Indem ich so hin und wieder meinen Salpeter brann- te, sah' ich eines Tags ein Mädchen so mit einem Amazonengesicht vorbeygehn, das mir als einem al- ten Preussen nicht übel gefiel, und das ich bald nachher auch in der Kirche bemerkte. Dieser fragte ich erst nur ganz verstohlen nach; und was ich von ihr vernahm, behagte mir ziemlich; Einen Kapital- punkt ausgenommen, daß es hieß, sie sey verzweifelt böse -- doch im bessern Sinn; und dann glaubten einiche, sie habe schon einen Liebhaber. Nun, mit alle dem, dacht' ich: 's muß doch einmal gewagt seyn! Ich sucht' ihr also näher zu kommen, und mit ihr bekannt zu werden. Zu dem End kauft' ich im Eggberg, wo meine Dulcinee daheim war, et- was Salpetererde, und zugleich ihres Vaters Ga- den -- ihr zu lieb viel zu theuer; denn es war fast verloren Geld; und schon bey diesem Handel merkt' ich, daß sie gern den Herr und Meister spiele; aber der Verstand, womit sie's that, war wir denn doch nicht zuwider. Nun hatt' ich alle Tag' Gelegenheit, sie zu sehen; doch ließ ich ihr lange meine Absichten unentdeckt, und dachte: Du mußt sie erst recht aus- studieren. Die Böse, wovon man mir so viel We- sens gemacht, konnt' ich eben nicht an ihr finden. Aber der Henker hol' ein lediges Mädchen aus! Meine Besuche wurden indessen immer häufiger. Endlich
LXI. Itzt wird’s wohl Ernſt gelten.
Indem ich ſo hin und wieder meinen Salpeter brann- te, ſah’ ich eines Tags ein Maͤdchen ſo mit einem Amazonengeſicht vorbeygehn, das mir als einem al- ten Preuſſen nicht uͤbel gefiel, und das ich bald nachher auch in der Kirche bemerkte. Dieſer fragte ich erſt nur ganz verſtohlen nach; und was ich von ihr vernahm, behagte mir ziemlich; Einen Kapital- punkt ausgenommen, daß es hieß, ſie ſey verzweifelt boͤſe — doch im beſſern Sinn; und dann glaubten einiche, ſie habe ſchon einen Liebhaber. Nun, mit alle dem, dacht’ ich: ’s muß doch einmal gewagt ſeyn! Ich ſucht’ ihr alſo naͤher zu kommen, und mit ihr bekannt zu werden. Zu dem End kauft’ ich im Eggberg, wo meine Dulcinee daheim war, et- was Salpetererde, und zugleich ihres Vaters Ga- den — ihr zu lieb viel zu theuer; denn es war faſt verloren Geld; und ſchon bey dieſem Handel merkt’ ich, daß ſie gern den Herr und Meiſter ſpiele; aber der Verſtand, womit ſie’s that, war wir denn doch nicht zuwider. Nun hatt’ ich alle Tag’ Gelegenheit, ſie zu ſehen; doch ließ ich ihr lange meine Abſichten unentdeckt, und dachte: Du mußt ſie erſt recht aus- ſtudieren. Die Boͤſe, wovon man mir ſo viel We- ſens gemacht, konnt’ ich eben nicht an ihr finden. Aber der Henker hol’ ein lediges Maͤdchen aus! Meine Beſuche wurden indeſſen immer haͤufiger. Endlich
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LXI.
Itzt wird’s wohl Ernſt gelten.
Indem ich ſo hin und wieder meinen Salpeter brann-
te, ſah’ ich eines Tags ein Maͤdchen ſo mit einem
Amazonengeſicht vorbeygehn, das mir als einem al-
ten Preuſſen nicht uͤbel gefiel, und das ich bald
nachher auch in der Kirche bemerkte. Dieſer fragte
ich erſt nur ganz verſtohlen nach; und was ich von
ihr vernahm, behagte mir ziemlich; Einen Kapital-
punkt ausgenommen, daß es hieß, ſie ſey verzweifelt
boͤſe — doch im beſſern Sinn; und dann glaubten
einiche, ſie habe ſchon einen Liebhaber. Nun, mit
alle dem, dacht’ ich: ’s muß doch einmal gewagt
ſeyn! Ich ſucht’ ihr alſo naͤher zu kommen, und
mit ihr bekannt zu werden. Zu dem End kauft’ ich
im Eggberg, wo meine Dulcinee daheim war, et-
was Salpetererde, und zugleich ihres Vaters Ga-
den — ihr zu lieb viel zu theuer; denn es war faſt
verloren Geld; und ſchon bey dieſem Handel merkt’
ich, daß ſie gern den Herr und Meiſter ſpiele; aber
der Verſtand, womit ſie’s that, war wir denn doch
nicht zuwider. Nun hatt’ ich alle Tag’ Gelegenheit,
ſie zu ſehen; doch ließ ich ihr lange meine Abſichten
unentdeckt, und dachte: Du mußt ſie erſt recht aus-
ſtudieren. Die Boͤſe, wovon man mir ſo viel We-
ſens gemacht, konnt’ ich eben nicht an ihr finden.
Aber der Henker hol’ ein lediges Maͤdchen aus! Meine
Beſuche wurden indeſſen immer haͤufiger. Endlich
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Bräker, Ulrich: Lebensgeschichte und natürliche Ebentheuer des Armen Mannes im Tockenburg. Herausgegeben von H. H. Füßli. Zürich, 1789, S. 172. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/braeker_lebensgeschichte_1789/188>, abgerufen am 21.12.2024.
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