Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Bohse, August: Des Franzöischen Helicons Monat-Früchte. Leipzig, 1696.

Bild:
<< vorherige Seite
Die unterschiedlichen Kennzeichen

Bey solcher Arbeit verlieret eine Frau alle Tu-
gend/ und fällt in Wollüste/ welche sonst wohl nach-
geblieben wären. Sie rühmet dann wohl öffentlich
wie viel sie verlohren/ und will daraus/ um sich über
ihren Schaden zu trösten/ eine Ehre suchen. De-
nen Armen entziehet sie das/ was zu deren Erleich-
terung das Glück ihr Uberflüßiges zugeworffen; und
das Ansehen eines darob bekümmerten Ehemannes/
vieler unglückseliger Kinder/ eines zu Grunde ge-
henden Hauses/ und alles Unglücks/ dem sie sich
aussetzet/ hält sie von ihrem Laster nicht ab. Die
Armuth muß sie ehe vom Spiele bringen/ ehe sie das
Spielen aus ihrem Hertzen verbannet. Sie exa-
mini
ret nicht ehe ihren elenden Stand/ als wenn
sie nicht mehr solchem rathen kan. Doch sie hasset
nur alsdenn die Wirckungen ihres Unglücks/ in-
deß sie doch noch dessen Ursache liebet. Sie höret
auf zu spielen/ da sie nichts mehr nachzusetzen hat/ in-
deß liebet sie doch noch stets das Spiel.

Sie arbeitet und scharret dann wieder einen gan-
tzen Monat zusammen/ was in einer Stunde vom
neuen draufgehet: Endlich endet sich ihr Leben un-
ter stetem Wagen und Verlust/ und sie muß die E-
wigkeit antreten; da von soviel Millionen Augenbli-
cken am Ende ihrer Tage keiner als der letzte übrig
ist/ alle die andern zu beklagen.

Die Beschäfftigung.
Das 10. Cap.

Der Müßiggang ist unter allen natürlichen
Neigungen die allerübelste und schädlichste:
Sie verleitet uns zu allen den/ was das un-

voll-
Die unterſchiedlichen Kennzeichen

Bey ſolcher Arbeit verlieret eine Frau alle Tu-
gend/ und faͤllt in Wolluͤſte/ welche ſonſt wohl nach-
geblieben waͤren. Sie ruͤhmet dann wohl oͤffentlich
wie viel ſie verlohren/ und will daraus/ um ſich uͤber
ihren Schaden zu troͤſten/ eine Ehre ſuchen. De-
nen Armen entziehet ſie das/ was zu deren Erleich-
terung das Gluͤck ihr Uberfluͤßiges zugeworffen; und
das Anſehen eines darob bekuͤmmerten Ehemannes/
vieler ungluͤckſeliger Kinder/ eines zu Grunde ge-
henden Hauſes/ und alles Ungluͤcks/ dem ſie ſich
ausſetzet/ haͤlt ſie von ihrem Laſter nicht ab. Die
Armuth muß ſie ehe vom Spiele bringen/ ehe ſie das
Spielen aus ihrem Hertzen verbannet. Sie exa-
mini
ret nicht ehe ihren elenden Stand/ als wenn
ſie nicht mehr ſolchem rathen kan. Doch ſie haſſet
nur alsdenn die Wirckungen ihres Ungluͤcks/ in-
deß ſie doch noch deſſen Urſache liebet. Sie hoͤret
auf zu ſpielen/ da ſie nichts mehr nachzuſetzen hat/ in-
deß liebet ſie doch noch ſtets das Spiel.

Sie arbeitet und ſcharret dann wieder einen gan-
tzen Monat zuſammen/ was in einer Stunde vom
neuen draufgehet: Endlich endet ſich ihr Leben un-
ter ſtetem Wagen und Verluſt/ und ſie muß die E-
wigkeit antreten; da von ſoviel Millionen Augenbli-
cken am Ende ihrer Tage keiner als der letzte uͤbrig
iſt/ alle die andern zu beklagen.

Die Beſchaͤfftigung.
Das 10. Cap.

Der Muͤßiggang iſt unter allen natuͤrlichen
Neigungen die alleruͤbelſte und ſchaͤdlichſte:
Sie verleitet uns zu allen den/ was das un-

voll-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <pb facs="#f0328" n="296"/>
            <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Die unter&#x017F;chiedlichen Kennzeichen</hi> </fw><lb/>
            <p>Bey &#x017F;olcher Arbeit verlieret eine Frau alle Tu-<lb/>
gend/ und fa&#x0364;llt in Wollu&#x0364;&#x017F;te/ welche &#x017F;on&#x017F;t wohl nach-<lb/>
geblieben wa&#x0364;ren. Sie ru&#x0364;hmet dann wohl o&#x0364;ffentlich<lb/>
wie viel &#x017F;ie verlohren/ und will daraus/ um &#x017F;ich u&#x0364;ber<lb/>
ihren Schaden zu tro&#x0364;&#x017F;ten/ eine Ehre &#x017F;uchen. De-<lb/>
nen Armen entziehet &#x017F;ie das/ was zu deren Erleich-<lb/>
terung das Glu&#x0364;ck ihr Uberflu&#x0364;ßiges zugeworffen; und<lb/>
das An&#x017F;ehen eines darob beku&#x0364;mmerten Ehemannes/<lb/>
vieler unglu&#x0364;ck&#x017F;eliger Kinder/ eines zu Grunde ge-<lb/>
henden Hau&#x017F;es/ und alles Unglu&#x0364;cks/ dem &#x017F;ie &#x017F;ich<lb/>
aus&#x017F;etzet/ ha&#x0364;lt &#x017F;ie von ihrem La&#x017F;ter nicht ab. Die<lb/>
Armuth muß &#x017F;ie ehe vom Spiele bringen/ ehe &#x017F;ie das<lb/>
Spielen aus ihrem Hertzen verbannet. Sie <hi rendition="#aq">exa-<lb/>
mini</hi>ret nicht ehe ihren elenden Stand/ als wenn<lb/>
&#x017F;ie nicht mehr &#x017F;olchem rathen kan. Doch &#x017F;ie ha&#x017F;&#x017F;et<lb/>
nur alsdenn die Wirckungen ihres Unglu&#x0364;cks/ in-<lb/>
deß &#x017F;ie doch noch de&#x017F;&#x017F;en Ur&#x017F;ache liebet. Sie ho&#x0364;ret<lb/>
auf zu &#x017F;pielen/ da &#x017F;ie nichts mehr nachzu&#x017F;etzen hat/ in-<lb/>
deß liebet &#x017F;ie doch noch &#x017F;tets das Spiel.</p><lb/>
            <p>Sie arbeitet und &#x017F;charret dann wieder einen gan-<lb/>
tzen Monat zu&#x017F;ammen/ was in einer Stunde vom<lb/>
neuen draufgehet: Endlich endet &#x017F;ich ihr Leben un-<lb/>
ter &#x017F;tetem Wagen und Verlu&#x017F;t/ und &#x017F;ie muß die E-<lb/>
wigkeit antreten; da von &#x017F;oviel Millionen Augenbli-<lb/>
cken am Ende ihrer Tage keiner als der letzte u&#x0364;brig<lb/>
i&#x017F;t/ alle die andern zu beklagen.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>Die Be&#x017F;cha&#x0364;fftigung.<lb/><hi rendition="#b">Das 10. Cap.</hi></head><lb/>
            <p><hi rendition="#in">D</hi>er Mu&#x0364;ßiggang i&#x017F;t unter allen natu&#x0364;rlichen<lb/>
Neigungen die alleru&#x0364;bel&#x017F;te und &#x017F;cha&#x0364;dlich&#x017F;te:<lb/>
Sie verleitet uns zu allen den/ was das un-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">voll-</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[296/0328] Die unterſchiedlichen Kennzeichen Bey ſolcher Arbeit verlieret eine Frau alle Tu- gend/ und faͤllt in Wolluͤſte/ welche ſonſt wohl nach- geblieben waͤren. Sie ruͤhmet dann wohl oͤffentlich wie viel ſie verlohren/ und will daraus/ um ſich uͤber ihren Schaden zu troͤſten/ eine Ehre ſuchen. De- nen Armen entziehet ſie das/ was zu deren Erleich- terung das Gluͤck ihr Uberfluͤßiges zugeworffen; und das Anſehen eines darob bekuͤmmerten Ehemannes/ vieler ungluͤckſeliger Kinder/ eines zu Grunde ge- henden Hauſes/ und alles Ungluͤcks/ dem ſie ſich ausſetzet/ haͤlt ſie von ihrem Laſter nicht ab. Die Armuth muß ſie ehe vom Spiele bringen/ ehe ſie das Spielen aus ihrem Hertzen verbannet. Sie exa- miniret nicht ehe ihren elenden Stand/ als wenn ſie nicht mehr ſolchem rathen kan. Doch ſie haſſet nur alsdenn die Wirckungen ihres Ungluͤcks/ in- deß ſie doch noch deſſen Urſache liebet. Sie hoͤret auf zu ſpielen/ da ſie nichts mehr nachzuſetzen hat/ in- deß liebet ſie doch noch ſtets das Spiel. Sie arbeitet und ſcharret dann wieder einen gan- tzen Monat zuſammen/ was in einer Stunde vom neuen draufgehet: Endlich endet ſich ihr Leben un- ter ſtetem Wagen und Verluſt/ und ſie muß die E- wigkeit antreten; da von ſoviel Millionen Augenbli- cken am Ende ihrer Tage keiner als der letzte uͤbrig iſt/ alle die andern zu beklagen. Die Beſchaͤfftigung. Das 10. Cap. Der Muͤßiggang iſt unter allen natuͤrlichen Neigungen die alleruͤbelſte und ſchaͤdlichſte: Sie verleitet uns zu allen den/ was das un- voll-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Diese Ausgabe ist ein Exemplar der Zeitschrift „D… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/bohse_helicon_1696
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/bohse_helicon_1696/328
Zitationshilfe: Bohse, August: Des Franzöischen Helicons Monat-Früchte. Leipzig, 1696, S. 296. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bohse_helicon_1696/328>, abgerufen am 21.12.2024.