Bräker, Ulrich: Lebensgeschichte und natürliche Ebentheuer des Armen Mannes im Tockenburg. Herausgegeben von H. H. Füßli. Zürich, 1789.mit triumphiren. *) Inzwischen mußt' ich's itzt gel- LXXII. Und da -- Hatt' ich ja itzt freylich eine erstaunliche kindische *) Leser! Geh' in dein Kämmergen, schließ die Thür' hin,
ter dir zu, und erröthe! -- und bitte den Vater, der im Verborgenen sieht, um die Blüthe aller Tugenden -- um eine solche Bescheidenheit! A. d. H. mit triumphiren. *) Inzwiſchen mußt’ ich’s itzt gel- LXXII. Und da — Hatt’ ich ja itzt freylich eine erſtaunliche kindiſche *) Leſer! Geh’ in dein Kaͤmmergen, ſchließ die Thuͤr’ hin,
ter dir zu, und erroͤthe! — und bitte den Vater, der im Verborgenen ſieht, um die Bluͤthe aller Tugenden — um eine ſolche Beſcheidenheit! A. d. H. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0226" n="210"/> mit triumphiren. <note place="foot" n="*)">Leſer! Geh’ in dein Kaͤmmergen, ſchließ die Thuͤr’ hin,<lb/> ter dir zu, und erroͤthe! — und bitte den Vater, der im<lb/> Verborgenen ſieht, um die Bluͤthe aller Tugenden<lb/> — um eine ſolche Beſcheidenheit! A. d. H.</note> Inzwiſchen mußt’ ich’s itzt gel-<lb/> ten laſſen, und troͤſtete mich bisweilen mit dem eben<lb/> auch nicht ganz uneigennuͤtzigen Gedanken: Das eint’<lb/> und andre Mitglied koͤnnte mir im Verfolg, zu<lb/> manchen wichtigen Dingen nuͤtzlich ſeyn.</p> </div><lb/> <div n="1"> <head> <hi rendition="#g"> <hi rendition="#aq">LXXII.</hi><lb/> <hi rendition="#fr">Und da</hi> </hi> </head><lb/> <p>— <hi rendition="#in">H</hi>att’ ich ja itzt freylich eine erſtaunliche kindiſche<lb/> Freud, mit der groſſen Anzahl Buͤcher, deren ich in<lb/> meinem Leben nie ſo viele beyſammen geſehn, und<lb/> an welchen allen ich nun Antheil hatte. Hingegen<lb/> erroͤthete ich noch immerfort bey dem bloſſen Gedan-<lb/> ken, ein eigentliches Mitglied einer gelehrten Geſell-<lb/> ſchaft zu heiſſen und zu ſeyn, und beſuchte ſie darum<lb/> ſelten, und nur wie verſtohlen. Aber du half alles<lb/> nichts; es gieng mir doch wie dem Raben, der mit<lb/> den Enten fliegen wollte. Meine Nachbarn, und<lb/> andre alte Freunde und Bekannten, kurz Meinesglei-<lb/> chen, ſahen mich, wo ich ſtuhnd und gieng, uͤberzwerch<lb/> an. Hier hoͤrt’ ich ein hoͤhniſches Geziſch’; dort er-<lb/> blickt’ ich ein verachtendes Laͤcheln. Denn es gieng<lb/> unſrer <hi rendition="#fr">moraliſchen Geſellſchaft im Tockenburg</hi><lb/> Anfangs wie allen ſolchen Inſtituten in noch rohen<lb/> Laͤndern. Man nannte ihre Mitglieder <hi rendition="#fr">Neuherren,<lb/> Buͤcherfreſſer, Jeſuiten</hi>, u. d. gl. Du kannſt leicht<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [210/0226]
mit triumphiren. *) Inzwiſchen mußt’ ich’s itzt gel-
ten laſſen, und troͤſtete mich bisweilen mit dem eben
auch nicht ganz uneigennuͤtzigen Gedanken: Das eint’
und andre Mitglied koͤnnte mir im Verfolg, zu
manchen wichtigen Dingen nuͤtzlich ſeyn.
LXXII.
Und da
— Hatt’ ich ja itzt freylich eine erſtaunliche kindiſche
Freud, mit der groſſen Anzahl Buͤcher, deren ich in
meinem Leben nie ſo viele beyſammen geſehn, und
an welchen allen ich nun Antheil hatte. Hingegen
erroͤthete ich noch immerfort bey dem bloſſen Gedan-
ken, ein eigentliches Mitglied einer gelehrten Geſell-
ſchaft zu heiſſen und zu ſeyn, und beſuchte ſie darum
ſelten, und nur wie verſtohlen. Aber du half alles
nichts; es gieng mir doch wie dem Raben, der mit
den Enten fliegen wollte. Meine Nachbarn, und
andre alte Freunde und Bekannten, kurz Meinesglei-
chen, ſahen mich, wo ich ſtuhnd und gieng, uͤberzwerch
an. Hier hoͤrt’ ich ein hoͤhniſches Geziſch’; dort er-
blickt’ ich ein verachtendes Laͤcheln. Denn es gieng
unſrer moraliſchen Geſellſchaft im Tockenburg
Anfangs wie allen ſolchen Inſtituten in noch rohen
Laͤndern. Man nannte ihre Mitglieder Neuherren,
Buͤcherfreſſer, Jeſuiten, u. d. gl. Du kannſt leicht
*) Leſer! Geh’ in dein Kaͤmmergen, ſchließ die Thuͤr’ hin,
ter dir zu, und erroͤthe! — und bitte den Vater, der im
Verborgenen ſieht, um die Bluͤthe aller Tugenden
— um eine ſolche Beſcheidenheit! A. d. H.
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