Bräker, Ulrich: Lebensgeschichte und natürliche Ebentheuer des Armen Mannes im Tockenburg. Herausgegeben von H. H. Füßli. Zürich, 1789.de auch schöne Engel gebe, gegen welche mein Aenn- XXXVI. Es geht langsam weiters. Es war ein Sonntag. Wir kehrten beym Hecht de auch ſchoͤne Engel gebe, gegen welche mein Aenn- XXXVI. Es geht langſam weiters. Es war ein Sonntag. Wir kehrten beym Hecht <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0104" n="88"/> de auch ſchoͤne Engel gebe, gegen welche mein <hi rendition="#fr">Aenn-<lb/> chen</hi> nur ein Rotznaͤschen ſey, u. d. gl. Ich ward<lb/> boͤſe auf ihn, ſagte aber kein Wort dazu, gieng<lb/> immer ſtaunend hinter ihm her, ſah wehmuͤthig ans<lb/> Siebengeſtirn hinauf — zwey kleine Sternen gegen<lb/> Mittag ſah’ ich, wie mir’s deuchte, ſo nahe bey-<lb/> ſammen, als wenn ſie ſich kuͤſſen wollten, und der<lb/> ganze Himmel ſchien mir voll liebender Wehmuth<lb/> zu ſeyn. So gieng’s denn fort, ohne meinerſeits<lb/> zu wiſſen wohin, und ohne den mindeſten Gedan-<lb/> ken an Gutes oder Boͤſes, das mir etwa bevorſte-<lb/> hen koͤnnte. <hi rendition="#fr">Laurenz</hi> plauderte beſtaͤndig; ich hoͤrte<lb/> wenig, und betete in meinem Innwendigen faſt un-<lb/> aufhoͤrlich: Gott behuͤte meine liebe <hi rendition="#fr">Anne</hi>! Gott<lb/> ſegne meine lieben Eltern. Gegen Tages Anbruch<lb/> kamen wir nach <hi rendition="#fr">Heriſau</hi>. Ich ſeufzte noch immer<lb/> meinem Schaͤtzgen nach: <hi rendition="#fr">Aennchen, Aennchen</hi>,<lb/> liebſtes <hi rendition="#fr">Aennchen</hi>! — und nun (vielleicht fuͤr lange<lb/> das letztemal) ſchreib’ ich’s noch mit groſſen Buch-<lb/> ſtaben: <hi rendition="#fr">Aennchen</hi>.</p> </div><lb/> <div n="1"> <head><hi rendition="#g"><hi rendition="#aq">XXXVI.</hi></hi><lb/><hi rendition="#fr">Es geht langſam weiters</hi>.</head><lb/> <p><hi rendition="#in">E</hi>s war ein Sonntag. Wir kehrten beym Hecht<lb/> ein, und blieben da den ganzen Tag uͤber. Alles<lb/> gaffte mich an, als wenn ſie nie einen jungen <hi rendition="#fr">To-<lb/> ckenburger</hi> — oder <hi rendition="#fr">Appenzeller</hi> geſehen haͤtten,<lb/> der in die Fremde gieng — und doch nicht wußte<lb/> wohin, und noch viel minder recht warum. An allen<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [88/0104]
de auch ſchoͤne Engel gebe, gegen welche mein Aenn-
chen nur ein Rotznaͤschen ſey, u. d. gl. Ich ward
boͤſe auf ihn, ſagte aber kein Wort dazu, gieng
immer ſtaunend hinter ihm her, ſah wehmuͤthig ans
Siebengeſtirn hinauf — zwey kleine Sternen gegen
Mittag ſah’ ich, wie mir’s deuchte, ſo nahe bey-
ſammen, als wenn ſie ſich kuͤſſen wollten, und der
ganze Himmel ſchien mir voll liebender Wehmuth
zu ſeyn. So gieng’s denn fort, ohne meinerſeits
zu wiſſen wohin, und ohne den mindeſten Gedan-
ken an Gutes oder Boͤſes, das mir etwa bevorſte-
hen koͤnnte. Laurenz plauderte beſtaͤndig; ich hoͤrte
wenig, und betete in meinem Innwendigen faſt un-
aufhoͤrlich: Gott behuͤte meine liebe Anne! Gott
ſegne meine lieben Eltern. Gegen Tages Anbruch
kamen wir nach Heriſau. Ich ſeufzte noch immer
meinem Schaͤtzgen nach: Aennchen, Aennchen,
liebſtes Aennchen! — und nun (vielleicht fuͤr lange
das letztemal) ſchreib’ ich’s noch mit groſſen Buch-
ſtaben: Aennchen.
XXXVI.
Es geht langſam weiters.
Es war ein Sonntag. Wir kehrten beym Hecht
ein, und blieben da den ganzen Tag uͤber. Alles
gaffte mich an, als wenn ſie nie einen jungen To-
ckenburger — oder Appenzeller geſehen haͤtten,
der in die Fremde gieng — und doch nicht wußte
wohin, und noch viel minder recht warum. An allen
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |