Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Boltzmann, Ludwig: Vorlesungen über Gastheorie. Bd. 2. Leipzig, 1898.

Bild:
<< vorherige Seite

[Gleich. 37] § 20. Isopykne Zustände.
continuirlich in die flüssige Phase übergeführt, dann allmählich
verdampft und wenn sie ganz Dampf geworden ist, continuir-
lich in den Endzustand Q geschafft würde. Eine Curve, welche
umgekehrt von P oberhalb des Zweiphasenraumes nach einem
Punkte der rechts liegenden Begrenzungscurve K G O des Zwei-
phasenraumes, dann quer durch diesen nach einem Punkte der
Curve A J K und dann oberhalb des Zweiphasenraumes nach Q
geführt würde, würde aber eine Zustandsänderung darstellen,
wobei die Substanz vom Zustande P zuerst continuirlich in
einen dampfförmigen übergeführt, dann condensirt und endlich
in den Zustand Q gebracht würde.

Die Substanz kann sogar aus einem ausgesprochen tropf-
bar flüssigen in einen ausgesprochen dampfförmigen Zustand
nicht durch Verdampfung, sondern durch Condensation über-
geführt werden. Man braucht sie nur anfangs bei kleinem
Volumen über die kritische Temperatur zu erhitzen, dann bei
dieser stark auszudehnen, dann unter die kritische Temperatur
abzukühlen, dann zu condensiren und die entstandene Flüssig-
keit wieder bei kleinem Volumen über die kritische Temperatur
zu erhitzen und dann in den gewünschten Endzustand überzu-
führen. Ebenso kann man einen ausgesprochenen Dampfzustand
durch Verdampfung in einen offenbar tropfbar flüssigen über-
führen.

Man wird also allerdings die Substanz sicher als tropfbar
flüssig, als dampfförmig oder als gasförmig bezeichnen, wenn
ihr Zustand durch einen Punkt dargestellt wird, welcher ent-
weder nahe dem unteren Theile der Geraden A B oder nahe
der Curve K G O oder weit oberhalb der kritischen Isotherme in
grosser Entfernung von der Geraden A B liegt. In den Zwischen-
bereichen aber werden diese Zustandsformen allmählich in ein-
ander übergehen, so dass eine scharfe Grenze, wenn man eine
solche überhaupt wünscht, durch irgend eine willkürliche Defi-
nition festgesetzt werden muss.

§ 20. Isopykne Zustandsänderung.

Wenn wir eine bestimmte Menge der Substanz (wir wählen
wieder die Masseneinheit) in eine beiderseits verschlossene
Röhre einschliessen und allmählich erwärmen, so haben wir
wenigstens sehr angenähert eine Zustandsänderung bei con-

Boltzmann, Gastheorie II. 4

[Gleich. 37] § 20. Isopykne Zustände.
continuirlich in die flüssige Phase übergeführt, dann allmählich
verdampft und wenn sie ganz Dampf geworden ist, continuir-
lich in den Endzustand Q geschafft würde. Eine Curve, welche
umgekehrt von P oberhalb des Zweiphasenraumes nach einem
Punkte der rechts liegenden Begrenzungscurve K G Ω des Zwei-
phasenraumes, dann quer durch diesen nach einem Punkte der
Curve A J K und dann oberhalb des Zweiphasenraumes nach Q
geführt würde, würde aber eine Zustandsänderung darstellen,
wobei die Substanz vom Zustande P zuerst continuirlich in
einen dampfförmigen übergeführt, dann condensirt und endlich
in den Zustand Q gebracht würde.

Die Substanz kann sogar aus einem ausgesprochen tropf-
bar flüssigen in einen ausgesprochen dampfförmigen Zustand
nicht durch Verdampfung, sondern durch Condensation über-
geführt werden. Man braucht sie nur anfangs bei kleinem
Volumen über die kritische Temperatur zu erhitzen, dann bei
dieser stark auszudehnen, dann unter die kritische Temperatur
abzukühlen, dann zu condensiren und die entstandene Flüssig-
keit wieder bei kleinem Volumen über die kritische Temperatur
zu erhitzen und dann in den gewünschten Endzustand überzu-
führen. Ebenso kann man einen ausgesprochenen Dampfzustand
durch Verdampfung in einen offenbar tropfbar flüssigen über-
führen.

Man wird also allerdings die Substanz sicher als tropfbar
flüssig, als dampfförmig oder als gasförmig bezeichnen, wenn
ihr Zustand durch einen Punkt dargestellt wird, welcher ent-
weder nahe dem unteren Theile der Geraden A B oder nahe
der Curve K G Ω oder weit oberhalb der kritischen Isotherme in
grosser Entfernung von der Geraden A B liegt. In den Zwischen-
bereichen aber werden diese Zustandsformen allmählich in ein-
ander übergehen, so dass eine scharfe Grenze, wenn man eine
solche überhaupt wünscht, durch irgend eine willkürliche Defi-
nition festgesetzt werden muss.

§ 20. Isopykne Zustandsänderung.

Wenn wir eine bestimmte Menge der Substanz (wir wählen
wieder die Masseneinheit) in eine beiderseits verschlossene
Röhre einschliessen und allmählich erwärmen, so haben wir
wenigstens sehr angenähert eine Zustandsänderung bei con-

Boltzmann, Gastheorie II. 4
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0067" n="49"/><fw place="top" type="header">[Gleich. 37] § 20. Isopykne Zustände.</fw><lb/>
continuirlich in die flüssige Phase übergeführt, dann allmählich<lb/>
verdampft und wenn sie ganz Dampf geworden ist, continuir-<lb/>
lich in den Endzustand <hi rendition="#i">Q</hi> geschafft würde. Eine Curve, welche<lb/>
umgekehrt von <hi rendition="#i">P</hi> oberhalb des Zweiphasenraumes nach einem<lb/>
Punkte der rechts liegenden Begrenzungscurve <hi rendition="#i">K G &#x03A9;</hi> des Zwei-<lb/>
phasenraumes, dann quer durch diesen nach einem Punkte der<lb/>
Curve <hi rendition="#i">A J K</hi> und dann oberhalb des Zweiphasenraumes nach <hi rendition="#i">Q</hi><lb/>
geführt würde, würde aber eine Zustandsänderung darstellen,<lb/>
wobei die Substanz vom Zustande <hi rendition="#i">P</hi> zuerst continuirlich in<lb/>
einen dampfförmigen übergeführt, dann condensirt und endlich<lb/>
in den Zustand <hi rendition="#i">Q</hi> gebracht würde.</p><lb/>
          <p>Die Substanz kann sogar aus einem ausgesprochen tropf-<lb/>
bar flüssigen in einen ausgesprochen dampfförmigen Zustand<lb/>
nicht durch Verdampfung, sondern durch Condensation über-<lb/>
geführt werden. Man braucht sie nur anfangs bei kleinem<lb/>
Volumen über die kritische Temperatur zu erhitzen, dann bei<lb/>
dieser stark auszudehnen, dann unter die kritische Temperatur<lb/>
abzukühlen, dann zu condensiren und die entstandene Flüssig-<lb/>
keit wieder bei kleinem Volumen über die kritische Temperatur<lb/>
zu erhitzen und dann in den gewünschten Endzustand überzu-<lb/>
führen. Ebenso kann man einen ausgesprochenen Dampfzustand<lb/>
durch Verdampfung in einen offenbar tropfbar flüssigen über-<lb/>
führen.</p><lb/>
          <p>Man wird also allerdings die Substanz sicher als tropfbar<lb/>
flüssig, als dampfförmig oder als gasförmig bezeichnen, wenn<lb/>
ihr Zustand durch einen Punkt dargestellt wird, welcher ent-<lb/>
weder nahe dem unteren Theile der Geraden <hi rendition="#i">A B</hi> oder nahe<lb/>
der Curve <hi rendition="#i">K G &#x03A9;</hi> oder weit oberhalb der kritischen Isotherme in<lb/>
grosser Entfernung von der Geraden <hi rendition="#i">A B</hi> liegt. In den Zwischen-<lb/>
bereichen aber werden diese Zustandsformen allmählich in ein-<lb/>
ander übergehen, so dass eine scharfe Grenze, wenn man eine<lb/>
solche überhaupt wünscht, durch irgend eine willkürliche Defi-<lb/>
nition festgesetzt werden muss.</p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head>§ 20. <hi rendition="#g">Isopykne Zustandsänderung</hi>.</head><lb/>
          <p>Wenn wir eine bestimmte Menge der Substanz (wir wählen<lb/>
wieder die Masseneinheit) in eine beiderseits verschlossene<lb/>
Röhre einschliessen und allmählich erwärmen, so haben wir<lb/>
wenigstens sehr angenähert eine Zustandsänderung bei con-<lb/>
<fw place="bottom" type="sig"><hi rendition="#g">Boltzmann,</hi> Gastheorie II. 4</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[49/0067] [Gleich. 37] § 20. Isopykne Zustände. continuirlich in die flüssige Phase übergeführt, dann allmählich verdampft und wenn sie ganz Dampf geworden ist, continuir- lich in den Endzustand Q geschafft würde. Eine Curve, welche umgekehrt von P oberhalb des Zweiphasenraumes nach einem Punkte der rechts liegenden Begrenzungscurve K G Ω des Zwei- phasenraumes, dann quer durch diesen nach einem Punkte der Curve A J K und dann oberhalb des Zweiphasenraumes nach Q geführt würde, würde aber eine Zustandsänderung darstellen, wobei die Substanz vom Zustande P zuerst continuirlich in einen dampfförmigen übergeführt, dann condensirt und endlich in den Zustand Q gebracht würde. Die Substanz kann sogar aus einem ausgesprochen tropf- bar flüssigen in einen ausgesprochen dampfförmigen Zustand nicht durch Verdampfung, sondern durch Condensation über- geführt werden. Man braucht sie nur anfangs bei kleinem Volumen über die kritische Temperatur zu erhitzen, dann bei dieser stark auszudehnen, dann unter die kritische Temperatur abzukühlen, dann zu condensiren und die entstandene Flüssig- keit wieder bei kleinem Volumen über die kritische Temperatur zu erhitzen und dann in den gewünschten Endzustand überzu- führen. Ebenso kann man einen ausgesprochenen Dampfzustand durch Verdampfung in einen offenbar tropfbar flüssigen über- führen. Man wird also allerdings die Substanz sicher als tropfbar flüssig, als dampfförmig oder als gasförmig bezeichnen, wenn ihr Zustand durch einen Punkt dargestellt wird, welcher ent- weder nahe dem unteren Theile der Geraden A B oder nahe der Curve K G Ω oder weit oberhalb der kritischen Isotherme in grosser Entfernung von der Geraden A B liegt. In den Zwischen- bereichen aber werden diese Zustandsformen allmählich in ein- ander übergehen, so dass eine scharfe Grenze, wenn man eine solche überhaupt wünscht, durch irgend eine willkürliche Defi- nition festgesetzt werden muss. § 20. Isopykne Zustandsänderung. Wenn wir eine bestimmte Menge der Substanz (wir wählen wieder die Masseneinheit) in eine beiderseits verschlossene Röhre einschliessen und allmählich erwärmen, so haben wir wenigstens sehr angenähert eine Zustandsänderung bei con- Boltzmann, Gastheorie II. 4

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/boltzmann_gastheorie02_1898
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/boltzmann_gastheorie02_1898/67
Zitationshilfe: Boltzmann, Ludwig: Vorlesungen über Gastheorie. Bd. 2. Leipzig, 1898, S. 49. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boltzmann_gastheorie02_1898/67>, abgerufen am 21.11.2024.