <p><hi rendition="#fr"><hi rendition="#in">D</hi>rey&#x017F;chlatt</hi> i&#x017F;t ein wildes eino&#x0364;des Ort, zuhinder&#x017F;t<lb/>
an den Alpen <hi rendition="#fr">Schwa&#x0364;mle, Creutzegg</hi> und <hi rendition="#fr">Aueralp</hi>;<lb/>
vorzeiten war&#x2019;s eine Sennwaid. Hier giebt&#x2019;s immer<lb/>
kurzen Sommer und langen Winter; wa&#x0364;hrend letzterm<lb/>
mei&#x017F;t ungeheuern Schnee, der oft noch im May ein<lb/>
Paar Klafter tief liegt. Ein&#x017F;t mußten wir noch am<lb/>
H. Pfing&#x017F;tabend einer neuangelangten Kuh, mit der<lb/>
Schaufel zum Haus pfaden. In den ku&#x0364;rz&#x017F;ten Ta-<lb/>
gen hatten wir die Sonn nur 5. Viertel&#x017F;tunden.<lb/>
Dort ent&#x017F;teht un&#x017F;er <hi rendition="#fr">Rotenbach</hi>, der dem <hi rendition="#fr">Fa&#x0364;&#x017F;i</hi> in<lb/>
&#x017F;einer Erdbe&#x017F;chreibung, und dem <hi rendition="#fr">Wal&#x017F;er</hi> in &#x017F;einer<lb/>
Kart entwi&#x017F;chte; ungeachtet er zweymal gro&#x0364;&#x017F;&#x017F;er als<lb/>
der <hi rendition="#fr">Schwendi- oder Lederbach</hi> i&#x017F;t, der viele Mu&#x0364;h-<lb/>
len, Sagen, Walken, Stampfen und Pulvermu&#x0364;hlen<lb/>
treibt. Doch beym <hi rendition="#fr">Drey&#x017F;chlatt</hi> da hat es das<lb/>
herrlich&#x017F;te Quellwa&#x017F;&#x017F;er; und wir in un&#x017F;erm Hans und<lb/>
Scheur aneinander hatten einen Brunnen, der nie<lb/>
gefror, unterm Dach, &#x017F;o daß das Vieh den ganzen<lb/>
Winter u&#x0364;ber nie den Himmel &#x017F;ah. &#x2014; Wenn&#x2019;s im<lb/><hi rendition="#fr">Drey&#x017F;chlatt</hi> &#x017F;tu&#x0364;rmt, &#x017F;o &#x017F;tu&#x0364;rmt&#x2019;s dann recht. Wir<lb/>
hatten eine gute, nicht ga&#x0364;he Wie&#x017F;e, von 40 &#x2014; 50.<lb/>
Klafter Heu, und eine grasreiche Waide. Auf der<lb/>
Sommer&#x017F;eite im <hi rendition="#fr">Alti&#x017F;chweil</hi> i&#x017F;t&#x2019;s &#x017F;chon fru&#x0364;her, aber<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[22/0038] gens fruͤh aus dem Schlaf nahm, und an das Werk muſterte. Ich meinte, das waͤr’ eben nicht noͤthig; die Kuͤhe gaͤben ja die Milch von ſich ſelber. XIII. Beſchreibung unſers Guts Dreyſchlatt. Dreyſchlatt iſt ein wildes einoͤdes Ort, zuhinderſt an den Alpen Schwaͤmle, Creutzegg und Aueralp; vorzeiten war’s eine Sennwaid. Hier giebt’s immer kurzen Sommer und langen Winter; waͤhrend letzterm meiſt ungeheuern Schnee, der oft noch im May ein Paar Klafter tief liegt. Einſt mußten wir noch am H. Pfingſtabend einer neuangelangten Kuh, mit der Schaufel zum Haus pfaden. In den kuͤrzſten Ta- gen hatten wir die Sonn nur 5. Viertelſtunden. Dort entſteht unſer Rotenbach, der dem Faͤſi in ſeiner Erdbeſchreibung, und dem Walſer in ſeiner Kart entwiſchte; ungeachtet er zweymal groͤſſer als der Schwendi- oder Lederbach iſt, der viele Muͤh- len, Sagen, Walken, Stampfen und Pulvermuͤhlen treibt. Doch beym Dreyſchlatt da hat es das herrlichſte Quellwaſſer; und wir in unſerm Hans und Scheur aneinander hatten einen Brunnen, der nie gefror, unterm Dach, ſo daß das Vieh den ganzen Winter uͤber nie den Himmel ſah. — Wenn’s im Dreyſchlatt ſtuͤrmt, ſo ſtuͤrmt’s dann recht. Wir hatten eine gute, nicht gaͤhe Wieſe, von 40 — 50. Klafter Heu, und eine grasreiche Waide. Auf der Sommerſeite im Altiſchweil iſt’s ſchon fruͤher, aber

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/braeker_lebensgeschichte_1789
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/braeker_lebensgeschichte_1789/38
Zitationshilfe: Bräker, Ulrich: Lebensgeschichte und natürliche Ebentheuer des Armen Mannes im Tockenburg. Herausgegeben von H. H. Füßli. Zürich, 1789, S. 22. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/braeker_lebensgeschichte_1789/38>, abgerufen am 13.11.2024.