..... Nun, das ist schön, daß Sie mir nachkommen und von meiner Weisheit zu erfahren wünschen, was von den türkischen Angelegenheiten zu halten sei. Seit acht Tagen suche ich das mit aller Macht zurückzustoßen. Ich habe schon an Eu¬ ropa schwer zu tragen und jetzt soll ich gar noch den Orient auf mich laden! Das halte ich nicht aus. Und daß Sie es nur wissen: mir hat der Zorn der Götter, das böse Geschick, oder wie man es nennen will, jetzt eine Herkules-Arbeit zugeworfen, die alle meine Kraft verzehrt. Ich schreibe Ihnen ein andermal davon; die Geschichte ist merkwürdig, aber weitläufig. Nur so viel in der Kürze: Die eilfte Plage Aegyptens ist über mich gekommen; ich habe seit einiger Zeit die Pflicht, eine junge schöne Frau, fast noch ein Kind, die vor einigen Monaten geheirathet hat, in ihrer schrecklichen Eifersucht über eine erträumte Geliebte ihres Mannes zu beruhigen, und sie nennt mich alle fünf Minuten ihren respec¬ table ami. Augen, roth und naß vor Liebe, und ich bin ihr ein respectable ami, ein Schnee¬
Samſtag, den 26 Januar.
..... Nun, das iſt ſchön, daß Sie mir nachkommen und von meiner Weisheit zu erfahren wünſchen, was von den türkiſchen Angelegenheiten zu halten ſei. Seit acht Tagen ſuche ich das mit aller Macht zurückzuſtoßen. Ich habe ſchon an Eu¬ ropa ſchwer zu tragen und jetzt ſoll ich gar noch den Orient auf mich laden! Das halte ich nicht aus. Und daß Sie es nur wiſſen: mir hat der Zorn der Götter, das böſe Geſchick, oder wie man es nennen will, jetzt eine Herkules-Arbeit zugeworfen, die alle meine Kraft verzehrt. Ich ſchreibe Ihnen ein andermal davon; die Geſchichte iſt merkwürdig, aber weitläufig. Nur ſo viel in der Kürze: Die eilfte Plage Aegyptens iſt über mich gekommen; ich habe ſeit einiger Zeit die Pflicht, eine junge ſchöne Frau, faſt noch ein Kind, die vor einigen Monaten geheirathet hat, in ihrer ſchrecklichen Eiferſucht über eine erträumte Geliebte ihres Mannes zu beruhigen, und ſie nennt mich alle fünf Minuten ihren respec¬ table ami. Augen, roth und naß vor Liebe, und ich bin ihr ein respectable ami, ein Schnee¬
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Samſtag, den 26 Januar.
..... Nun, das iſt ſchön, daß Sie mir
nachkommen und von meiner Weisheit zu erfahren
wünſchen, was von den türkiſchen Angelegenheiten
zu halten ſei. Seit acht Tagen ſuche ich das mit
aller Macht zurückzuſtoßen. Ich habe ſchon an Eu¬
ropa ſchwer zu tragen und jetzt ſoll ich gar noch
den Orient auf mich laden! Das halte ich nicht
aus. Und daß Sie es nur wiſſen: mir hat der Zorn
der Götter, das böſe Geſchick, oder wie man es
nennen will, jetzt eine Herkules-Arbeit zugeworfen,
die alle meine Kraft verzehrt. Ich ſchreibe Ihnen
ein andermal davon; die Geſchichte iſt merkwürdig,
aber weitläufig. Nur ſo viel in der Kürze: Die
eilfte Plage Aegyptens iſt über mich gekommen; ich
habe ſeit einiger Zeit die Pflicht, eine junge ſchöne
Frau, faſt noch ein Kind, die vor einigen Monaten
geheirathet hat, in ihrer ſchrecklichen Eiferſucht über
eine erträumte Geliebte ihres Mannes zu beruhigen,
und ſie nennt mich alle fünf Minuten ihren respec¬
table ami. Augen, roth und naß vor Liebe, und
ich bin ihr ein respectable ami, ein Schnee¬
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Börne, Ludwig: Briefe aus Paris. Bd. 6. Paris, 1834, S. 26. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boerne_paris06_1834/38>, abgerufen am 16.07.2024.
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